Mehrgenerationenwohnen unterstützen, nicht verhindern!

Michael Weisenstein

Rede zur Ratssitzung am 18.6.2013

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Roters, sehr geehrte Damen und Herren,

die Menschen werden immer älter. Das ist gut so. Der Anteil der älteren Menschen an der Gesamtbevölkerung wächst. 2030 sind fast ein Viertel der Kölnerinnen und Kölner 60 Jahre und älter. Die Gesundheitsministerin in NRW, Frau Steffens, will mit einem Masterplan "Altersgerechte Quartiere" auf die demographische Entwicklung reagieren. Sie stellt circa 5 Mio. Euro für dieses Projekt zur Verfügung. Das hat die Rundschau letzten Freitag berichtet.

Oft sind die Seniorinnen und Senioren auch im fortgeschrittenen Lebensalter geistig und körperlich fit. Der Umzug in ein Altenheim fällt vielen Menschen schwer. Laut einer Studie der Stadt Köln wollen nur 1,6 % der Menschen ihren Lebensabend in einem klassischen Altenheim verbringen. Der Einzug in ein Altenheim wird meist so lange hinausgezögert, bis die Pflegebedürftigkeit eingetreten ist. Aber auch bevor ein Senior oder eine Seniorin pflegebedürftig ist, bestehen altersspezifische Bedürfnisse bei Menschen im fortgeschrittenen Alter.  

Die moderne Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft verlangt von Arbeitnehmer/innen und Selbständigen eine hohe zeitliche und örtliche Flexibilität. Dieser Umstand führt dazu, dass Kinder und Enkel oft in anderen Städten oder Ländern wohnen und sich nicht kümmern können. Durch die Individualisierung der Gesellschaft leben auch immer mehr ältere Menschen alleine. Die Gesellschaft muss auf dieses Phänomen reagieren. Die Politik muss auch diesen Gesichtspunkt des demographischen Wandels aufgreifen und Modelle entwickeln- und mit Nachdruck verfolgen!

Es ist auch die Aufgabe der Stadtgesellschaft, Bedingungen zu schaffen, die den Bedürfnissen der älteren Generation gerecht werden. Das Mehrgenerationenwohnen kann für ältere Menschen eine gute Lebensqualität gewährleisten. Das Mehrgenerationenwohnen kann einerseits Ältere vor Vereinsamung schützen und bietet gleichzeitig Ruckzugsmöglichkeiten zur Wahrung der Privatsphäre. Junge Familien können von der Lebenserfahrung der Älteren profitieren. Es kann auch praktische gegenseitige Hilfe geleistet werden.

Umfragen haben ergeben, dass 5 % der über 60jährigen Kölnerinnen und Kölner gerne in einer altersgemischten Wohnform leben möchten. In absoluten Zahlen bedeutet dies, dass in 2030 der Bedarf an Wohneinheiten für Seniorinnen und Senioren in Mehrgenerationenhäusern bei 1.250 Plätzen liegt. Um tatsächlich den Ansprüchen von Mehrgenerationenwohnen zu erfüllen, nämlich dass Ältere und Jüngere gemeinsam in einem Haus wohnen und sich gegenseitig unterstützen können, muss das Angebot an adäquatem Wohnraum in Mehrgerationenhäusern um einen Faktor zwischen zwei und drei multipliziert werden. Nur wenn die Politik eine hohe Priorität auf dem Gebiet setzt, kann diese Herausforderung gemeistert werden.

Tatsächlich gibt es derzeit circa 200 Wohneinheiten in Mehrgenerationenhäuseren. Bei diesen Projekten haben die Stadt und die GAG mitgewirkt. Um den künftigen Bedarf an Mehrgenerationenwohnen decken zu können, müssen städtische und private Initiativen gefördert werden. Wir möchten, dass die Anstrengungen beim Mehrgenerationenwohnen verstärkt werden.

Die Verwaltung teilt mit, dass verschiedene noch zu realisierende Projekte bei der Verwaltung registriert sind. Wir bitten die Verwaltung diese Projekte nach Kräften zu unterstützen. Je nach Charakter des Projektes auch mit der Unterstützung der GAG. Die Interessenten und Investoren sollen von der Stadt aktiv aufgesucht, beraten und unterstützt werden. Es soll ermittelt werden, wo geeignete Standorte für diese Wohnform sind. Grund und Boden muss zur Verfügung gestellt werden!

Leider ist in jüngster Vergangenheit ein Projekt zum Mehrgenerationenwohnen in Kalk zunächst gescheitert. In der alten Polizeiwache in Kalk wird es kein Mehrgenerationenwohnen geben, obwohl es für das Gebäude schon sehr ausgereifte Planungen gibt. In der Stellungnahme der Verwaltung zu unserem Antrag wird das Scheitern des Projektes Futur 3 bestätigt. Die Verwaltung macht aber leider keinen konkreten Vorschlag wie das Projekt an anderer Stelle verwirklicht werden kann. Wir möchten die Verwaltung bitten mit den Projektträgern zu sprechen und nach einem anderen Standort in Kalk und Umgebung zu suchen. Die Stadt muss hier dringend tätig werden um mit den Akteuren vor Ort einen adäquaten Ersatzstandort in Kalk zu finden.

Ich möchte Sie bitten, unserem Antrag zu folgen.   Herzlichen Dank