Zweck-WG auf dem Roncalli-Platz?

Sebastian Tautkus

Die Neugestaltung der südlichen Domumgebung wird nicht so heiß gegessen, wie sie in der Presse hochgekocht wird. Denn das letzte Wort hat wie so oft die katholische Kirche, die als notorische Großgrundbesitzerin ihren Daumen auch auf dem Teil der Domplatte hat, dessen Bebauung aktuell diskutiert wird.

So lange das Domkapitel seinen Daumen nicht hebt, bleibt die städtische Planungswerkstatt zu diesem Projekt eine reine Fingerübung. Ihm gehören 60 % des Grundstücks, auf dem nach dem Willen von OB Jürgen Roters ein neues Gebäude entstehen soll, in dem zukünftig das Kurienhaus, die Verwaltung des Römisch-Germanischen Museums und – als Novize auf der Domplatte – das Kölnische Stadtmuseum in einer illustren Wohngemeinschaft zusammenleben sollen. Der üppige Raumbedarf der drei Nutzer verlangt ein gewaltiges Bauvolumen von über 17.000 qm Bruttogeschossfläche. Dieser gewaltige Klotz würde das Gesicht Kölns nachhaltig verändern. Denn der geplante Standort ist der Bereich der südlichen Domplatte zwischen Römisch-Germanischen-Museum und den Altstadthäusern an der Straße Am Hof. 13 renommierte Architekturbüros aus Köln, Berlin, Stuttgart, München, Zürich und London sollen in der Planungswerkstatt den Nachweis erbringen, dass sich das geplante Raumprogramm am angedachten Ort tatsächlich unterbringen lässt. Jedes dieser Büros hofft natürlich auf einen Auftrag, darum sagt jedes Büro: Das geht. Doch geht das wirklich?

 

Die Domplatte ist zum einen nur ein Parkhausdach. Doch dieses Denkmal für den motorisierten Individualverkehr ist zum anderen auch das monumentale Zeugnis eines radikal modernen Städtebaus. So präsentiert sich der Dom auf dieser Platte wie von unten durchgeschossen. Diese kraftvolle Inszenierung aus den 60er Jahren setzt sich in der südlichen Domumgebung mit dem campusartigen Ensemble aus Museum Ludwig, Römisch-Germanischem Museum und Kurienhaus fort. Die Moderne mit ihrer weithin offenen Platzgestaltung kontrastiert hier mit der Gotik, mit römischen Zeugnissen und mit der mittelalterlichen Altstadt. Die architektonischen und kulturellen Brüche in dieser Gemengelage werden vor allem am ungestalten Südende des Roncalli-Platzes sichtbar und an der Westansicht des Kurt-Hackenberg-Platzes, die bislang aus einer Tiefgarageneinfahrt und einer Gebäuderückseite ‚komponiert‘ ist.

 

Sicher: Das kölnische Stadtmuseum braucht ein angemessenes Zuhause. Aber: Für uns stellt sich schon die Frage, ob die von OB Roters ausgelobte Zweck-WG der richtige Katalysator für die Bewältigung dieser städtebaulichen Jahrhundertaufgabe ist, ob Büronutzungen das richtige Gesicht für die gute Stube Kölns sind und ob man das neue Gebäude von der Kopfgeburt einer Via Culturalis her denken muss, die so tut, als beschränke sich das kulturelle Leben Kölns auf das römische Stadtzentrum. Doch für die Antworten können wir uns ruhig Zeit lassen. Denn die Kirche denkt in anderen Zeiträumen als wir Sterblichen. Und die hat das letzte Wort.