Moscheebau II

Özlem Demirel

Seit dem 11. September 2001 werden weltweit und auch in Deutschland unsägliche Diskussionen über den Islam und über Muslima und Muslime geführt. Huntingtons Theorie vom ?Kampf der Kulturen? wurde salonfähig gemacht. In der Innen- und Außenpolitik war der 11. September somit ein gefundenes Fressen für diejenigen Kräfte, die die Unterschiede zwischen verschiedenen Kulturen und Nationen immer wieder hervorheben wollen und müssen.

So wird auch in Köln seit geraumer Zeit eine unsägliche Moscheedebatte geführt. Insbesondere im vergangenen Jahr hatte diese Debatte zusammenhängend mit den Äußerungen Giordanos und den internen Diskussionen der CDU neue Ausmaße angenommen.  

Diese Debatte war für ?Pro Köln?, also dem Wolf im Schafspelz, ein gefundenes Fressen um gesellschaftliche Vorurteile zu vertiefen und ihre rassistische Demagogie in die Bevölkerung zu tragen. Nach wie vor hetzt die rechte und rassistische Bürgervereinigung ?Pro Köln? gegen den Bau der Moschee und damit zusammenhängend gegen die muslimische Bevölkerung in Köln und versucht, die ohnehin seit dem 11. September weit verbreiteten Vorurteile zwischen den Kulturen und Religionen, den sog. ?Kampf der Kulturen?,  für ihre eigenen spalterischen und rassistischen Interessen auszunutzen. Die Anti- Islamisierungskonferenz stellt hierbei das I-Tüpfelchen dar.  

Auch nimmt mittlerweile die CDU in diesem Punkt eine eher heuchlerische Position ein. Während sie auf der einen Seite immer und überall an vorderster Stelle die größte Befürworterin der Religionsfreiheit und der Kirche ist, lehnt sie die Moschee aufgrund ihrer Symbolträchtigkeit und der Höhe der Minarette ab. Dies ist scheinheilig und ist kein fortschrittlicher Beitrag in diesem Diskussionsprozess gewesen.  

Doch liebe Kollegen und Kolleginnen, auf der anderen Seite ist es auch nicht richtig zu behaupten, die Moschee sei ein sehr großer Beitrag zur Integration. Wenn man unter Integration das friedliche Zusammenkommen und Zusammenleben Menschen unterschiedlicher Kulturen und Herkunft, bei der alle gleichermaßen am sozialen, kulturellem und politischem Leben partizipieren, versteht, dann müssen wir feststellen, dass kein Gotteshaus, egal welcher Religion auch immer dazu beiträgt. Auch waren und sind Moscheen immer noch  eines der Zentren, in denen sich die muslimischen, meist türkeistämmigen Menschen abschotten und von der Gesellschaft isolieren. Deshalb ist die Vorstellung, dass eine möglichst große Moschee den Integrationsprozess vorantreiben wird, absurd und falsch.

Erst recht, wenn das Bauvorhaben des muslimischen Dachverbandes DITIB über ein Gotteshaus (großes Einkaufszentrum und Bürokomplex sind integrierter Bestandteil des Bauvorhabens - Gewerbezentrum) hinausgeht. Integration ist ein fortwährender Prozess der sich natürlich entwickelt. Doch leider wird dieser Prozess von reaktionären Kräften, egal welcher Herkunft und welcher Colour gehemmt und gestört.  

Meine Damen und Herren, Die Religionsfreiheit ist ein unantastbares Recht in einer demokratischen Grundordnung. Dafür und für die Wahrung der demokratischen Grundrechte kämpfen wir. Doch das heißt nicht, dass möglichst große Gotteshäuser ???????. unterstützt werden müssen. Die DITIB darf natürlich auf ihrem Grundstück bauen. Das ist ihr gutes Recht. Aber eine derartige Diskussion über den Bau einer Großmoschee spaltet unsere Stadt jetzt in MoscheebefürworterInnen und MoscheegegnerInnen.  

Meine Damen und Herren,  die sozialen Probleme bleiben aber gleich. Diese Diskussion einer größeren Moschee schafft auch in unserer Stadt die gesellschaftlichen Probleme und vor allem das Integrationsproblem nicht ab, sondern spaltet die Bürgerinnen unserer Stadt in Muslime und Christen.

Integration ist das Zusammenkommen und Zusammenfinden von Menschen unabhängig von ihren nationalen, religiösen oder ethnischen Identitäten oder Hintergründen. Die Diskussion und der Bau der Moschee verstärken gegenseitige Vorurteile und schaden dem Integrationsprozess. Aus diesem Grund finde ich die ganze Diskussion ?Moschee ja oder nein? vollkommen falsch. Wir müssen uns jetzt (als Christen und Muslime) für eine bessere, demokratische, friedliche und soziale Stadt einsetzen. Dieses geht nur erst dann, wenn wir uns jetzt nicht in Deutsche und Ausländer, in Muslime und Christen spalten lassen, sondern all unsere Kräfte bündeln, um eine soziale Stadt einzufordern, zu schaffen und auszuweiten.

?Pro Köln? argumentiert rassistisch. Wir müssen realistisch sein und erkennen können, dass reaktionäre Kräfte egal welcher Herkunft die Integration nicht fördern werden, unabhängig davon, was sie sagen oder behaupten. Sonst wäre die Integration schon längst vollbracht! Die Diskussion muss auf eine vernünftige Grundlage gebracht werden: Wie kann unsere Stadt Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund die Möglichkeiten bieten, eine gute Bildung und Ausbildung zu bekommen und sich als Bürger dieser Stadt zu fühlen?

Erst wenn Menschen mit Migrationshintergrund sich als Teil dieser Gesellschaft verstehen und die Mehrheitsgesellschaft diese als gleichberechtigten Bürger mit Migrationshintergrund sieht, sollten nicht einmal ?Gotteshäuser? dem Integrationsprozess Steine in den Weg legen können.