Energiearmut bekämpfen - Rede von Heiner Kockerbeck

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Heiner Kockerbeck warb in Rat für die Annahme des Antrags unserer Fraktion „Menschen entlasten. Preise deckeln. Übergewinne besteuern“. Der Antrag wurde vom Rat abgelehnt.

Sehr geehrter Frau Oberbürgermeisterin,
meine Damen und Herren,

die Preissteigerung bei Produkten des täglichen Bedarfs sowie für Energie gerät immer mehr aus den Fugen. In der Folge machen sich Menschen insbesondere mit geringem oder mittlerem Einkommen große Sorgen für die nächsten Monate und das kommende Jahr.

Dies ist eine Folge der Coronapandemie, des russischen Überfalls auf die Ukraine mit den daraus resultierenden berechtigten Sanktionen gegen das Putin-Regime. Dies ist aber auch ein Folgen der seit Jahren weiter auseinandergehenden sozialen Schere auch in Köln. Der Kölner Lebenslagenbericht 2020 beschreibt die soziale und räumliche Spaltung unserer Stadt recht präzise.

Nun droht eine deutliche Vertiefung der sozialen Spaltung unsere Gesellschaft, von der der Haushalt der Stadt Köln mit allen weiteren Folgen direkt betroffen ist. Es ist daher aus unserer Sicht von Bedeutung, dass der Kölner Rat über dieses Thema diskutiert und eine Stellungnahme abgibt. Wenn die Frau Oberbürgermeisterin im Deutschen Städtetag weitere Entlastungen für Bürger*innen und Kommunen ansprechen möchte, wie sie in Ihrer Haushaltsrede ankündigte, sollte der Rat sie mit einem eigenen Beschluss unterstützen.

Das aktuell von der Ampelkoalition in Berlin aufgelegte dritter Entlastungspaket zeigt zwar richtige Ansätze, wird aber der Dimension der sich noch entwickelnden wirtschaftlichen und sozialen Verwerfungen nicht gerecht. Armen und unterer Mittelschicht wird nicht genügend geholfen. Gutverdienenden wird Geld hinterhergeworfen. Der Klimaschutz wird nicht berücksichtigt.

Das hat für die Stadt Köln Folgen: Ohne ausreichende Maßnahmen des Bundes drohen in den nächsten Jahren starke soziale Kürzungen im städtischen Haushalt, weil die Kosten der Unterkunft explodieren. Das Ziel der klimaneutralen Stadt bis 2035 wird nicht zu erreichen sein, weil die nötigen Investitionen in den Umbau der Energieerzeugung und des Verkehrssystems nicht finanziert werden können. Gute, ehrgeizige Projekte wie die Abschaffung von Wohnungslosigkeit und Obdachlosigkeit in wenigen Jahren sind Makulatur. Stattdessen wird die Stadt den deutlichen Wohlstandsverlust breiter Schichten in der Stadt mit unzureichenden, Mitteln abfedern müssen – unzureichend, weil Bund und Länder die Kommunen im Stich lassen, wie sie das einst bei den Kosten der Unterkunft bei Hartz IV gemacht haben. Das darf nicht sein und deshalb darf der Rat in diesem Tauziehen der nächsten Wochen nicht schweigen. Es gibt bereits eine lebhafte öffentliche Debatte um das Thema Entlastungen. Wohlfahrtsverbände, Gewerkschaften, Kirchen, Ökonom*innen und auch die Bundesländer vertreten ihre Position. Auch der Kölner Rat sollte dies im Interesse der Stadt tun.

Der Antrag meiner Fraktion verbindet verschiedene Elemente von Sofortmaßnahmen:

  • ein monatliches Energiegeld, das über die Haushaltsgröße Lebensgemeinschaften und Familien stärker berücksichtigt,
  • nicht nur einen Strom-, sondern auch einen Gaspreisdeckel, der eine ökologische Komponente hat, weil er nur für einen durchschnittlichen Verbrauch gilt,
  • Unterstützung für Stadtwerke und kommunale Versorger.

Die von ihrer Verteilungswirkung her unsolidarische Gasumlage dagegen ist wegen ihrer zusätzlichen Belastung für die Schichten, die eigentlich entlastet werden müssen, ist abzuschaffen.

Zur Finanzierung der Entlastungen für Bürger*innen und Kommunen sollte dagegen der Bund umgehend eine Übergewinnsteuer einführen. Andere europäische Länder haben dies bereits getan, weil die EU-Kommission dafür schon im Frühjahr grünes Licht gegeben hat. Die Ampelkoalition spielt hier jedoch noch auf Zeit und verweigert dies im Moment. Eine solche Steuer hat jedoch eine große Bedeutung dafür, weitgehendere Entlastungen für Bürger*innen und Kommunen als bisher zu finanzieren.

Die Forderungen unseres Antrages werden seit Wochen in der bundesdeutschen Öffentlichkeit diskutiert und von verschiedenen Organisationen vorgebracht. Ihr Leitgedanke ist, dass diejenigen Schultern Lasten tragen sollen, die dies können. Sie dienen der sozialen Gerechtigkeit. Sie schaffen Vertrauern in unsere Demokratie. Deshalb sind sie die besten Maßnahmen, um nationalistischen, rechtsautoritären Strömungen zu begegnen.