Rede im Hauptausschuss 19. 03. 2009: Politische Verantwortung

Jörg Detjen

Der Rat der Stadt Köln hat 1996 mehrheitlich beschlossen, die Nord-Süd-Stadtbahn zu bauen. Die dafür gestimmt haben, z.B. das damalige CDU-Ratsmitglied Fritz Schramma, haben eine besondere moralische Verantwortung, aber auch die SPD oder die FDP. Die rechtliche Verantwortung trägt trotzdem der gesamte Rat der Stadt Köln. Auch jene Ratsmitglieder, die dagegen gestimmt haben, oder die jetzt erst im Rat sind. Das ist ein Fakt, mit dem muss man bewusst umgehen.

Der § 8 der Gemeindeordnung regelt ganz klar: Die Kommune kann bestimmte öffentliche Einrichtungen selber schaffen. Dann ist sie auch dafür verantwortlich. Der Rat der Stadt Köln ist aber noch einen Schritt weitergegangen. Er hat die KVB beauftragt, die Stadtbahnlinie nicht nur zu betreiben, sondern auch zu bauen.

Damit hat sich der Rat der Stadt Köln eine Entscheidung geleistet, die von der bisherigen Praxis abwich. Bei früheren Bahnstrecken war die Stadt der Bauherr. Damit ist die Verantwortung aber nicht an die KVB übergegangen, sondern die Kommune ist weiterhin Träger des öffentlichen Nahverkehrs, der öffentlichen Belange in Köln, unabhängig davon, dass die KVB zu 100 % der Stadt Köln gehört. In der Kommentierung zur § 8 GO steht:
?Schafft eine Gemeinde öffentliche Einrichtungen, so ist sie grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen Vorkehrungen zum Schutze der Benutzer gegen davon ausgehende Gefahren zu treffen.?

Ich sage das aus zwei Gründen: 

  1. Unser Oberbürgermeister hat das noch nicht verstanden.
  2. Diese Verpflichtung der Gemeindeordnung finde ich im Planfeststellungs­beschluss Bau der Nord-Süd-Stadtbahn wieder. Dort steht auf Seite 35 als Baugrundsatz:
    ?Bei dem Vorhaben dürfen nur solche Bauverfahren angewendet werden, die den größtmöglichen Schutz der vorhandenen Bebauung gewährleisten.?

Es wird immer deutlicher, dass diese Vorschrift missachtet wurde. Auch wenn sich herausstellt, dass Bilfinger und Berger schlecht gearbeitet haben, hat der Rat der Stadt Köln die Verantwortung. Und eine besondere Verantwortung hat der Oberbürgermeister und Chef der Verwaltung.

Und deshalb ist es so grotesk, Herr Oberbürgermeister, wenn Sie ausschließlich die KVB verantwortlich machen wollen. Und die spontane Empörung von Frau Wedekind beim Kölner Treff, über ihre Distanziertheit gegenüber unserer Stadt, hat es auf den Punkt gebracht. Das ?Kümmern? sollten sie andern überlassen.

Jetzt muss das Unglück aufgeklärt werden. Und das muss man wollen. Die Pressekonferenz am letzten Sonntag, hat bei mir nicht den Eindruck hinterlassen, dass Sie, aber auch Herr Reinarz, das wollen. Warum mauern Sie? Sie wussten doch um die Ergebnisse der geprüften Brunnentagebücher. Warum haben Sie oder Herr Reinarz das nicht von Anfang an den Journalisten mitgeteilt, dass doppelt so viele Wasser abgepumpt wurde, als erlaubt war.
Das wäre verantwortliches Handeln gewesen.

Das gleiche mit dem Planfeststellungsbeschluss. Heute haben wir den bekommen. Am Montag habe ich ihn angefordert. Seit Dienstag wird das Dokument bei den Journalisten gehandelt. Wir brauchen mehr Transparenz. Deshalb haben wir einen Antrag eingebracht, der ermöglichen soll, dass die Kölnerinnen und Kölner mitdiskutieren können.

Meine Damen und Herren,
wenn der Rat der Stadt Köln und die KVB nicht offensiv das Unglück aufklären, dann haben die Baufirmen Vorwände, ihr Tun und ihre fahrlässige Bautätigkeit weiterhin im Dunkeln zu belassen. - Und wenn Bilfinger und Berger sich nicht bald äußern, werden wir sie offensiv angreifen.