Weniger Auto ist kein Verzicht, sondern ein Zugewinn an Lebensqualität

Gisela Stahlhofen

Rede zur Ratssitzung am 07.10.2010

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
meine Damen und Herren,

Die von der FDP geforderte  ?gesunde und gut ausgebaute Mischung aus individuellem und öffentlichem Personennahverkehr? bedeutet im Klartext - Köln soll eine autogerechte Stadt werden.

Köln wurde nach dem Krieg mehr und mehr zu einer autogerechten Stadt umgebaut. Es ist Unsinn zu glauben, man könne mit Straßenbaumaßnahmen zu Gunsten des Autoverkehrs dieses Problem innerhalb von Großstädten lösen. Selbst auf den Autobahnen, z B. am  Heumar Dreieck wird man mit acht oder noch mehr Fahrspuren dem Problem Stau nicht Herr!

Wir stellen fest: Das Resultat ist schrecklich.

Die Nord-Süd-Fahrt durchschneidet ganze Veedel, die Fußgängerzone ist am Offenbachplatz durchschnitten und nicht als zusammenhängende Einkaufsmeile wahrnehmbar. Das gleiche gilt für das Gebiet der südlichen Altstadt. Hier zerstört eine mehrspurige Autostraße vormals zusammenhänge Viertel. Der autobahnähnliche Ausbau der Inneren Kanalstraße macht ein menschenwürdiges Leben an dieser Trasse unmöglich.
Der vierspurige Ausbau der Ringe behindert den Ausbau zu einem Stadtboulevard und ein Blick auf die Stadtkarte verrät uns, dass das Rechtsrheinische unter anderem Dank Autobahnen und Stadtautobahn eher einem Flickenteppich ähnelt.

Mobilität bedeutet mehr als nur Autofahren. Die Stadt Köln hat in den letzten Jahren in vielen Gebieten unserer Stadt eine zaghafte Wende in der Verkehrspolitik eingeläutet. Es gibt mehr Tempo 30 Zonen. Ampeln werden durch Kreisverkehre und Fußgängerüberwege ersetzt.

Die Veränderungen der letzten Jahre reichen aber bei weitem nicht aus. Staus können nur durch die Vermeidung von Autoverkehr erreicht werden.
Ein Autofahrer benötigt im Schnitt 6-8 Quadratmeter Straßen- und Parkfläche während Nutzerinnen von Bus und Bahn mit wesentlich weniger auskommen ? müssen. OK bisweilen ist schon recht eng in der KVB, aber da liegt unser Entwicklungspotenzial.

Es muss ein Umdenken in der Stadtentwicklungspolitik erfolgen. Wohnen, Versorgung mit Lebensmittel Gesundheit Kultur und Arbeit muss fußläufig zu erledigen sein. Hier braucht ein ausgefeilte Konzepte:
Wir brauchen eine Innenstadt mit bezahlbarem Wohnraum und mit Arbeitsplätzen. Wir brauchen aber keine Supermärkte auf der Grünen Wiese und wir brauchen keine Parkhäuser in der Innenstadt. Der Autoverkehr muss entschleunigt werden, tendenziell muss der Autoverkehr aus der Innenstadt verbannt werden. Das ist ein Prozess der nicht von heute auf morgen geschehen kann.

Auf dem Weg zur autofreien Innenstadt brauchen wir eine sehr gute KVB. Da gibt es noch einiges zu tun. Die Verbindungen auf der Ost West Achse müssen verbessert werden, aber ohne Tunnel! Auch wenn dies zu Ungunsten des Autos geschieht.

Schauen Sie, vor 2 Jahren habe ich mein Auto abgeschafft. Da ich in der Innenstadt wohne kann ich alles zu Fuß, Rad oder ÖPNV erledigen. Ich lade Sie ein, mit mir mal einen Spaziergang zu machen. Steigen Sie aus aus Ihren Autos und die Perspektive wird sich schlagartig verändern.

Wir müssen aber auch die Radverbindungen in dieser Stadt optimieren. Die Liste der notwenigen Verbesserungen würde meine Redezeit um ein Vielfaches übersteigen.

Die Innenstadt ist nicht attraktiv für Fußgänger, es ist nicht hinnehmbar, dass Fußgänger im Citybereich minutenlang dem Auto die Vorfahrt gewähren müssen. Auch hier gibt es eine ganze Liste von Verbesserungsmöglichkeiten!

Wir sollten die autofreie Innenstand als Ziel definieren, damit der FDP Traum von einer Staufreien Innenstadt eine Chance hat.

Wir müssen von der Automobilität zur Multimobilität kommen. Eine Mobilität ohne oder mit wenig Auto ist kein Verzicht, sondern ein Zugewinn an Lebensqualität!

Ein Hinweis zum Schluss: Kennen Sie eigentlich die Studie des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung ?Mobilität in Deutschland??
Sie belegt für die Jahre 2002 bis 2008 eine bemerkenswerte Trendwende im Verkehrsverhalten der Deutschen hin zu umweltfreundlichen Verkehrsträgern. Beim Pkw-Verkehr dagegen ist in Zukunft kein großes Wachstum mehr zu erwarten. Die größten Sympathiezuwächse gegenüber 2002 bekommt der öffentliche Verkehr bei Menschen bis einschließlich 44 Jahre.
Lediglich die eigentliche Autoboomer-Generation bevorzugt der Studie zufolge deutlich das Auto und man höre und staune, das entspricht in etwa dem Durchschnittsalter der Kölner FDP-Fraktion ? das tut mir jetzt für sie - Frau Laufenberg- leid, das Durchschnittsalter liegt bei 48 Jahren.

Ein allerletzter Satz: Der öffentliche Verkehr verursacht bundesweit durchschnittlich nur die Hälfte der CO2-Emissionen im Vergleich zum Pkw.