Moscheebau

Jörg Detjen

Über Jahre hat ?pro Köln? Hetzreden gegen den Bau der Moschee gehalten. Die Moschee wird aber trotzdem gebaut. Die demokratischen Kräfte in Köln lassen sich nicht irritieren. Wir haben uns durchgesetzt. Das war nicht in jeder Stadt so, die ähnliche Konflikte hatte.

Ganz nüchtern müssen wir aber feststellen: Die Reihen haben sich etwas gelichtet. Große Teile der CDU stimmen gegen die Vorlage und der Chefredakteur des Kölner Stadt-Anzeigers, Franz Sommerfeld, zeigt in seinem heutigen Kommentar großes Verständnis dafür und würde wahrscheinlich auch gegen die Moschee stimmen, wenn er dürfte.  

Mit welcher Arroganz die Moschee-Debatte von vielen bürgerlichen Kräften geführt wird, ist schon bezeichnend. Der besagte Chefredakteur kritisiert, dass türkische Beamte ?auf deutschen Boden? die Religionsausübung organisieren, ohne überhaupt ansatzweise zu reflektieren, dass Kardinal Meisner vom Vatikan eingesetzt wurde und auch mit dem folgenden Kardinal so verfahren wird.  

Diese Debatte, meine Damen und Herren, ist von den bürgerlichen Kräften in dieser Stadt, insbesondere dem Verlagshaus Neven Du Mont, nicht fair geführt worden. Und ich frage Sie, hat nicht auch dies dazu beitragen, dass rechtsextreme Kräfte in dieser Stadt Oberwasser bekommen haben? Und wenn das Verlagshaus behauptet, sie hätten die Diskussion über den Bau der Moschee in dieser Stadt erst richtig auf die Tagesordnung gesetzt, dann frage ich Sie, warum haben Sie die vielen muslimischen, türkischstämmigen Menschen nicht mitgenommen? Sie haben zahlreiche Veranstaltungen organisiert, auf denen auch die DITIB sprechen konnte ? gar nicht die Frage. Aber sie haben nicht dafür gesorgt, dass Ihr Anliegen auch von den Menschen verstanden wurde, die der deutschen Sprache noch nicht mächtig genug sind.  

Ralf Giordano schreibt heute im Stadt-Anzeiger: ?Für mich trifft der Stadtrat eine integrationsfeindliche Entscheidung.?  

Ich glaube, es ist genau umgekehrt: Würde der Antrag heute keine Mehrheit finden, würden wir das Baurecht mit Füßen stoßen und normale demokratische Rechte verwehren, dann würde das zu Desintegration führen: Zu Misstrauen, Unsicherheit und Frust. Tausende Menschen in dieser Stadt würde man demütigen.  

Das wollen wir als Linke nicht, auch wenn viele von uns zu Religion ein distanziertes Verhältnis haben. Das Grundgesetz garantiert die Freiheit der Religionsausübung.   In der Diskussion wird immer wieder behauptet, die Integration sei gescheitert. Integration findet seit tausenden von Jahren statt. Immer wieder: Langsam, in Wellen und immer schneller und immer anders, als man denkt. Und wenn man Integration mal ohne die Ethnien betrachtet, dann kann man sich noch gut daran erinnern, wie schwer sich die dörflichen und bäuerlichen Menschen getan haben, als sie in die großen Städte ziehen mussten, um Arbeit zu finden. Erst hausten sie in Holzverschlägen, dann wurden Wohnungen gebaut, weil die Unternehmer kräftige und ausgeruhte Arbeitskräfte brauchten. Damals brauchten die Menschen Raum und Platz in der Stadt. Das ist heute nicht anders, wenn man dafür eintritt, dass Menschen nicht wie damals in Hinterhöfen leben müssen. Und zum Leben gehört für viele auch die Religionsausübung.  

Wir Linke treten für eine multikulturell orientierte Stadtpolitik ein. Dazu gehört, dass sich soziale und räumliche Strukturen bilden, die von kulturellen Minderheiten geprägt werden, anstatt irreale Forderungen nach sozialer Mischung oder rascher Anpassung zu stellen. Die Diffamierung dieser Strukturen als Parallelgesellschaft lehnen wir ab.  

Wenn die Aufnahmegesellschaft den Zuwanderern keine dauerhaften und attraktiven ökonomischen und politischen Beteiligungsmöglichkeiten bietet und ihnen obendrein mit Vorurteilen begegnet, ist kaum zu erwarten, dass diese ihrerseits die Mühen der Integration auf sich nehmen.