Milieuschutzsatzung als Instrument gegen Luxussanierungen und die Verdrängung von Mietern
Antrag zur Ratssitzung am 18.07.2013
Sehr geehrter Oberbürgermeister Roters,
die Fraktion DIE LINKE bittet Sie, den folgenden Antrag auf die Tagesordnung der kommenden Ratssitzung zu nehmen:
Beschluss:
I. Die Verwaltung möge die bisherigen Erfahrungen mit dem Instrument der sozialen Erhaltungssatzung (Milieuschutzsatzung) nach § 172 BauGB darstellen.
(a) Es sollen die Wirkungen der 1996 für die Stegerwaldsiedlung erlassenen Milieuschutzsatzung dargestellt und mit den ihren Zielsetzungen verglichen werden.
(b) Es sollen die Gründe dargelegt werden, aus denen es bislang nicht zum Erlass einer Milieuschutzsatzung für Buchforst gekommen ist. Eine Prüfung wurde durch den Rat am 05.05.2009 beschlossen.
II. Die Verwaltung wird beauftragt, ein Konzept für den Erlass sozialer Erhaltungssatzungen (Milieuschutzsatzung) nach § 172 BauGB zu erstellen.
(a) Es soll dargestellt werden, welche Daten für die Entscheidung über den Erlass einer Milieuschutzsatzung und ihre Ausgestaltung notwendig sind, welche dieser Daten der Verwaltung bereits vorliegen, wie die fehlenden Daten erhoben und ausgewertet werden können und wie hoch der dazu notwendige personelle und finanzielle Aufwand ist.
(b) Es soll dargestellt werden, welche Instrumente zur Durchsetzung des Milieuschutzes möglich und sinnvoll sind (Genehmigungsvorbehalt, Wahrnehmung des kommunalen Vorkaufsrechtes, Verzichtserklärung des Investors) und wie hoch der personelle und finanzielle Aufwand ist, um diese Instrumente wirksam einzusetzen.
(c) Die Darstellung des insgesamt notwendigen personellen und finanziellen Aufwands soll beispielhaft an mehreren Wohngebieten dargestellt werden, in denen ein hoher Verdrängungsdruck zu beobachten ist, zum Beispiel:
- Rathenauplatz und Umgebung
- Umgebung der Agneskirche und auf diese zulaufende Straßen
- Gebiet zwischen Krefelder Straße und Neusser Straße
- Im Sionstal/Annostraße und die kreuzenden Straßen
(d) Die Verwaltung möge den Ablauf und zeitlichen Rahmen von der Bestimmung eines ?Verdachtsgebietes? über die lokale Datenerhebung und ?auswertung bis hin zum Erlass einer Milieuschutzsatzung und deren Durchsetzung darlegen.
Begründung:
In mehreren Veedeln, vor allem im Bezirk Innenstadt, beobachten die Bewohner ein starkes Engagement finanzstarker Investoren: Durch Luxussanierungen steigt das Mietniveau rasant an und die bisherigen Mieter werden aus ihrer Nachbarschaft verdrängt.
Soziale Erhaltungssatzungen (Milieuschutzsatzungen) können dabei helfen, diese Effekte zu verlangsamen und abzumildern.
Die Möglichkeit Erhaltungssatzungen zu erlassen, ist durch § 172 BauGB gegeben. Danach sind Erhaltungssatzungen mit unterschiedlichen Zielsetzungen möglich. Aus städtebaulichen Gründen sind in Köln verschiedentlich Erhaltungssatzungen erlassen worden. Eine soziale Erhaltungssatzung, deren Ziel die ?Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung? ist, wurde in den letzten zwanzig Jahren jedoch nur ein einziges Mal erlassen: Mitte der 90er Jahre in Bezug auf die Stegerwaldsiedlung, für die eine Verdrängung durch die Nähe der Kölner Messe befürchtet wurde. In diesem einzigen Kölner Beispiel scheint der Erlass der Milieuschutzsatzung eine erfolgreiche Maßnahme gewesen zu sein, mit der Verdrängungen verhindert werden konnten.
In Berlin, Hamburg, München und anderen Städten ist die Anwendung des § 172 BauGB zum Erlass sozialer Erhaltungssatzungen seit Jahren gängige Praxis. In München gab es 2012 ?14 Erhaltungssatzungsgebiete, in denen rund 170.000 Einwohnerinnen und Einwohner in ca. 92.000 Wohnungen? lebten (Landeshauptstadt München: 25 Jahre Erhaltungssatzungen in München. Dokumentation von 1987 bis 2012). Insgesamt wurden mit dem Instrument Erhaltungssatzung in ?20 Jahren ca. 430 Immobilien mit ca. 6.000 Mietwohnungen und mit ca. 400.000 m2 Wohnfläche? vor Luxussanierungen geschützt (ebd.).
Die Anforderungen in Bezug auf Art und Umfang von Daten, die für den Erlass einer Milieuschutzsatzung notwendig sind, sind hoch. Alter, Ausstattung und Anteil modernisierter Wohnungen, Miethöhe, Anteil von Wohnungen in Sozialbindung und deren Auslaufen, Struktur der Anwohner nach Einkommen, Alter, Migrationshintergrund und die Gliederung nach Wohndauer sind übliche Kriterien, die zum Beispiel in Nürnberg oder München angelegt werden (?Nürnberger Kriterienkatalog?).
Die Kölner Verwaltung hält nicht alle diese Daten vor, die aber notwendig sind um zu bestimmen, ob für ein Gebiet der Erlass einer Milieuschutzsatzung sinnvoll ist, wie dieses Gebiet einzugrenzen ist und welche Kriterien für den Milieuschutz in einem Veedel angemessen sind. In dem zu erarbeitenden Konzept ist daher zu bestimmen, welche Daten notwendig sind und auf welchem Wege und mit welchem Einsatz an Personal sie erhoben werden können.
Das Konzept muss zudem aufzeigen, mit welchen Instrumenten eine einmal erlassene Milieuschutzsatzung durchgesetzt werden kann und wie hoch hierfür der Bedarf an Personal und finanziellen Mitteln ist.
Mit freundlichen Grüßen
Jörg Detjen, Fraktionssprecher
Gisela Stahlhofen, Fraktionssprecherin