Linkes Kino Köln zeigte den Dokumentarfilm „Auf Anfang“

Renate Alves

Zum Mai-Termin der Arbeitsgruppe Linkes Kino Köln, wiederum in Zusammenarbeit mit dem Filmhaus, konnten wir Georg Nonnenmacher, den Regisseur und Produzenten des Films „Auf Anfang“, für die anschließende Diskussion gewinnen. Ergänzt wurde das Podium durch die Psychologin Friederike Stolle, die nicht nur Hintergründe zum Strafvollzug lieferte, sondern auch aus der Praxis einer forensischen Einrichtung berichten konnte.

Der Dokumentarfilm von Nonnenmacher und Mike Schlömer zeigt den Häftling Michael Scholly, der nach 27 Jahren Haft auf seine Entlassung vorbereitet wird. Scholly, auf den der Regisseur durch seine Rolle im Theaterprojekt Hamlet reloaded` in der Haftanstalt Verl aufmerksam wurde, ist ein faszinierender und wortgewandter Mann Ende Vierzig, der seine Hauptrolle im Film lange Zeit auskostet. Der Film lässt seinen Protagonisten und die Menschen um ihn herum – seinen langjährigen Freund, den Gefängnispfarrer, die Bewährungshelferin, die Anstaltsleiterin sowie ein ihn sehr unterstützendes Ehepaar – jeweils unkommentiert und ohne jegliche Musikuntermalung zu Wort kommen. Der Zuschauer entwickelt durchaus Sympathie für den Menschen Scholly, der durch schwierige Kindheits- und Lebensbedingungen mit geprägt ist. Die Reflektion mit der zugrunde liegenden Tat – ein Tötungsdelikt – fällt allerdings zwiespältig aus.

Als Scholly nach der Entlassung schließlich eine eigene Wohnung bezieht und einen Job in einer Gartenbaufirma beginnt, ändert sich der Umgang. Zunehmend wird sowohl sein bekanntes Umfeld wie auch die Kamera auf Distanz gehalten: „Ihr erinnert mich immer wieder an meine Haftzeit“, so Scholly an einer Stelle zu seinem Freund. Nach nur drei Monaten in Freiheit begeht Scholly einen erneuten Mord, was die Dreharbeiten abrupt beendet. Diese für alle Beteiligten vollkommen unvorhergesehene Entwicklung sollte beinahe zum Abbruch des kompletten Filmprojekts führen. Intensive Diskussionen und die besondere Arbeit der Cutterin, die drei Versionen des Films herstellte, führten schließlich zu dieser veröffentlichten und nachdenklich machenden Dokumentation. „Auf Anfang“ konnte in der anschließenden Diskussion dann sowohl als Grundlage für den Themenbereich Haft, Gefängnis und Resozialisierung dienen, als auch die Besonderheiten des Dokumentarfilms aufzeigen. „Ist die Wiederholungstat auch passiert, weil es den Film gibt?“ so fragte ein Zuschauer – was vom Regisseur eindeutig verneint wird, aber zur spannenden Diskussion mit beitrug.

Im Sommer wird sich die Arbeitsgruppe Linkes Kino Eckpunkte für die weitere Auswahl der Filme und der einzuladenden
Filmschaffenden setzen