Mord – Täter gefasst –alles gut? Linkes Kino goes Theater

Renate Alves

Im Dezember hatte „Soko Tatort“ – von Nele Stuhler – Premiere im Kölner Schauspielhaus. Für die Vorstellung am 16. Dezember 2023 hatte die AG Linkes Kino ein anschließendes Publikumsgespräch mit der Videokünstlerin Nazgol Emani und dem Schauspieler Nikolaus Benda organisiert.

Seit Jahrzenten steht das Krimigenre in der Film- und Fernsehlandschaft felsenfest. Und es wächst sogar: Über 50% des deutschen Fiktion-TVs besteht mittlerweile aus Krimiformaten. Aber warum? Was finden wir so spannend an Mord- und Totschlag, an der Polizeiarbeit, die da auf dem Bildschirm geleistet wird? Und wie prägen SOKO, Tatort und Co. unsere Sicht auf die Polizei? Denn seit es diese als staatliche Institution gibt, gab es ebenfalls Stimmen, die das Machtmonopol der Menschen in Blau kritisieren. Die Regisseurin Nele Stuhler stellt mit ihrem Stück das Krimigenre auf den Kopf, fragt nach Gerechtigkeit und hinterfragt die Notwendigkeit dieser staatlichen Institution, die sich in der Menschheitsgeschichte scheinbar alternativlos präsentiert.

In der von Mika Swenshon moderierten Runde geben Emani und Benda für je ihren eigenen Bereich spannende Einblicke - Soko Tatort war von Anfang an als Stückentwicklung konzeptioniert, Mitarbeit war ausdrücklich gewünscht und im Fall von Emani auch mit stückprägend. Jede/Jeder Akteur*in war aufgefordert sich mit einem Thema aus dem Komplex Krimi/Polizei/Gewaltverhältnisse in die Vorbereitung einzubringen. Benda entschied sich für Polizei und Rap, in der Aufführung wurde dies umgesetzt als mitreißende Musiknummer. Die ganz unterschiedlichen Ideen fanden sich fragmentarisch in der Aufführung wieder, zusammengesetzt von Nele Suhler und visuell unterstützt durch Videoimpulse von Nazgol Emani. Gleichzeitig war die Vielfalt der Themen aber auch Anlass zur Kritik: Vieles wurde eben auch nur angerissen und manchen Zuschauern fehlte die Ernsthaftigkeit, z.B. zu den Themen Überwachungsstaat oder willkürliche Staatsgewalt. Benda und Emani entgegneten diesem Einwand, dass für die Regisseurin die Lust am Theatermachen und –spielen im Vordergrund stand. Soko Tatort ist keine dokumentarische Abrechnung mit der Krimiflut in den Medien.

Für die AG Linkes Kino und das Publikum war es ein Theaterabend mit gelungenen Impulsen, mit einigen Fragenzeichen und mit besonderen Einsichten in eine Stückentwicklung.