Wiedereinführung des Köln-Pass II

Claus Ludwig
Reden

Herr Börschel, Sie haben eben in Ihrer Auftaktrede die wachsende Spaltung der Gesellschaft zwischen Arm und Reich geschildert. Nun ist es aber so, dass die SPD in den letzten Jahren ganz massiv dazu beigetragen hat, diese Spaltung voranzutreiben.

Durch Ihre Partei hat es eine Umverteilung zugunsten der Besitzenden gegeben. Die Maßnahmen, die die alte Regierung Schröder ergriffen hat, waren weitaus brutaler, als die CDU es je gekonnt hätte.

Herr Börschel, wenn Sie heute erkennen, dass dort eine Umkehr stattfinden muss, dann freut mich das; denn das wäre ein erster Schritt zur Besserung. Wenn Sie diese Politik allerdings eigentlich fortsetzen wollen, aber auf kommunaler Ebene die soziale Ader heraushängen lassen ? in der Hoffnung, dass es die KVB nichts kostet ?, dann wäre das ein Element von Zynismus, weil Sie Ihrer Rede ja die Frage der Spaltung der Gesellschaft so emotional angesprochen haben.

Nun zu Ihnen, Herr Breite, als Beschützer der Arbeitnehmerschaft: Sie haben darauf hingewiesen, dass sich viele arbeitende Menschen in diesem Lande ausgeplündert fühlten und es nicht verständen, dass die Preise weiter steigen, obwohl zum Beispiel die Löhne stagnieren. Ich freue mich, dass Sie das so schön erkannt haben.

Die Grundlage dafür, dass das so ist, ist nicht, dass ALG-II-Empfänger oder Leute, die gar nichts haben, hier besonders subventioniert werden, sondern, dass wir eine Umverteilung haben, die eher zugunsten Ihrer Wählerschaft, der Besitzenden in diesem Lande, geht. Die Lohnquote in diesem Land ist gesunken, während der Anteil der Kapitalbesitzer gestiegen ist.

Und das, was Sie hier eben unter dem Deckmantel, da wäre ja die Solidarität überstrapaziert, gesagt haben, ist letztendlich nichts anderes, als dass Sie gerne möchten, dass sich Arbeitslose über Arbeitnehmer und Arbeitnehmer über Arbeitslose aufregen und dass sich diese beiden Gruppen untereinander kabbeln, damit sie gar nicht kapieren, wie sie hier alle ausgeplündert werden. Insofern nimmt Ihnen das mit dem Freund der Arbeitnehmerschaft wirklich keiner ab, Herr Breite.

(Beifall bei der Linken.Köln)

Herr Bürgermeister Müller, Sie haben heute nicht gesprochen.

(Josef Müller [CDU]: Das kommt noch!)

Der boshafte Änderungsantrag der CDU trägt aber Ihre Handschrift. Sie haben gemerkt, dass Ihre Forderung nach einem Familienpass angesichts eines sehr ernsthaften Antrages zum Köln- Pass eher etwas lächerlich ist. Sie sehen Ihre Felle davonschwimmen und wollten jetzt noch unbedingt etwas zum Köln-Pass hereinbringen.

Sie wollen ihn ? aber nicht für Arbeitslose; denn für Sie zählt nicht, ob die Menschen mobil sind oder ihre Lebensqualität steigt. Sie geben offen zu ? und deswegen meine ich, dass das Ihre Handschrift ist, Herr Müller ?, dass Sie ALG II nur als ein Mittel zur Abstrafung von Arbeitslosen sehen, um sie weichzukochen, mies bezahlte Jobs anzunehmen, weil sie endlich einmal kapieren müssen, dass sie etwas für die Gesellschaft tun sollen. Deswegen glaube ich, dass Sie es Leuten, die keinen Job haben, ganz persönlich nicht gönnen, ein vergünstigtes Ticket wahrnehmen zu können.

In einem Punkt haben Sie ja Recht: In diesem Land gibt es nicht viel Abstand zwischen Sozialleistungen und den unteren Lohngruppen. Richtig; da sind wir uns einmal einig. So mancher Arbeitnehmer hat effektiv nicht mehr als ein ALG-II-Empfänger. Und die Reallöhne sinken ? gerade in den unteren Bereichen. Daher ist es notwendig, dass in diesem Land die Löhne und Gehälter endlich steigen, damit man von Arbeit vernünftig leben kann und nicht darauf angewiesen ist, unterstützendes ALG II oder vergünstigte Tickets zu bekommen.

(Andreas Köhler [CDU]: Wer bezahlt das denn?)

 Ein Tipp: Erzählen Sie das mit den Lohnerhöhungen einmal Ihren Unternehmerfreunden. Sie brüsten sich doch immer ganz guter Kontakte. Meine Damen und Herren, Herr Kellner hat schon ausgeführt, dass dieser Köln-Pass aus unserer Sicht nur ein erster Schritt sein kann. Da nur diejenigen davon profitieren können, die 10 % über dem Regelsatz liegen, gehören gerade die Ein-Euro-Jobber oftmals nicht zu den Begünstigten, obwohl diese Menschen dringend darauf angewiesen sind, mobil zu sein, um zu ihrem Job zu kommen und wenigstens den einen Euro pro Stunde dazuverdienen zu können. Sie haben reale Fahrtkosten. Wenn sie das normale Monatsticket der KVB bezahlen, bleibt nicht mehr viel von ihrem Geld übrig. Das muss nach unserer Meinung nach spätestens einem Jahr korrigiert werden.

Außerdem sind im Regelsatz 20,70 Euro für Mobilität enthalten. Gibt man mehr für Mobilität aus, muss man von anderen Posten abknapsen. An Luxusgütern kann man als ALG-II-Empfänger nicht so gut sparen. Also betreffen die Einsparungen das Essen oder andere notwendige Ausgaben. Deswegen meinen wir, dass das ein erster Schritt ist. Wir werden ihn unterstützen. Weitere Schritte müssen aber folgen, damit die gesellschaftliche Teilhabe in dieser Stadt tatsächlich gewährleistet werden kann. ? Vielen Dank.

(Beifall bei der Linken.Köln)