Schule ohne Bundeswehr

Michael Kellner

Rede zum 5. Mai von Michael Kellner, früher für DIE LINKE. im Rat der Stadt Köln und Mitglied der Behindertenkonferenz

Liebe Schüler und Schülerinnen,
liebe Studentinnen und Studenten,
liebe mitstreitenden Eltern und Lehrerinnen und Lehrer,

ich bin gebeten worden, euch etwas zum Thema ?Schule ohne Bundeswehr? zu sagen. Mit Recht denken jetzt wahrscheinlich viele von euch: was hat denn die Bundeswehr mit Bildung, Schule und erst recht mit Integration zu tun? Ich gebe euch recht: die Bundeswehr hat in den Schulen nichts zu suchen. Aber leider sucht sie schon längst nicht mehr, sondern ist bereits in den Schulen angekommen. Schwarz-Gelb hat dafür gesorgt. NRW war Ende September 2008 das erste Bundesland, das mit der Bundeswehr eine so genannte ?Kooperations-Vereinbahrung geschlossen hat. Das war der Startschuss. Munter folgt jetzt ein Land nach dem anderen, 5 Länder haben bereits ein solches Abkommen geschlossen. Rühmliche Ausnahme ist Schleswig-Holstein, das eine solche ?institutionelle Zusammenarbeit? ablehnt.   Was ist nun der wesentliche Inhalt dieser Vereinbahrung? Ich fasse kurz zusammen:

  1. das Anstreben einer intensiven Zusammenarbeit
  2. die Einbindung so genannter ?Jugendoffiziere? in die Aus- und Fortbildung von Referendaren und Referendarinnen und Lehrerinnen und Lehrer
  3. die Veröffentlichung der Bildungsangebote der Bundeswehr im Amtsblatt und in den Onlinemedien des Ministeriums für Schule und Weiterbildung
  4. Regelmäßige Gespräche der Jugendoffiziere mit den Leitern der Schulabteilungen bei der Bezirksregierung
  5. und: regelmäßige Berichte der Jugendoffiziere jeweils am Schuljahresende an das Ministerium für Schule und Weiterbildung über die Umsetzung der Vereinbahrung

Das ist anscheinend die Integration, wie sie Schwarz-Gelb versteht: Integration der Bundeswehr in die Schulen! Dagegen müssen wir uns wehren! Wir wollen ?eine Schule für alle?, in der Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam lernen, aber bitte ohne Bundeswehr. Diese Truppe ist kein technisches Hilfswerk, das hilft, Brunnen und Schulen zu bauen. Und schon längst ist sie keine Verteidigungsarmee mehr. Mit Recht spricht der Kölner Stadtanzeiger in seiner heutigen Ausgabe (5. Mai) vom ?Kerngeschäft Krieg? der Bundeswehr. In vielen Teilen der Welt führt sie unter dem Mantel von Schutz und Sicherheit aggressiv Krieg und nimmt dafür das Leben von zahlreichen Zivilisten in Kauf. Und jetzt schickt die schwarz-gelbe Landesregierung sie auch noch als Friedensengel in die Schulen, damit sie hier das Thema Friedenspolitik an sich reißen und gleichzeitig geschickte Anwerbungsversuche betreiben kann. Das dürfen wir nicht zulassen. Denn: Die Schule der Nation ist die Schule und nicht die Bundeswehr! Unter dieser Unterschrift haben mehrere Gruppen in Köln eine Resolution herausgegeben, die schon von zahlreichen Personen unterschrieben wurde. Auch euch bitte ich um Unterstützung und um Unterschrift, sobald ihr diese Resolution in die Hand bekommt.

Was tut nun die Bundeswehr konkret, um den Vertrag mit dem Land NRW für sich zu nutzen? Vorsorglich hat sie schon 1958 damit angefangen, so genannte Jugendoffiziere auszubilden und hauptamtlich anzustellen. Mittlerweile sind es 94 an der Zahl, dazu kommen über 300 nebenamtlich Tätige. Damit sie gut ankommen, dürfen sie nicht älter als 32 Jahre sein und werden intensiv geschult.  Sie schreiben eifrig Briefe an die Schulen, um sich vor allem in den Oberstufenkursen einzubringen. Sie geben eine Jugendzeitschrift heraus unter dem Thema Frieden und Sicherheit, stellen Arbeitsblätter und Lehrerinfos ins Internet, bieten Tagungen und Seminare für Schülerinnen und Schüler und Lehrerinnen und Lehrer an, organisieren Streetfestivals und Schooldays und biedern sich bei den Jugendlichen mit  einem Computerspiel an, genannt POL&IS. Damit drängen sie uns allen ihre Sicht von Politik und internationaler Sicherheit auf.

Im Jahr 2008 organisierte auf diese Weise die Bundeswehr über 8000 Veranstaltungen, an denen ca. 175 000 Schüler und Schülerinnen und auch zahlreiche Lehrerinnen und Lehrer teilnahmen. Interessant ist, wenn man sich den Verlag, der die Hochglanzbroschüren der Bundeswehr herausbringt, näher anschaut. Der Universum GmbH ? Verlag ist zu 100 % Eigentum der FDP. Schwarz-Gelb lässt wieder einmal grüßen!

Ich bitte euch alle: Lasst euch nicht einlullen und blenden durch die durchaus gut aufgemachten Materialien und Internetauftritte der Bundeswehr, die in diesem Bereich keine Kosten scheut. Lasst euch auch nicht hinter?s Licht führen von Argumenten der Jugendoffiziere, die euch weismachen wollen, dass Zivile Aufbauhelfer eng mit Soldaten zusammenarbeiten oder dass wir alle bedroht sind, wenn Soldaten sich nicht in so genannte ?zerfallende Staaten? einmischen. Das Gegenteil ist der Fall: Die Bundeswehr diskreditiert die Arbeit der zivilen Helfer und sie sorgt dafür, dass die Spirale der Gewalt in Krisengebieten noch größer wird.

Ich bitte euch: Wehrt euch mit SV, LehrerInnenkonferenzen und Schulkonferenzen dagegen, dass die Bundeswehr in eurer Schule Fuß fasst. Und wenn sich Jugendoffiziere anmelden, sorgt dafür, dass ihnen die rote Karte zugeschickt wird.