NSU-Mahnmal: ein dynamischer Raum, der auch aktuelle rassismuskritische Diskurse aufgreifen kann
Rede von Sarah Niknamtavin auf der Ratssitzung am 26.10.2023
Das beschlossenen Mahnmal für den Nagelbombenanschlag des NSU auf der Keupstrasse wird weitergeplant. Auf dieser Ratssitzung haben sich die Mandatsträger damit beschäftigt, wer die Inhalte des sich stetig wandelnden Denkmals bestimmen darf. Ein Kuratorium, in dem die vom Anschlag direkt sowie von Rassismus Betroffenen die entscheidende Rolle spielen, soll darüber entscheiden, welche Filme und Videos auf dem Mahnmal gezeigt werden.
Das hat Sarah Niknamtavin gesagt:
"Dortmund, Hamburg, Kassel, Nürnberg, München und auch Köln: an all diesen Orten hat der NSU terrorisiert, Menschen verletzt und ermordet . Und zwar nicht irgendwelche Menschen, sondern gezielt migrantische Menschen mit dem Ziel, Massenmorde zu verüben. Der NSU hat in einem gesellschaftlichen Umfeld agiert, das Rechtsterrorismus für abwegig gehalten und die Mörder im Umfeld der Opfer gesucht hat.
Auf den Angriff des NSU folgte die traumatisierende und rassistische Reaktion der Mehrheitsgesellschaft, von Medien, Behörden und Politiker*innen. Angehörige der Opfer wurden wie Verbrecher behandelt, durch die Anschläge verletzte Personen trauten sich nicht zum Arzt zu gehen. Es gab eine gewalttätige Täter-Opfer Umkehr. 7 Jahre lang wurde den Betroffenen nicht zugehört, bis der NSU sich selbst enttarnt hat. Doch eine lückenlose Aufklärung der Anschläge ist bis heute nicht erfolgt. Das hat für tiefe Wunden und ein dauerhaftes Misstrauen der Anwohner*innen auf der Keupstraße gesorgt.
Deswegen ist die Errichtung eines Denkmals, rund 20 Jahre nach den Anschlägen, längst überfällig. Es ist zu begrüßen, dass nicht allein ein statisches, bauliches Denkmal entstehen soll, sondern vielmehr ein dynamischer Raum, der auch aktuelle rassismuskritische Diskurse aufgreifen kann. Zusätzlich ist es richtig, den Fokus auf die Perspektive derjenigen zu legen, die von den Anschlägen und Rassismus insgesamt betroffen waren und sind.
Weiterhin ist es für das Gelingen des Vorhabens zentral, dass auch die Betroffenen an entscheidenden Stellen eingebunden werden. Dass mehrheitlich Betroffene dem Kuratorium angehören sollen, das über die gezeigten medialen Inhalte entscheidet, ist in der Hinsicht ein wichtiger Schritt.
Es bleibt aber Aufgabe der gesamten Kölner Politik und Stadtgesellschaft- und nicht nur etwa des Integrationsrates und des Kuratoriums - die damaligen Ereignisse zu reflektieren, den Betroffenen zuzuhören und für dauerhafte, strukturelle Veränderungen zu sorgen.
An dieser Stelle gilt auch ein besonderer Dank an Initativen und Akteur*innen wie vor allem
- die Initiative Herkesin Meydanı - Platz für alle
- die Initiative keupstraße ist überall
- und den Integrationsrat,
die die Erinnerung in den letzten Jahren selbst organisiert und, ohne Mühen zu scheuen, für ein Mahnmal gekämpft haben.
Der NSU war nicht zu dritt, und erinnern heißt auch, gegen rassistische Strukturen und Neonazis immer und überall zu kämpfen, auf dass Sie nicht mehr töten, verletzen oder in unseren Parlamenten sitzen."
Die Beschlussvorlage der Verwaltung wurde ungeändert und einstimmig beschlossen. Die AfD hat sich enthalten.