"Wir können dem Haushalt nicht zustimmen, weil wichtige Weichenstellungen unterlassen wurden."

Hanna Parnow

Haushaltsrede in der Sitzung des Jugendhilfeausschusses am 15.06.2015

Sehr geehrter Herr Dr. Heinen,
sehr geehrte Verwaltung,
geehrte Kolleginnen und Kollegen,

der Haushaltsentwurf geht aus Sicht der LINKEN in die richtige Richtung, auch wenn es einzelne Punkte gibt, die nach wie vor zu kritisieren sind. (Lassen Sie mich diese kurz ausführen).

Richtig war in jedem Fall die Rücknahme der Kürzungen bei den freien Trägern im Sozial-, Bildungs- und Jugendbereich von zuletzt 2,5 Millionen auf 0 Millionen. Und wichtig ist auch, dass in Zeiten zunehmender Migration, das vom Integrationsrat geforderte Interkulturelle Maßnahmenpakt endlich mit finanziert wird.

Die sogenannte "Konsolidierung" geschieht zudem über eine realistischere Einschätzung der tatsächlichen Ausgaben. Solche Umschichtungen, die sich aus jahrelangen Überplanungen bestimmter Produkte ergeben, haben auch die LINKEN in der Vergangenheit bereits vorgeschlagen.

Bei der offenen Kinder- und Jugendarbeit wird der Zuschuss jetzt dauerhaft um 3 % erhöht. Das war längst überfällig. Es ist gut, dass dies jetzt endlich verwirklicht wird. In der Jugendkulturarbeit steht die Verabschiedung der neuen Richtlinie noch aus, auf die wir alle warten, und damit die Erhöhung der Zuschüsse.

Die LINKE konnte erreichen, dass Offene Ganztagsgrundschulen in Stadtteilen mit besonderem Jugendhilfebedarf zusätzliche Mittel (von 1.750 Euro pro Schule) für gruppenübergreifende Projekte erhalten. Damit können die Schulen eigenverantwortlich entscheiden, wie sie auf die besonderen Bedarfe vor Ort eingehen. Sie können die Mittel z.B. für Selbstbehauptungstrainings oder Sprachförderung verwenden, die nicht im schulischen, sondern im jugendpädagogischen Bereich angesiedelt ist oder für die Bearbeitung bestimmter Problemlagen, etwa durch Gender- und Anti-Gewalt-Trainings oder Projekte gegen Rassismus und Diskriminierung.

Dennoch können wir dem Haushalt nicht zustimmen, weil auch wichtige Weichenstellungen unterlassen wurden und falsche Akzente gesetzt wurden. So wurde z.B. zu wenig bzw. das Falsche auf der Einnahmenseite getan.

Knackpunkt ist zuerst einmal der höhere U2-Beitrag. Mit einer weiteren Elternbeitragserhöhung sind wir nicht einverstanden, wie sie ja bereits gemerkt haben. Gut ist, dass Köln-Pass-Besitzende weiterhin beitragsfrei bleiben und die Geschwisterkindregelung bestehen bleibt. Ich bin froh, dass in der aktuellen Tischvorlage die Vorlage der Verwaltung abgemildert wurde. Dennoch fördert jede Erhöhung an dieser Stelle eine weitere Privatisierung von Bildung und ist das falsche Signal an die Eltern, die sich zwischen eigener Betreuung zu Hause und Unterbringung in einer Kita entscheiden. Wir wissen aus vielen Studien, dass gerade denjenigen Kinder, die aus Kostengründen zu Hause betreut werden, eine frühe Förderung in einer Gruppe von Fachpersonal gut tun würde. Zudem sollte dies nicht ausschlaggebend für die elterliche Entscheidung sein.

Es stellt sich im Übrigen die Frage, ob es sinnvoll ist, Haushaltslöcher auf diese Art und Weise zu stopfen... Eigentlich sollte der Bund die frühkindliche Bildung finanzieren. Mit einer moderaten Erhöhung der Gewerbesteuer oder der Vermeidung externer Beauftragungen durch mehr eigenes Personal könnten z.B. mehrere Mio. Mehreinnahmen erzielt werden, die wir an dieser Stelle sinnvoll einsetzen könnten.

Wir glauben daran, dass Bildung kostenfrei sein und bleiben muss! Dies ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die jede und jeden betrifft! Und auch wenn der Ausbau der Billigvariante Tagespflege gebremst wird - die Großtagespflege wird weiterhin als Alternative zu Kitas gefördert. Wenn der hektische Ausbau vor 2013 sich jetzt verlangsamt, kann das Absinken der Qualitätsstandards, die Großtagespflege gegenüber Kitas bedeutet, dauerhaft nicht hingenommen werden.

Ein weiterer Punkt ist, dass die OGTS seit Jahren unterfinanziert ist. Seit zehn Jahren gab es keine Erhöhung, sondern nur Kürzungen und dementsprechend auch keine Tariferhöhungen. Dieses Jahr gibt es das erste Mal 600 Euro mehr pro Jahr und Gruppe, die hoffentlich an das Personal weitergegeben werden. Denn die Engpässe, gutes Personal zu bekommen, das auch bleibt, werden immer größer.

Wir werden auf Dauer auch zusätzliche Mittel brauchen, um mehr Angebote für Jugendliche zu schaffen. Denn Köln wächst, bis 2040 um 20%, und zwar deutlich in den Altersgruppen, die Eltern werden können. Zudem wird die Migration weiter zunehmen, daher ist es wichtig, dass auch dort geeignete Mittel und Wege gefunden werden, um ein Ankommen und eine Integration in Köln zu ermöglichen und erleichtern.

Aus all diesen Gründen komme ich zu der Entscheidung, dass ich mich bei der folgenden Abstimmung enthalten werde.