Vermögenssteuer jetzt!

Claus Ludwig

Rede in der Ratssitzung am 18.6.2013

Herr OB, meine Damen und Herren,

wir hätten den Inhalt dieses Antrag schon im März, im sachlichen Zusammenhang mit den Haushaltsberatungen diskutieren können. Damals wollten SPD und Grüne das nicht. Die Vorstellung, einem Antrag der Fraktion DIE LINKE zustimmen zu müssen, um nicht in Widerspruch zur eigenen Beschlusslage zu geraten, schien vor Allem den Grünen unerträglich zu sein. Daher wurde der Antrag in eine Ehrenrunde in den Ausschuss für Beschwerden und Anregungen geschickt. Wir sind froh, dass sie heute ohne Leidensdruck den vorliegenden Bürgerantrag inhaltlich diskutieren können.

DIE LINKE wird dem vorliegenden Antrag zustimmen. Anders als SPD und Grüne geht es uns nicht darum, ?wer's erfunden hat? oder wie wir den Eindruck erwecken können, wir hätten als erste eine gute Idee gehabt. DIE LINKE stimmt jeder Maßnahme zu, die zu einer Verbesserung der Lage der arbeitenden Bevölkerung führt. Und eine Resolution der Stadt Köln stärkt zumindest die Positionen derjenigen, die für eine Umverteilung zu Lasten der Reichen eintreten.

Die im Doppelhaushalt 2013/14 beschlossenen Kürzungen im Sozial- und Kulturbereich haben einen nur geringen oder gar keinen Effekt auf die Entwicklung des städtischen Haushaltes, verdampfen wie Tropfen auf einem heißen Stein. Für die betroffenen Einrichtungen und ihre Nutzerinnen und Nutzer hingegen entfalten sie eine nachhaltige zerstörerische Wirkung.

Die Stadt kann in den nächsten Jahren kürzen, was sie will, eine wirkliche Konsolidierung des Haushaltes wird es nicht geben ohne eine grundlegend verbesserte finanzielle Ausstattung der Kommunen. Die kommunalen Haushalte sind durch sämtliche Bundesregierungen, von Kohl über Schröder bis zu Merkel geradezu geplündert worden. Alle Bundesregierungen haben die Steuern für die Unternehmen und die Vermögenden gesenkt und die entstehenden Haushaltslöcher nach unten durchgereicht. Am Fleißigsten dabei, Steuergeschenke an die Besitzenden zu verteilen, war übrigens die Regierung Schröder-Fischer. Durch die Steuersenkungen zu Gunsten der Vermögenden fehlten allein den NRW-Kommunen in 2012 3,2 Milliarden Euro. Hätte es diese Steuergeschenke nicht gegeben, hätten NRW-Kommunen überhaupt keine Kassenkredite aufnehmen müssen.

Seit 2008 sind die Schulden der öffentlichen Haushalte auf 2 Billionen Euro gewachsen. Doch die Armut des Einen ist der Reichtum des Anderen, denn die privaten Vermögen sind noch gewachsen. Allein die Vermögen derjenigen, die jeweils mehr als 10 Millionen Euro Privatvermögen besitzen, übersteigen sämtliche öffentlichen Schulden. 500.000 Millionäre, das sind 0,7% der Bevölkerung über 16 Jahre, besaßen 2007 zwei Drittel der gesamten Privatvermögen.

Die von der Regierung Merkel betriebenen und von der Troika aus EU, EZB und IWF verhängten Kürzungen der öffentlichen Haushalte in Griechenland, Portugal, Spanien und Zypern erwürgen die Konjunktur, führen zu Rekordarbeitslosigkeit und damit zum weiteren Anstieg der Schulden dieser Länder. Dieses Austeritätsregime ist über Südeuropa schockartig und schnell verhängt worden. Doch in den deutschen Kommunen herrscht ein ähnliches Regime, es wurde allerdings schleichend, auf nunmehr 20 Jahre gestreckt, eingeführt.

Die Investitionen nordrhein-westfälischer Kommunen sind von 1994 bis 2008 von rund 1,5 auf ca. 0,5 des Bruttoinlandsproduktes in NRW gefallen. Diese Zahlen klingen abstrakt, aber sie sind täglich spürbar: Marode Schulgebäude, löchrige Straßen, fehlende Wohnungen und Kultur- und Sozialeinrichtungen am Limit. Die Umverteilung muss jetzt beginnen, um den finanziellen Kollaps der Kommunen zu verhindern.

Bei dem Aufruf ?Vermögenssteuer jetzt?  handelt es sich um ein breites Bündnis, was eine Vermögenssteuer von 1 % - bei einem Freibetrag von 500.000 Euro ? fordert. Dies würde zu Mehreinnahmen von ca. 20 Milliarden jährlich führen. Dieser Schritt wäre sehr bescheiden. Aber immerhin, es wäre endlich ein erster Schritt zum Umkehrung der Umverteilung.

DIE LINKE fordert darüber hinaus eine Vermögenssteuer von 5 % auf alle Vermögen über 1 Million Euro und nennt dies demgemäß Millionärssteuer. Dadurch würden sich bundesweit 80 Milliarden Euro an Mehreinnahmen ergeben, die an die Länder zu verteilen wären. NRW würde ca. 16 Milliarden erhalten. Würden diese Einnahmen in NRW zu 100 % in die Verbundmasse des kommunalen Finanzausgleiches eingehen, würden die Kommunen davon 23 %, also 3,7 Milliarden Euro bekommen. Der Anteil von Köln läge bei mindestens 110 Millionen jährlich.

Sie können sich selbst ausrechnen, was damit möglich wäre: Kommunale Investitionsprogramme, z.B. im Wohnungsbau, im Bildungsbereich, beim Umweltschutz usw. 5 % Vermögenssteuer treiben keinen Millionär in die Armut, niemand muss seine Villa oder Yacht verkaufen. Insofern ist auch die Forderung der LINKEN noch bescheiden.

Die Forderung nach einer strukturellen Besserstellung ist nicht neu, die Stadtspitzen jeder Großstadt äußern sie regelmäßig, der Deutsche Städtetag betont es immer wieder. Aber diese Forderung bleibt wirkungslos, wenn sie nicht konkretisiert wird. Der Argumentation für eine Rettung der Kommunen bleibt zahnlos, wenn die OB und die Gemeindevertretungen nicht bereit sind, sich mit Bund und Ländern anzulegen; wenn sie nicht bereit sind, einen Kampf gegen ihre eigenen Parteifreunde auf diesen Ebenen aufzunehmen. Die bessere Ausstattung der Kommunen wird nicht gnädig gewährt werden, sie muss erkämpft werden.

Dafür ist allerdings auch eine Mobilisierung der Bevölkerung vor Ort nötig. Diese lässt sich aber verständlicherweise nicht mobilisieren, wenn sie sieht, dass der Rat die Kürzungen nur nach unten weiter reicht, sozusagen nach unten tritt, aber nach oben nur buckelt, getarnt durch hilfloses Jammern.

Wenn die Stadt den Aufruf ?Vermögenssteuer jetzt!? unterstützt, ist das erst einmal nur ein symbolischer Akt. Allerdings beinhaltet der Aufruf das Potenzial, die Forderungen der Städte und Gemeinden zu konkretisieren und zuzuspitzen. Auf der Grundlage dieses Aufrufs könnten die Kommunen eine gemeinsame Strategie zur Durchsetzung dieser Forderung entwickeln.

Man stelle sich vor: Es gäbe Informationsveranstaltungen, um die Bevölkerung für dieses Projekt zu begeistern. Keine Kürzungen mehr, sondern kommunale Investitionen, um das Leben in der Stadt zu verbessern. Auf dieser Grundlage müssten nicht ein paar einsame OB vor dem Bundestag demonstrieren, sondern man könnte Zehntausende Menschen auf die Straße bringen, echten Druck erzeugen.