Mehr interkulturelle Kompetenz der Verwaltung

Rede von Güldane Tokyürek zur Ratssitzung am 6.2.2018

In unserer Stadt leben Menschen aus 180 Nationen. Mehr als ein Drittel aller Kölnerinnen und Kölner haben einen Migrationshintergrund, bei Kindern und Jugendlichen sind es die Hälfte. Die Stadtverwaltung, die schon viele richtige Schritte unternommen hat, muss sich weiter interkulturell öffnen. Denn wir wollen eine leistungsfähige und freundliche Verwaltung für alle, für Deutsche, Ausländer und (deutsche) Migranten der zweiten und dritten Generation. Deshalb hat DIE LINKE zusammen mit SPD und der Ratsgruppe BUNT diesen Antrag zu wichtigen Projekten zur interkulturellen Öffnung der Stadtverwaltung gestellt.

Durch Anfragen von uns im AVR haben wir kürzlich die städtische Praxis bezüglich interkultureller Kompetenz beleuchtet. Sie ist inzwischen verpflichtender Bestandteil von Fortbildungen für alle neuen Mitarbeiter. Das ist gut. Aber es reicht nicht aus.

Die Schulung bestehender Mitarbeiter ist ebenfalls Bestandteil des Diversity Konzepts. Für ca. 300 Bestandmitarbeiter pro Jahr finden Schulungen in interkultureller Kompetenz statt. Auch das ist gut. Aber angesichts 17.000 Beschäftigten der Stadtverwaltung halten wir diese Zahl für zu klein und wir möchten, dass die Verwaltung hier mehr tut.

Schließlich ist Diversity-Kompetenz eine von drei Schlüsselmaßnahmen im Konzept: Dort heißt es auf Seite 16:„Um mit Vielfalt bewusst umgehen zu können, bedarf es der Kompetenz: … Aus diesem Grund muss die Umsetzung von Diversity Schulungen für Führungskräfte und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine zentrale Rolle (!) innerhalb des Diversity Prozesses einnehmen.“

Mit 300 Schulungen pro Jahr ist diese herausragend gewünschte Kompetenz nicht zu erreichen. Deshalb möchten wir, dass zusätzliche Fortbildungen in interkultureller Kompetenz angeboten werden, insbesondere den Mitarbeiter/innen mit Kundenkontakt, in deren Arbeitsbereich es häufig zu Konflikten kommt, beispielsweise dem Amt für Ausländerangelegenheiten, dem Sozialamt oder dem Jobcenter. Den Mitarbeitern dort möchten wir mit mehr Fortbildung Instrumente an die Hand geben, ihre Kunden besser zu verstehen und Konflikte schon im Vorfeld zu vermeiden.

An dieser Stelle möchte ich auf den Ersetzungsantrag eingehen. Das aktuelle Diversity-Konzept ist ein langfristig angelegtes Projekt, um Einstellungen und Kultur zu verändern. Das ist gut und richtig. Aber es ist auch sehr allgemein gehalten. Es werden viele, kleine, sinnvolle Aktionen skizziert, wie eine 10-minütige E-Schulung zu Diversity für alle Mitarbeiter. Aber wenn sie glauben, dass interkulturelle Öffnung so billig zu haben ist, dann liegen sie da falsch.

Soweit im Ersetzungsantrag interkulturelle Öffnung als wesentlicher Bestandteil des Diversity Konzepts genannt wird, können wird das nicht erkennen. Es geht bei Diversity darum, sich von einem „Normalkunden“ oder „Normalmitarbeiter“ zu verabschieden, und im Zuge dessen, Menschen mit Behinderung, homosexuelle, Trans, Bi- und Intermenschen und Migrant/innen nicht als Abweichung von der Norm zu sehen. Diesen Kulturwandel braucht jede moderne Stadtverwaltung und den begrüßen wir. Aber die Maßnahmen reichen eben nicht aus, um sich mit anderen Verhaltensweisen und -normen vertraut zu machen und den Umgang damit zu lernen.

Die Stadtverwaltung bemüht sich seit Jahren, mehr Auszubildende mit Migrationshintergrund für eine Laufbahn in der Stadtverwaltung zu gewinnen. DIE LINKE hat in ihrem Antrag deshalb noch ein weiteres Instrument vorgeschlagen: die anonyme Bewerbung.

Studien zeigen, dass Diskriminierung beim Einstellungsverfahren zum Großteil zwischen dem Sichten der Bewerbungsunterlagen und der Einladung zum Vorstellungsgespräch passiert. Beim Vorstellungsgespräch selbst überwiegt dann der unmittelbare Eindruck von einer Person eventuellen Vorurteilen und Stereotypen der einstellenden Personen.

Im Diversity Konzept selbst kommen anonyme Bewerbungen überhaupt nicht vor. Als wir unseren Antrag entwickelten, war Sachstand, dass es in der Kölner Verwaltung keine anonyme Bewerbungen gibt. Wenn ein einzelnes Dezernat jetzt ein Projekt angestoßen hat, dann begrüßen wir das ausdrücklich. Und wir freuen uns deshalb sehr über den 2. Beschlusspunkt in ihrem Ersetzungsantrag. Die Aufforderung des Rates, dieses Projekt weiter zu verfolgen und zu bewerten, beschließt diesen Versuch nachträglich. Genau das haben wir uns gewünscht.