Mangelverwaltung und vertane Chancen: Jamaika und seine Freunde beschließen den Haushalt 2016/17

Jörg Detjen, Wilfried Kossen

 

Der Haushalt 2016/17 wurde am 30.06. im Kölner Rat durch ein Bündnis aus Grünen, CDU, FDP und Deine Freunde verabschiedet, dem sich kurzfristig die Freien Wähler anschlossen. Dieser Doppelhaushalt ist nach Einschätzung des Bündnisses, der Kämmerin und der Oberbürgermeisterin ein „Übergangshaushalt“. Das heißt, mit diesem Haushalt wird im Wesentlichen weitergemacht wie bisher. Große Veränderungen, vor allem ein Zusammenstreichen städtischer Leistungen, sind unter dem schwarz-grünen Stichwort „Aufgabenkritik“ ab 2018 zu erwarten.

„Wir benötigen keinen Nachtragshaushalt, wenn wir hier und heute einen soliden Haushalt verabschieden, der den Kommunalen Gesetzen entspricht!“ (Jörg Detjen, Fraktionssprecher der LINKEN, Haushaltsrede am 30.06.2016)

Der Rat segnete in seiner Sitzung ab, was der Finanzausschuss am 23.06. festgezurrt hatte. In dieser entscheidenden Sitzung des Finanzausschusses hatte sich das Haushaltsbündnis eine bemerkenswerte Premiere geleistet: Jamaika und seine Freunde hatten –das ist üblich – einen Änderungsantrag zum Haushalt eingebracht. Dieser sogenannte Veränderungsnachweis setzt schwarz-grün-gelbe Schwerpunkte für 10,7 Mio. in 2016 und von 24 Mio. in 2017. Während der Sitzung wurde aber deutlich, dass der Antrag nicht solide durchgerechnet war. Die vermeintliche Gegenfinanzierung zerbröselte dem Bündnis zwischen den Fingern:

Die Umlage für den Landschaftsverband für 2017 wurde willkürlich niedriger angesetzt als von der Kämmerei prognostiziert. Durch das von Jamaika und seinen Freunden gestrichene dritte beitragsfreie Kitahalbjahr sollen in 2017 Mittel von 3,5 Mio. Euro freiwerden. – Dieses Geld hatte die Verwaltung jedoch bereits in ihrem Veränderungsnachweis 1 vom 04.05.2016 als Konsolidierungsmaßnahme eingerechnet. Es wurde also durch das Bündnis doppelt verbucht.

Durch eine Verschiebung des Brandschutzbedarfsplanes sollen in 2016 1,1 Mio. Euro freiwerden und in 2017 sollen es 3,9 Mio. Euro sein. Eine Verschiebung des Brandschutzbedarfsplanes widerspricht jedoch dem Kommunalrecht des Landes NRW. Es ist anzunehmen, dass die Bezirksregierung einen Kölner Haushalt ohne Brandschutzbedarfsplan nicht genehmigt. In Argumentationsnöten verplapperte sich der CDU-Fraktionsvorsitzende Petelkau und stellte zum Ärger seiner Bündnispartner einen Nachtragshaushalt in Aussicht.

„Sie wollen dagegen unsere kommunale Daseinsvorsorge plündern. Falls Sie das ernsthaft durchsetzen wollen, dann können Sie schon jetzt damit rechnen: Gegen diesen Versuch wird sich ein breites Bündnis bilden!“

In den kommenden Jahren sollen die städtischen Unternehmen deutlich mehr Geld an den städtischen Haushalt abgeben. Die Stadtwerke sollen ab 2019 jährlich 90 Mio. Euro abführen statt der jetzigen 60 Mio. Euro. Vermutlich müssen hierfür die Kapitalreserven angegriffen werden. Im Gespräch ist auch eine Erhöhung der Gewinnausschüttung der GAG. DIE LINKE lehnt diese Plünderung der kommunalen Daseinsvorsorge ab. Die GAG benötigt ihre Finanzmittel dringend für den Bau weiterer Wohnungen und die Stadtwerke (hierzu gehören u.a. KVB, RheinEnergie und NetCologne) müssen in den nächsten Jahren in ihre Infrastruktur investieren.

„DIE LINKE setzt sich dafür ein, dass Köln in Wohnungsbau, Soziales, Bildung und Infrastruktur für ALLE investiert.“

DIE LINKE hatte einen eigenen Änderungsantrag zum Haushalt ausgearbeitet, der vier Schwerpunkte setzte: Wohnen, Soziales, Bildung und Infrastruktur. In der Juni-Ausgabe des Platzjabbeck haben wir unseren Veränderungsnachweis ausführlich dargestellt.

Am 01.06. hatte die Fraktion eine Anhörung von Initiativen und Vereinen aus den Bereichen Soziales, Gesundheit, Jugend, Senioren und Kultur durchgeführt. Diese berichteten von den Auswirkungen der Kürzungen in den letzten Jahren sowie des fehlenden Ausgleichs von Tarifsteigerungen und formulierten Forderungen an den Haushalt 2016/17. Viele dieser Organisationen mussten in den letzten Jahren Personal reduzieren und ihre Fachleute zum Einwerben von Spenden einsetzen. Die Zeit für ihre eigentlichen Aufgaben mussten sie reduzieren.

Um Abhilfe zu schaffen, setzte sich DIE LINKE für einen Ausgleich der Tarifsteigerungen der letzten zehn Jahre ein. Im Finanzausschuss beschlossen wurde jedoch nur ein Ausgleich für die Tarifsteigerungen in 2016 und 2017.

„Wir schlagen Maßnahmen vor, mit denen die Stadt in 2016 etwa 28,7 Mio. Euro mehr einnehmen kann und in 2017 bereits 38,3 Mio. Euro.“

DIE LINKE hatte eine Reihe Maßnahmen zur Gegenfinanzierung vorgeschlagen: Einsatz von städtischem Fachpersonal statt teurer Aufträge an Externe, Verdopplung der Zahl städtischer Betriebsprüfer auf zwölf und eine moderate Anhebung der Gewerbesteuer. Insgesamt hätte Köln so 2016 etwa 28,7 Mio. Euro mehr einnehmen können und in 2017 bereits 38,3 Mio. Euro.

Mit einer Anhebung des Gewerbesteuerhebesatzes um 15 Punkte auf 490 würde Köln gerade einmal Bonner Niveau erreichen. Viele Städte und Gemeinden in NRW und auch im Kölner Umland haben in den letzten fünfzehn Jahren ihre Hebesätze schrittweise erhöht. In Köln gab es seit 1988 nur einmal in 2011 eine Erhöhung. Eine Erhöhung um 15 Punkte würde nicht einmal den durchschnittlichen Anstieg der Hebesätze im Kölner Umland seit 2011 erreichen. Auch die IHK stellt in einer Stellungnahme zum Kölner Haushalt fest, dass der Kölner Hebesatz im unteren Bereich der NRW-Großstädte liegt. Die IHK lobt das Kölner Steuerdumping freilich als Standortvorteil gegenüber anderen Kommunen, der erhalten bleiben sollte. Das Kölner schwarz-grün geführte Haushaltsbündnis folgt dem Unternehmerverband und lehnt selbst eine leichte Anhebung des Hebesatzes strikt ab.

„Die Ressourcen und Möglichkeiten der Kommunen werden durch die Bundes- und Landesregierungen hochnäsig verkannt. Die Kommunen werden schlecht finanziert und nicht wertgeschätzt.“

Auch wenn Köln mit den Vorschlägen der LINKEN seine Einnahmen verbessern kann, ein Ausgleich des strukturellen Defizits ist so nicht möglich. Es ist dringend nötig, dass Bund und Länder die Kommunen finanziell besser ausstatten:

Im Regierungsbezirk Köln haben nur 4 von 94 Kommunen einen ausgeglichenen Haushalt. Auch NRW-weit ist ihr Anteil niedrig: Gerade einmal 13,6 % haben einen ausgeglichenen Haushalt (Erhebung des Städte- und Gemeindebundes, 28.06.2016). Alle anderen Kommunen müssen ihre Allgemeine Rücklage angreifen – zu diesen Kommunen gehört auch Köln – oder sie sind bereits in der Haushaltssicherung. Kommunen in NRW werden nicht ausreichend finanziert. Kommunale Selbstverwaltung bedeutet unter diesen Bedingungen zu einem großen Teil, den Mangel zu verwalten.

„Wir brauchen eine finanzielle Mindestausstattung als Schutzschild gegen die Schuldenbremsen!“

Die Lage der Kommunen könnte sich in den kommenden Jahren weiter verschlechtern. Bund und Länder beschlossen in den letzten Jahren sogenannte Schuldenbremsen, die das Defizit in den öffentlichen Haushalten begrenzen sollen. Diese Schuldenbremsen gelten nicht direkt für die Kommunen, können sich aber negativ für sie auswirken. Die Gefahr ist, dass Bund und Länder weitere Aufgaben auf die Kommunen abwälzen und ihnen die Einnahmen beschneiden, damit sie die Schuldenbremsen einhalten können. Als einen Schutzschild gegen die Auswirkungen der Schuldenbremsen fordert daher der Städtetag NRW eine gesetzlich garantierte Mindestausstattung der Kommunen.