Wir fordern Nachbarschaftskonzept Flüchtlinge

Jörg Detjen

Rede in der Ratssitzung am 11.02.2014

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
meine Damen und Herren,

pro Köln überschreibt ihren Antrag mit der Überschrift: ?Das Boot ist voll?.

Wie geschmacklos und hasserfüllt muss man sein, solche Worte zu benutzen, wenn man weiß, dass im Mittelmeer tausende Flüchtlinge in Booten umgekommen sind. Das widert einen schon an.

Der Geist dieses Antrages tritt die Menschenrechte mit Füßen, insbesondere den Artikel 1: ?Die Würde des Menschen in unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlicher Gewalt.?

Die Verwaltung muss Flüchtlinge menschenwürdig unterbringen ? unabhängig von irgendwelchen rechtsextremen Hetzern.

LINKE, Freie Wähler und die Freunde haben Ihnen einen ganz konkreten Antrag vorgelegt, weil wir immer wieder feststellen, dass sich Kölnerinnen und Kölner für menschenwürdige Unterbringung von Flüchtlingen einsetzen. Zivilgesellschaftliches Engagement ist so wichtig für ein menschliches Miteinander.

Das ist der Schlüssel dafür, dass Köln einen humanen Weg einschlägt.
Dass wir gemeinsam auf die Menschen zugehen, nicht nur weil sie hier sind, sondern weil sie einen gesellschaftlichen Beitrag leisten. Sie sind jetzt hier und gehören dazu.
An diesem Weg muss die Politik aber auch die Verwaltung arbeiten,
Tag für Tag, Stück um Stück.

Deshalb schlagen wir ihnen auch zwei Koordinatorinnen für Nachbarschaftsarbeit vor. Eine Person beim Wohnungsamt und eine Person z.B. beim Kölner Flüchtlingsrat.

Aus den Erfahrungen in den letzten Wochen wissen wir, dass wir tolle Projekte und Aktivitäten erschließen und entwickeln können, wenn diese betreut und vernetzt werden.

Nur: bei dem tollen musikalisch-kulturellem Angebot der Künstler vom ?Parkhaus Studio? wurde schnell deutlich, dass die bisherigen Verwaltungsstrukturen nicht ausreichen.

Eine Ombudsperson ist deshalb notwendig, weil unter den derzeitigen Bedingungen die Leitlinien zur Unterbringung der Flüchtlinge nicht eingehalten werden. Und das bezweifelt auch von Ihnen ja niemand. D.h. die Unterbringung wird in den nächsten Monaten nicht sachgerecht und menschenwürdig sein. Ich möchte z.B. an die Unterbringung auf dem Flur in der Herkulesstr. erinnern. So eine Unterbringung schafft Probleme und deshalb brauchen wir eine unabhängige Beschwerdestelle. Ich denke da an ehrenamtliche Rechtsanwälte aus Flüchtlingsinitiativen.

Wir sehen, dass das Sozialdezernat sich sehr engagiert, die Flüchtlinge unterzubringen. Aber das Sozialdezernat arbeitet unter schwierigen Bedingungen. Eine gemeinsame Anstrengung über alle Dezernate hinweg wäre nötig. Stattdessen lässt man das Sozialdezernat im Regen stehen. ? Diese Kritik richtet sich auch an Sie, meine Damen und Herren von SPD und Grünen!

Im vorliegenden Änderungsantrag von SPD und Grünen sehen wir diese Untätigkeit schon wieder:

Da werden Bund und Land aufgefordert finanzielle Unterstützung für die Kommunen zu leisten, was der Städtetag schon mehrfach getan hat.
Aber wenn es darum geht mit städtischen Mitteln die Unterbringung der Flüchtlinge zu verbessern, liest man den seichten Satz:
?Angesichts der großen Zahl der kurzfristig zu realisierenden Objekte und Standorte ist eine ausreichende personelle Ausstattung der Fachverwaltung sicherzustellen.?

Monate haben Sie vertrödelt, um nun mit solchen Plattheiten hier aufzutauchen!

Die Flüchtlinge stecken in einer Notlage, aber Rot-Grün wird nicht aktiv. Es gibt von Ihnen keine Initiativen, keine neuen Ideen.

Und dann verzögern Sie auch noch Anträge und Ideen, die wirklich helfen können:

-      Ich möchte an die letzte Ratssitzung erinnern, wo wir einen Antrag zu Unterbringung der Flüchtlingskinder eingebracht haben. Diesen Antrag haben Sie in den Schulausschuss verwiesen.

-      Oder ich möchte an die Diskussion über die dezentrale Unterbringung der Flüchtlinge im November erinnern, wo der Flüchtlingsrat und DIE LINKE gesagt haben: Kochen und sanitäre Einheiten sind zwingende Voraussetzungen bei der Unterbringung. Und dann unser Vorschlag von dezentralen Wohnanlagen in Modulbauweise mit max. 80 Personen.

Im November hätten wir hierzu eine Einigung schaffen können, aber nein: Sie brauchen bis zum Februar, um sich endlich zu entschließen!

Eines kann man ihrem Änderungsantrag zu Gute halten: Sie wiederholen nur, was in allen Gremien und Arbeitsgruppen in den letzten Monaten lang und breit diskutiert wurde. Und damit sagen Sie ja immerhin nichts Falsches.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP,

In der letzten Ratssitzung haben Sie die Wohnunterbringung für Flüchtlinge in Sürth abgelehnt, heute zusätzlich die Wohnunterbringung in Longerich.
Ihre Ausreden sind fadenscheinig und nicht problemorientiert.

Meine Damen und Herren,

bitte unterstützen sie unseren Antrag ? er hilft konkret weiter.
Bitte leisten Sie einen Beitrag dazu, den Menschen, die sich für die Unterbringung von Flüchtlingen engagieren, unter die Arme zu greifen.