Ziel ist die Abschaffung aller Gebühren für die Kinderbetreuung im Vorschulalter

Heiner Kockerbeck

Rede in der Ratssitzung am 26.3.2020

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,
sehr geehrte Damen und Herren,

die Beschlussvorlage zu den Elternbeiträgen für den Besuch von Kindertagesstätten wird möglich durch das neue Kitagesetz des Landes. Die Reform des Kinderbildungsgesetzes durch die CDU-FDP-Landesregierung stellt leider keinen großen Wurf dar. Vieles geht in die richtige Richtung. So sind die nun zwei beitragsfreien Jahre für Eltern sicher eine Erleichterung. Aber die grundlegenden großen Probleme in den Kindertagesstätten werden bestehen bleiben. Zum einen hat die Landesregierung nicht den Mut, wie andere Bundesländer, die Kitabildung völlig kostenfrei für Eltern und Familien zu machen. Zum anderen nimmt sie auch hier nicht genügend Geld für Bildung in die Hand. Dadurch bleiben die Gruppen in den Kitas zu groß. Die Erzieher*innen werden von der Arbeitsbelastung her weiter am Limit arbeiten und werden sich nicht genügend um die einzelnen Kinder kümmern können. Nicht gut bezahlt und sehr stressig: Kein Wunder, dass Fachkräfte in Kitas fehlen. Das muss sich aber grundlegend ändern.

Der vorliegende Änderungsantrag der SPD wird von uns unterstützt. Er sieht vor, dass die Verwaltung ein Finanzierungsmodell für Kölner Kitas entwickelt, mit dem der Besuch der Bildungseinrichtungen für die Jüngsten unserer Gesellschaft endlich für Eltern und Familien kostenfrei wird, wie der Schulbesuch in Deutschland seit langem auch.

Die Verlängerung der beitragsfreien Zeit auf zwei Jahre, wie die Beschlussvorlage der Verwaltung sie vorsieht, ist natürlich auch ein Fortschritt. Damit wird ein Fehler des schwarz-grünen Bündnisses im Rat aus dem Jahr 2016 korrigiert. Damals brachte es einen Antrag in den Rat ein, mit dem die beitragsfreie Zeit von 18 Monate auf 12 Monate verkürzt wurde. Damals betrieben CDU und Grüne Haushaltssanierung auf Kosten der Haushalte mit Kindern.

Doch die nun angestrebten zwei betragsfreien Jahre im Vorschulalter für Kitabetreuung reichen angesichts der großen sozialen Probleme in Deutschland nicht mehr aus. Denn auch für die "U3", also Kinder unter drei Jahren ist der Besuch einer Kita wichtig. Millionen Menschen können im ganzen Land von ihrer Arbeit kaum leben. Vom viel beschworenen wirtschaftlichen Boom der letzten Jahre ist bei ihnen nichts angekommen. Ihre Jobs sind schlecht bezahlt und unsicher. Knapp acht Millionen Menschen arbeiten nach Zahlen des statistischen Bundesamtes von 2018 als Minijobber, Leiharbeiter oder in erzwungener Teilzeit mit weniger als 20 Stunden. Mehr als 20 Prozent der lohnabhängig Beschäftigten sind solche "atypisch" Beschäftigten in instabilen Lebensumständen.

Deshalb ist es aus sozialen Gründen notwendig, dass Eltern nicht nur für ihre Kinder ab dem 4. Lebensjahr von Kitabeiträgen befreit sind. Kitas sollten Orte der sozialen Integration sein, in denen Kinder aus verschiedenen sozialen Schichten und Milieus zusammen spielen und lernen. Ihr Besuch sollte nicht vom Geldbeutel des Elternhauses abhängen.

Doch die Kölner Tabelle für Elternbeiträge verlangt für den Kitabesuch schon bei mittleren Einkommen kräftige Beiträge. Bei einem Jahresverdienst von 36.000 Euro für ein Ehepaar sind es monatlich rund 150 Euro für eine Vollversorgung für Kinder unter drei Jahre. Die Vollversorgung wird ja oft benötigt, weil beide arbeiten, um über die Runden zu kommen. Hinzu kommen noch 2,50 Euro je Tag für das Mittagessen.

Am anderen Ende sind aber auch die Beiträge für Besserverdienende, z.B. von 78.000 Euro im Jahr oder mehr für einen Haushalt - da ist man noch kein Großverdiener - mit 500 Euro im Monat so hoch, dass ein Anreiz besteht, das Kind in eine private Kitas zu schicken. Auch hier ist die Folge, dass die öffentlichen Kitas nicht genügend Orte der sozialen Integration sind, weil Einkommensärmere also auch Einkommensreichere wegen der Gebühren auf die öffentliche Kita verzichten.

DIE LINKE würde es auch unterstützen, wenn in einem ersten Schritt die Kitagebühren stark gesenkt werden könnten. Ziel sollte aber schnellstmöglich die Abschaffung aller Gebühren für die Kinderbetreuung vor dem Schulbesuch sein. Es geht um die finanziellen Möglichkeiten vieler Eltern in einer sozial gespaltenen Gesellschaft, um die bestmögliche Bildung für alle Kinder und es geht um öffentliche Kitas als sozial inklusive Einrichtungen, die von Kindern jeglicher sozialer Herkunft besucht werden. Deshalb wird DIE LINKE für den vorliegenden Änderungsantrag der SPD stimmen.