Eine Klima-Bonus-App löst die eigentlichen Probleme nicht

Rede von Uschi Röhrig zur Ratssitzung am 26.10.2023

Die SPD wollte eine Kölner Klima-Bonus-App entwickeln lassen, durch die man durch umweltschonendes Verhalten Vorteile wie kostenlose Museumsbesuche erhalten kann. Das Bündnis aus Grünen, CDU und volt hatte dazu einen Änderungsantrag gestellt, Köln solle sich der schon in einigen Kommunen genutzten Klima-Taler App anschließen.

Das hat Uschi Röhrig gesagt:

"Die Partei des Klimakanzlers hat uns hier einen Antrag vorgelegt, der auf den ersten Blick klimafreundliches Verhalten verstärken soll. Das passt zusammen, denn es scheint beides nur so, nicht anders beim Änderungsantrag.

Vor allem wird die Verantwortung auf die Einzelnen abgewälzt, wie es auch der CO2-Fußabdruck schon macht. Den hat ja nicht umsonst ein Ölkonzern eingeführt. Auch die wollten klar machen: „Umwelt- und Klimaschutz ist in erster Linie dein Problem.“

Ist es aber nicht. Es ist ein Problem der Rahmenbedingungen und diese gibt die Politik vor.

Sie verweisen in Ihrem Antrag auf Wien. Hätten Sie doch mal genauer nach Wien geschaut. Dann hätten Sie nicht nur einen besseren Wohnungsbauantrag geschrieben –dazu kommen wir ja gleich – sondern auch festgestellt, dass es in Wien eine Dienstgeberabgabe gibt. Das bedeutet, dass vom Dienstgeber für jeden Dienstnehmer mit Beschäftigungsort in Wien für jede angefangene Woche eines bestehenden Dienstverhältnisses eine Abgabe zu entrichten ist. Eine ähnliche Nahverkehrsabgabe gibt es übrigens auch in Frankreich.

Vielleicht sollten Sie, meine Damen und Herren von der SPD, mal gemeinsam mit den Grünen in Berlin anrufen und so etwas für Deutschland fordern. Das wäre ein Schritt zum Ausbau und kostenlosen ÖPNV und damit wesentlich wirksamer als Ihre Smartphone-Spiele.

Vor allem schlagen Sie uns das hier vor, bevor überhaupt ein Ergebnis aus Wien vorliegt. Die stecken ja noch in der Pilot- und Forschungsphase. Und die Änderungs-App, die Volt uns vorschlägt, ist in erster Linie doch lokale Wirtschaftsförderung und unterscheidet sich kaum von anderen Rabatt-Karten wie zum Beispiel Groupon.

Sowieso sind solche Spielelemente kein Ansatz, um große CO2 Emissionen zu vermindern. Sie sind vielleicht ganz nett und ein Zückerchen für die, die es nutzen. Das war’s dann aber auch.

Wenn man sich die Bedingungen genau anschaut, dann sollen die Nutzerinnen für die Nutzung des Kölner ÖPNV und des Radwegesystems einen Bonus bekommen. Derzeit müssten man denen eher eine Entschädigung auszahlen.

Wenn ich den SPD-Antrag richtig verstanden habe, dann muss ich rund 2 bis 4 Wochen, also rund einen Monat, mit der KVB fahren und bekomme dann einen Gutschein für kostenlos ins Museum.

Einmal im Monat kostenlos ins Museum? – Da war doch was….

Wir haben schon mehrfach beantragt, und Frau Oberbürgermeisterin hat es auch zum Wahlkampfthema gemacht, dass der Eintritt in die Museen überhaupt kostenlos sein soll. Herr Charles sprach sich jetzt öffentlich für den Museumsmontag aus und alles ohne App.

Da sieht die Alternative des Mehrheitsbündnisses mit 20 % Rabatt auf Glasstrohhalme oder ein Neukundengutschein für 1 Freifahrt mit TIER E-Scooter doch schon viel attraktiver aus.

Kommen wir mal zum Digitalen. Die SPD schreibt: „Die App funktioniert unter Wahrung von Privatsphäre und Datenschutz, folgt keinen Unternehmensinteressen,…“ Tatsächlich nutzt die App bei iPhones eine Verbindung zur Apple-Health-App und auf Android-Geräten zum Beispiel zur Google-Fit-App. Hinter Apple und Google stecken bestimmt keine Unternehmensinteressen. Wir liefern denen unsere Bewegungsprofile frei Haus in die USA.

Da scheint die Taler-App leicht überlegen zu sein, hat aber mehrere andere entscheidende Nachteile. So wird jeder Fußweg und jede Radfahrt pauschal um 20 % gekürzt, da man unterstellt, die Nutzerinnen betrieben Sport.

Ein weiterer Nachteil ist, dass die App vortäuscht, man könne mit den gesammelten Talern eigene CO2-Vergehen wieder ausgleichen. Das ist Blödsinn. Wenn Sie heute mit dem Privatjet nach Sylt fliegen, dann können sie 365 Tage im Jahr 24 Stunden am Tag im ÖPNV unterwegs sein, das CO2 kriegen Sie nicht wieder aus der Luft. Und durch das Deutschlandticket ist es kein Problem, so lange Hin-, Rück- und Umwegfahrten zu unternehmen bis ich die gewünschten Bonuspunkte zusammen habe, ob ich irgendwo hinmuss oder nicht.

Köln braucht keine Belohnungs- oder Entschädigungs-App, Köln braucht einen zügigen oberirdischen Ausbau des ÖPNV und endlich mehr Sicherheit und weniger Behinderungen für Radfahrende und zu Fuß Gehende."

Nicht der Ursprungsantrag der SPD, sondern der Änderungsantrag von Grünen, CDU und volt bekam eine Mehrheit und wird jetzt umgesetzt. DIE LINKE hatte sich bei der Abstimmung enthalten.