Soziale Strukturen in Köln erhalten!

Jörg Detjen

Rede in der Ratssitzung am 14.02.2012

Herr Oberbürgermeister!
Meine Damen und Herren!

Ich lege mein Redekonzept zur Seite und möchte Ihnen noch einmal konkret darlegen, wie sich die Situation meines Erachtens darstellt.

Die Kämmerin hat die Richtlinienkompetenz, und so müssen wir hier auch die Diskussion führen.

Herr Klipper, auch wenn Sie hier herumeiern, um es sich nicht mit den Grünen und mit der SPD zu verderben, eines muss klar sein: Die Kämmerin macht den Haushalt, und die Kämmerin legt die Rahmenrichtlinien fest. Das macht nicht der Oberbürgermeister, sondern das macht die Kämmerin. Deswegen werde ich mich auch nicht am Oberbürgermeister, sondern an der Kämmerin abarbeiten, um es einmal ganz klar zu sagen.

(Henk van Benthem [CDU]: War das eine Drohung oder ein Versprechen?)

Wir müssen ja offen und fair miteinander diskutieren.
Ansonsten kommen wir in der ganzen Angelegenheit nicht weiter.
Ich finde das Vorgehen der Kämmerin wirklich bedauerlich. Erst teilt sie uns die Terminverschiebung mit, als Nächstes hält sie eine Pressekonferenz dazu ab, und dann erzählt sie uns hier im Rat praktisch noch einmal dasselbe wie auf dieser Pressekonferenz. Ich muss sagen: So kann man mit dem Rat nicht umgehen. Es wäre vernünftiger gewesen, zumindest die Fraktionsvorsitzenden zusammenzurufen und ihnen zu sagen: Hören Sie mal, wir haben da ein Problem.

Frau Kämmerin, Sie haben in der Haushaltsrede gesagt, dass Sie Prioritäten setzen wollen. Sie haben SPD und Grünen gesagt, etwas Neues entwickeln zu wollen. Es ist aber nichts gekommen. Das muss man einfach einmal nüchtern feststellen. Es ist gar nichts gekommen.

Das Einzige, was Sie durchsetzen konnten, war die Grundsteuererhöhung um 15 Prozent, wobei Sie ja ursprünglich für eine noch stärkere Erhöhung waren. Das Ganze ist dann im Chaos geendet. Zum Glück gibt es ja die Koalition Rot-Grün noch, aber sie stand kurz davor, zu zerbrechen.

(Ralph Sterck [FDP]: Zum Glück?)

- Na gut, das ist immer eine Frage der Betrachtung, Herr Sterck. Mir ist Rot-Grün lieber als Schwarz-Gelb. Das muss ich ganz klar sagen.

(Martin Börschel [SPD]: Da bin ich beruhigt!)

Mir ist Rot-Grün auch lieber als eine Große Koalition. Aber Sie haben recht: Das ist alles relativ, was aber an der Sache an sich nichts ändert.

(Martin Börschel [SPD]: Das war ein Wahlaufruf für Rot-Grün!)

Zurück zum Thema. Wir haben hier im Oktober 2010 einen Antrag eingebracht, in dem wir gefordert haben, den Haushalt frühzeitig einzubringen.

Die FDP ist der Sache gefolgt, aber die anderen Parteien haben das abgelehnt. Jetzt haben wir genau die gleiche Situation: Wir haben im Prinzip ein Haushaltschaos. Es muss doch ganz klar gesagt werden: Wir haben eine Verunsicherung bei den Freien Trägern, und wir haben eine Verunsicherung bei den Belegschaften. Am Montag war die Belegschaftsversammlung der Bühnen, eine nichtöffentliche Veranstaltung. Es war nicht schön. Es besteht erhebliche Verunsicherung bei den Personen.

Kollege Geheimrat Frank, es ist ja so, dass Sie im Prinzip eine Art Bleidecke über den Rat legen. Man kann ja gar nichts mehr vorschlagen. Denn immer dann, wenn man etwas vorschlägt ? und wir machen hier keine Vorschläge mit einem Volumen von 60 Millionen Euro, sondern schlagen für gute Projekte sehr viel kleinere Beträge von etwa 50 000 Euro vor -, wird gesagt: Das schieben wir in die Haushaltsberatungen. Der Rat wird durch diesen Vorgang gelähmt. Das muss man hier auch einmal ganz klar sagen. Es ist nicht demokratisch, wenn wir hier nicht ernsthaft miteinander reden und Vorschläge machen können.
Man kann Vorschläge ja aus sachlichen Gründen ablehnen. Aber dass Vorschläge einfach so abgelehnt werden, das lasse ich mir nicht gefallen.
So können wir nicht miteinander umgehen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der Linken)

Frau Kämmerin, Sie haben als Gründe für die Terminverschiebung die Gemeindefinanzierung, die Steuerschätzung usw. genannt. Ich meine, das wussten Sie doch vorher schon. Die Mai- Steuerschätzung gibt es doch immer im Mai.

(Zustimmung bei der FDP)

Das führt uns doch nicht weiter.
Eine weitere Sache möchte ich hier offenlegen, Frau Kämmerin. Nach der Pressekonferenz war die Kämmerin so freundlich, uns den Haushalt darzustellen. Danach haben wir die Frage diskutiert, bis wann uns die Vorschläge vom Stadtvorstand zur Kenntnis gegeben werden müssen.

Damals sagte Frau Klug: Mitte April. Darauf haben wir gesagt: Njet, das ist zu spät. In der Presseerklärung vom Montag wurde nun mitgeteilt: Ende März. Da habe ich gesagt: Na gut, immerhin Ende März. Heute haben Sie gesagt: Ende März bzw. Mitte oder Anfang April; ich habe es jetzt nicht mehr so genau in Erinnerung. Ich fordere Sie auf, an dem Termin festzuhalten, der in der Presseerklärung steht, nämlich Ende März.
Dann können wir das wirklich ausführlich diskutieren. Meine Damen und Herren, liebe Kölnerinnen und Kölner, stellen Sie sich politisch darauf ein, dass wir ab Ende März, Anfang April in der Öffentlichkeit darüber diskutieren müssen, wie wir diesen Haushalt gestalten wollen. Ich befürchte, dass Kürzungen auf uns zukommen. Denn wie will man sonst 30 Millionen Euro einsparen?

(Barbara Moritz [Bündnis 90/Die Grünen]: Wir warten auf eure Vorschläge!)

- Ich bin gespannt!

(Jörg Frank [Bündnis 90/Die Grünen]: Ich erst recht!)

Um es ganz offen zu sagen, in dem Gespräch mit der Kämmerin habe ich schon einmal ausprobiert, was machbar ist.

(Barbara Moritz (Bündnis 90/Die Grünen): Bravo!)

Beispielsweise habe ich gesagt: Wir könnten die Gewerbesteuer noch einmal erhöhen.

(Karl-Jürgen Klipper [CDU]: Genau!)

Da gehen wir mit. Dann machen wir auch bei einer weiteren Grundsteuererhöhung mit. Aber da war nichts. Da gab es keine Verhandlungsbasis.

(Barbara Moritz [Bündnis 90/Die Grünen]: Habt ihr auch Einsparvorschläge?)

- Sehen Sie, da ist nichts. Wir denken zumindest schon einmal nach. Aber von Ihnen kommt seit einem Dreivierteljahr gar nichts.

Deswegen, meine Damen und Herren, liebe Kölnerinnen und Kölner, fordere ich Sie auf: Mischen Sie sich ein! Engagieren Sie sich! Lassen Sie uns gemeinsam darüber diskutieren, wie wir die sozialen Strukturen in dieser Stadt erhalten können! - Danke schön.

(Beifall bei der Linken)