Rot-Grüner Sparkurs wird vor der Zerschlagung sozialer Strukturen nicht halt machen

Jörg Detjen, Michael Weisenstein

"Der Gewerbesteuerhebesatz (450 Prozent) soll stabil bleiben, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten."

Dies ist eine zentrale Aussage aus der Koalitionsvereinbarung von Rot-Grün in Köln. Die Gewerbesteuer ist seit 22 Jahren in Köln nicht erhöht worden. Sie ist faktisch die entscheidende Steuerquelle, mit der die Kommunen  ihre Einnahmen verbessern. Das will Rot-Grün nicht und damit zeichnet sich ein Sparkurs ab, der vor allem die armen Haushalte in der Stadt treffen wird. Zwar will Rot-Grün eine Kulturförderabgabe einführen, das bringt zwar 18 Mio. Euro im Jahr. Der Kämmerer geht jedoch derzeit von einem jährlichen Fehlbetrag von 220 Mio. Euro aus.

Kommunale Finanzreform und höhere Gewerbesteuer sind bitter nötig

Der neue Oberbürgermeister Roters hat völlig recht, wenn er Land und Bund auffordert, den Kommunen zu helfen. Dazu müsste eine Entschuldung ermöglicht werden und den Kommunen die Möglichkeit geschaffen werden,  mehr Steuern einzunehmen, und Bund und Land müssten den Kommunen auch mehr Geld zahlen. Selbst wenn man den Vorschlag von OB Roters umsetzt und die ?Solidarabgabe Ost? auf drei Jahre aussetzt, würde das der Stadt Köln ?nur? 65 Mio. Euro bringen. Selbst das würde das Haushaltsloch noch nicht stopfen. Eine solche kommunale Finanzreform ist gegenwärtig nicht erkennbar, trotzdem müssen die Kommunen dafür kämpfen.

Das löst natürlich nicht die aktuellen Kölner Haushaltsprobleme. Deshalb wäre es unbedingt nötig, dass Rot-Grün die Gewerbesteuer deutlich erhöht und mindestens 40 bis 50 Mio. Euro im Jahr mehr einnehmen würde. Der Hinweis auf den  Wettbewerb ist Unsinn. Unternehmen in Köln haben einen klaren Wettbewerbsvorteil. Köln liegt strategisch günstig und hat viele weiche, soziale Standortfaktoren. Und im übrigen müssen Unternehmen, die nicht in der Gewinnzone sind, eh keine Gewerbesteuer zahlen.

Rot-Grün macht eben keine Politik für die ganze Stadt, ob ?Arm oder Reich?, sondern nimmt die Kölner Unternehmen nicht in die Pflicht. Deshalb hat der Kämmerer bereits eine Task Force gebildet, die gerade den gesamten Haushalt nach Sparmaßnahmen durchkämmt.  Bei den 15 % Kürzungen bei den freiwilligen Ausgaben ?wird es nicht bleiben?, verkündete der Stadtkämmerer auf der letzten Ratssitzung. Zahlreiche Soziale Träger fürchten um die Existenz ihrer Einrichtungen.

Rot-Grün setzt Hartz IV-Politik fort

Der Rot-Grünen Koalitionsvereinbarung ist klar zu entnehmen, dass die beiden Parteien ihren alten Kurs fortsetzen werden. ?Fördern und fordern? sei der richtige Kurs und man wolle auch ein ?Stadtverschönerungsprogramm für junge Arbeitslose? wirkungsvoll einsetzen.  Ausdrücklich wird im Vertrag der Ratsbeschluss von November 2006 ?Beschäftigungsoffensive für Köln? bestätigt, der den Einsatz von 1-Euro-Jobs festlegt. Damals wurde die Forderung der LINKEN, nur Arbeitsverhältnisse mit ?sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen? zuzulassen, klar abgelehnt. Diesen Kurs will Rot-Grün jetzt fortsetzen.

Auch wenn in der Koalitionsvereinbarung Beschäftigungsprogramme vorgesehen sind, was prinzipiell zu begrüßen ist, so werden diese Programme alle  wieder konterkariert, weil die Beschäftigten nicht nach Tariflöhnen bezahlt werden. Die Linke hatte vor Jahren bereits ein ?Schaffnerkonzept für die KVB? gefordert. Vor allem die SPD hat damals abgewunken. Jetzt wollen sie es umsetzen. Wir hoffen nach Tariflöhnen der KVB. Selbst die sind bekanntlich nicht hoch.

Rot-Grün und die Gewerkschaften

Auf dem letzten Mitbestimmungstag hatte der DGB den neuen Oberbürgermeister Roters zu Gast. Viele Themen wurden kritisiert, z.B. der Austritt der städtischen Sozialbetriebe Köln (SBK) aus dem Arbeitgeberverband.  In der Koalitionsvereinbarung steht dazu: ?Die SBK Köln müssen in öffentlicher Hand bleiben. Sie sollen weiterhin ohne kommunale Zuschüsse wirtschaftlich erfolgreich arbeiten.?

Auch die fehlende Mitbestimmung in den städtischen Kliniken wurde bemängelt. Dazu auch kein Wort im neuen Vertrag.

Rot-Grün sieht die städtischen Beteiligungsunternehmen vor allem als Melkkuh, um ?dadurch den städtischen Haushalt (zu) entlasten?. Das kann  zu Kollisionen mit den Gewerkschaften führen, wenn aus den Rücklagen des Stadtwerke-Konzerns Gelder in den laufenden Haushalt fließen sollen.

Bisher geht die Stadtwerke AG von 40 Mio. Euro Gewinnabführung an den städtischen Haushalt aus. In den vergangenen Jahren wurden 80 Mio. Euro abgeführt.

Mit Quersubventionen werden die Schulden der KVB ausgeglichen, aber auch die Schulden der Köln Bäder GmbH. In 2011 will Rot-Grün prüfen, ob Schwimmbäder geschlossen werden oder nicht. Wenn 2010 und 2011 die Mittel des Stadtwerke-Konzerns reduziert werden, stehen die Schwimmbäder vor dem Aus.

Der DGB hat die Beibehaltung des Deutzer Hafens als Industriehafen gefordert. Rot-Grün erklärt dagegen: ?Deutzer Hafen (wird) sukzessive zu einem neuen Stadtquartier umgewandelt. Wohnen und Arbeiten sollen integriert werden.? Mit dieser Aussage hat die SPD die gemeinsame Position von DGB und der  LINKEN aufgegeben und will auch Wohnen im Deutzer Hafen ermöglichen.

Schnittmengen von Rot-Grün mit den LINKEN

In der Wohnungspolitik gibt es zahlreichen Schnittmengen von Rot-Grün mit den Linken. Entscheidend ist, gelingt es in Zukunft, nicht nur 1.000 neue Wohnungen zu bauen, sondern 2.000 und davon mindestens 30 % im geförderten Wohnungsbau. Auf diese Frage hat Rot-Grün auch keine so richtige Antwort. Alleine kann die GAG das nicht schaffen. In den nächsten Jahren müssen die drei Parteien ein Konzept entwickeln, wie die Kapitalisten an den Erschließungskosten beteiligt werden.

?Sozialgerechte Bodennutzung? ist da das Stichwort. CDU und FDP werden dagegen mächtig Stunk machen.

Die Schnittmengen in der Energiepolitik sind groß, aber auch in der Schulpolitik.

Eine ?Schule für Alle? mindestens in jedem Stadtbezirk könnte ein gemeinsames Konzept des Handelns sein. Sicher gibt es auch noch Differenzen, z. B. Gesamtschule bis zum 8. oder 10. Schuljahr?

Das sind aber Themen, die werden im Landtagswahlkampf SPD, Grüne und DIE LINKE klären müssen.

Fazit

Auch wenn Rot-Grün behaupten, soziale Strukturen erhalten zu wollen, ist das unglaubwürdig, weil sie bei den Einnahmen der Stadt Köln kaum was unternehmen. Faktisch wird das auf Sparvorschläge hinauslaufen, die soziale Strukturen zerschlagen werden.

Gewerkschaften, soziale Bewegung und die Linke sollten jetzt aktiv werden.