Tiefbauexperten für die Bauaufsicht einstellen!

Jörg Detjen

Rede in der Ratssitzung am 23.03.2010

Herr Oberbürgermeister,
Meine Damen und Herren,

nach einem Jahr ist die genaue, detaillierte Fehlerquelle des Unglücks am Waidmarkt noch nicht bekannt. Es ist eine Frage der Zeit. Im Herbst werden sich die Fakten verdichten, wenn die Fehler bei den Spundwänden besichtigt werden können. Wer letztlich die Schuld trägt, wird das Gericht entscheiden.

Jenseits der Schuld gibt es aber auch politische Verantwortung, die Herr Schramma und Herr Reinarz tragen. Von Ihnen, Herr Streitberger, vermisse ich konkrete Fehler­analysen und Vorschläge, was verbessert werden kann. Verantwortung trägt aber auch der Rat, der sich fragen muss, soll alles so weitergehen?

Wir sagen, es darf so nicht weiter gehen! Deshalb haben wir auch diesen Antrag nach zusätzlichem Personal für die AG Stadtbahn bzw. für das Amt für Brücken und Stadtbahnbau (69) eingebracht. Wir wissen, dass dieser Antrag im Rat, aber auch in der Verwaltung Sympathie findet.

Wir von der LINKEN haben sehr früh darauf hingewiesen, dass die Verwaltungsstrukturreform, die Auflösung des Dezernats X mit der Überführung des Amtes 69 zum Beigeordneten Streitberger und die Übertragung der Bauträgerschaft auf die KVB die entscheidenden Fehler waren, für die der Rat verantwortlich ist. Das sehen inzwischen viele so.Sie, Herr Oberbürgermeister, haben das auf der Gedenkveranstaltung auch angesprochen.

Wir haben in diesen Debatten immer wieder darauf hingewiesen, dass die Übertragung und das Weiterdelegieren von hoheitlichen Aufgaben bis hin zu den privaten Bauunternehmen ein zweiter entscheidender, grob fahrlässiger Fehler war.

Deshalb haben wir vor einigen Wochen unsere Bundestagsfraktion eingeschaltet, mit der Bitte dafür einzutreten, dass die BOStrab, das ist die Verordnung über den Bau und Betrieb der Straßenbahnen, dahingehend zu ändern, dass in § 5 Absatz 2 eine solche Übertragung ausgeschlossen wird. Der Bauausschuss wird sich mit dem Thema vermutlich Ende April befassen. Entscheidend wird aber sein, ob die Bundesregierung diese Verordnung ändert. Insofern freue ich mich, dass der NRW-Bauminister Linenkämper eine Bundesratsinitiative starten will. Warum er die Bundesregierung nicht direkt angeht, bleibt sein Geheimnis.

All das wird eine Zeit dauern, deshalb wollen wir eine solche Politik schon jetzt möglichst zielstrebig praktizieren. Deshalb unterstützen wir auch die AG Stadtbahn-Bau, sie kann die KVB und Bilfinger und Berger kontrollieren. Aber ohne ausreichendes und gut qualifiziertes Personal wird das nicht gehen.

Wir müssen jetzt zielstrebig handeln, um auch langfristig eigene Ressourcen der Stadt Köln wieder aufzubauen. Wir müssen in der Stadtverwaltung so gut aufgestellt sein, dass wir auch in Zukunft schwierige und komplizierte Bauwerke selber abwickeln können. Vier zusätzliche Mitarbeiter sind nur ein kleiner Anfang, entscheidend ist schlussendlich das Zusammenspiel der gesamten Verwaltung. Das brauchen wir, dass müssen wir entwickeln mit einem eigenen Tiefbaudezernenten.
An einem solchen Dezernat müssen wir arbeiten oder wollen Sie die 3. Baustufe etwa wieder an die KVB vergeben?

Schlagen wir einen neuen Weg ein. Ziehen wir Konsequenzen aus dem Unglück, dem Tod dreier Menschen und den Verlust des Stadtarchivs.