Zwischennutzung städtischer Leerstände für kulturelle, gärtnerische und soziale Projekte

Antrag zur Ratssitzung am 15.11.2012

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Roters,

die Fraktion DIE LINKE bittet Sie, folgenden Antrag auf die Tagesordnung der kommenden Sitzung des Rates zu nehmen:

Beschluss:

I. Die Stadt Köln strebt an, Flächen und Gebäude, die sich in städtischem Besitz befinden, die aber aktuell nicht genutzt werden und für die auch kurzfristig keine Nutzung vorgesehen ist, prinzipiell für kulturelle, soziale, sportbezogene und grüne Zwischennutzungen zur Verfügung zu stellen.

Die Verwaltung möge ein Konzept für derartige Zwischennutzungen entwickeln und dem Rat zur Beschlussfassung vorlegen.

Hierbei möge sich die Verwaltung an folgenden Punkten orientieren:

  1. Die Verwaltung stellt die städtischen ungenutzten Brachflächen und Gebäude im Internet dar. Dabei werden Lage, Größe, Infrastruktur und (veränderbare wie nicht veränderbare) Beschränkungen für mögliche Nutzungen aufgeführt.
  2. Die Verwaltung bestimmt einen Ansprechpartner für Interessenten für die Zwischennutzung.
  3. Ziel des Konzeptes ist es, ist es Zwischennutzungen zu ermöglichen. Die Bedingungen der Gebrauchsüberlassung und insbesondere die Höhe des Mietzinses orientieren sich an diesem Ziel.Bei kommerziell ausgerichteter Zwischennutzung kann ein Mietzins bis in marktüblicher Höhe vereinbart werden.
  4. Die Verwaltung berät den Zwischennutzer, auf welche Weise Vorschriften des Brandschutzes, des Gesundheitsschutzes, der Verkehrssicherung usw. erfüllt werden können.
  5. Die Verwaltung berät den Zwischennutzer hinsichtlich eventuell in Frage kommender Fördermittel für die Zwischennutzung, z. B. aus dem Programm ?Stadtumbau West?.
  6. Zur Umsetzung des Zwischennutzungskonzeptes möge die Verwaltung die gesetzlichen Möglichkeiten ausschöpfen, wie sie zum Beispiel in § 9 Abs. 2 BauGB (Baurecht auf Zeit), §11 BauGB (Städtebaulicher Vertrag), § 12 BauGB (Vorhaben und Erschließungsplan), § 31 BauGB (Ausnahmen und Befreiungen), § 171c BauGB (Stadtumbauvertrag) sowie in § 73 BauO NRW gegeben sind.
  7. Die Verwaltung möge den Einsatz an personellen und finanziellen Mitteln darstellen, der zur Umsetzung des Zwischennutzungskonzeptes notwendig wäre.

II. In einem zweiten Schritt soll die Vermittlung von Zwischennutzungen auf nichtstädtische Flächen und Gebäude ausgedehnt werden.Das betrifft zum einen nicht genutzte Flächen und Gebäude im Eigentum stadteigener Betriebe, des Landes und des Bundes (insbesondere Konversionsflächen) und zum anderen Immobilien in privatem Besitz.

  1. Die Stadt fungiert hierbei als Vermittler zwischen Eigentümer und möglichem Zwischennutzer. Die Verwaltung möge prüfen, inwieweit hierfür das einzurichtende Internetportal genutzt werden kann (siehe I.2)
  2. Die Verwaltung bietet ihre Expertise an, wie die Interessen beider Seiten berücksichtigt und vertraglich gesichert werden (um z. B. Befürchtungen der mangelnden Vermarktbarkeit oder Nutzbarkeit der Immobilie durch eine Zwischennutzung entgegenzutreten).
  3. Die Verwaltung möge prüfen, ob und in welchen Fällen die Stadt Köln über die Rolle als Makler und beratende Instanz hinausgehen und als Generalmieter zwischen Eigentümer und die Zwischennutzer treten sollte.
  4. Die Verwaltung prüft die Möglichkeit ein Leerstandskataster zu erstellen.

Begründung:

In Köln zeigt bereits jetzt eine Vielzahl von Ideen, wie kreative Zwischennutzung aussehen kann: Von der Pflanzstelle Kalk und dem Neuland-Projekt auf dem ehemaligen Gelände der Dombrauerei, über Odonien in Ehrenfeld und das Autonome Zentrum in der KHD-Kantine in Kalk bis hin zur Bespielung des Gerling-Quartiers durch die Kölner Oper.

Aber viele dieser Beispiele zeigen auch die Probleme auf, denen solche Zwischennutzungen gegenüberstehen: Der Bestand Odoniens ist aufgrund eingeschränkter Fluchtwege gefährdet, die Initiatoren des Selbstverwalteten Zentrums in Kalk bemühten sich über Jahre vergeblich um Räumlichkeiten, bis sie schließlich die seit zehn Jahren leerstehende KHD-Kantine besetzten.

Viele dieser Schwierigkeiten ergeben sich daraus, dass in Köln verfügbare Räume und Gelände rar sind, die sich für Projekte in den Bereichen Kultur, Soziales, Sport und Grün eignen. Da diese Projekte meist nicht kommerziell ausgelegt sind, können sie nicht auf dem Immobilienmarkt gegen gewerbliche Nutzungen konkurrieren und werden beiseite gedrängt. Es bleiben ihnen weniger geeignete Gebäude und Flächen, woraus sich die beschriebenen Schwierigkeiten ergeben.

Auf der anderen Seite weist z. B. die KHD-Kantine darauf hin, dass in Köln Gebäude über lange Zeit ungenutzt bleiben, die für kulturelle, soziale, sportliche oder grüne Nutzungen geeignet wären.

Eine Übersicht der Gebäudewirtschaft im Rechnungsprüfungsausschuss vom 17.04.2012 zeigt stadteigene Leerstandflächen von etwa 49.000 Quadratmetern und leerstehende angemietete Flächen von etwa 3.500 Quadratmetern (DS 1018/2012). Insgesamt werden in der Mitteilung etwa 200 leerstehende Objekte aufgelistet.

28,8 % dieser Leerstandflächen gelten als ?nicht vermarktbar?. Für diese Immobilien gibt es auf absehbare Zeit weder eine städtische Nutzung noch eine wirtschaftliche Verwertung.

Es liegt im Interesse der Initiativen und Projekte und im Interesse der Stadt Köln, diese Flächen zu aktivieren und ihr Potential zu nutzen:

  • Die leerstehenden Objekte verursachen laut Mitteilung der Gebäudewirtschaft pro Monat Kosten von etwa 280.000 Euro. Je nach Vereinbarung mit den Zwischennutzern könnten diese Kosten mehr oder weniger stark gesenkt werden.
  • Eine gelungene Zwischennutzung kann das Gelände und auch das städtische Umfeld aufwerten und einer Abwärtsspirale entgegenwirken.

 

Mit freundlichen Grüßen,
Jörg Detjen, Fraktionssprecher
Gisela Stahlhofen, Fraktionssprecherin