Längere Öffnungszeiten für den Drogenkonsumraum ist der richtige Weg!

AK Gesundheit und InklusionRatReden

Rede von Uschi Röhrig zur Ratssitzung am 9. Februar 2023

Im Drogenkonsumraum am Neumarkt können Drogengebraucher*innen unter medizinischer Aufsicht harte Drogen konsumieren. So werden Sie vor Überdosierungen und medizinischen Notfällen geschützt. Außerdem findet der Konsumvorgang dann nicht mehr in der Öffentlichkeit statt, was viele Menschen als bedrohlich empfinden. Die Stadtverwaltung hat vorgeschlagen, die Öffnungszeiten zu erweitern. Uschi Röhrig, Mitglied der Linksfraktion, erläutert in ihrer Rede auf der Ratssitzung am 9. Februar unsere Haltung zu diesem Vorschlag:

Meine Fraktion DIE LINKE freut sich, dass dieser Beschluss den Weg für die Erweiterung der Öffnungszeiten des Drogenkonsumraums frei macht. So haben wir es vor einiger Zeit beschlossen, und das ist der richtige Weg.

Das sehen wir daran, dass Streetwork, Ordnungsamt und Polizei beobachten, dass die Zahl der Konsumierenden in der Öffentlichkeit insgesamt zunimmt, während der Öffnungszeiten des Konsumraums aber abnimmt.

Gut wäre natürlich auch eine Öffnung am Sonntag. Weil geeignetes Personal aber schwer zu finden ist, ist die Sechstagewoche für uns für eine Übergangszeit in Ordnung. Wenn die Stellen besetzt sind, müssen wir weitersehen.

Die Initiative Zukunft Neumarkt hat eine Stellungnahme zu dem Beschluss geschrieben, mit dem sie nicht zufrieden ist. Sie kritisiert besonders die Anlaufstelle für das aufsuchende Streetwork, die direkt auf dem Neumarkt entstehen soll. Das ist zwar nicht Teil des Beschlusses; ich möchte aber trotzdem auf die Bedenken eingehen.

Drogenabhängige und Obdachlose sind keine leichten Nachbarn. Das ist uns klar. Aber was ist die Alternative dazu, diese Gruppe auf dem Neumarkt bleiben zu lassen?

Der Neumarkt ist öffentlicher Raum. Wir müssen es aushalten, dass sich hier Menschen aufhalten, die sonst keinen anderen Platz für sich haben, auch wenn – und vielleicht auch gerade weil – sie oft ein Verhalten an den Tag legen, dass andere Menschen verängstigt, ärgert, stresst oder nervt.

Diese schwierigen Menschen verschwinden aber nicht einfach. Ihnen das Leben zu erschweren, ist unmenschlich, aber auch der falsche Weg. Denn Vertreibung führt dazu, dass sich ein solcher Brennpunkt an einer anderen Stelle herausbildet, und dann alle Versuche, Konflikte zu entschärfen von vorne anfangen. Vertreibung verschärft die Probleme an einem anderen Ort.

In der Initiative gibt es anscheinend die Idee, der Neumarkt kann durch Umgestaltung drogenfrei werden. Doch in jeder größeren Stadt sammeln sich Drogengebraucher*innen auf zentralen Plätzen. Wer sagt, sie haben dort nichts zu suchen, könnte genauso gut die Gläubigen aus dem Dom verbannen. Man könnte auch sagen: Weil Gläubige beten wollen, muss es im Dom still sein. Das stört aber die Touristen, die sich dann nicht unterhalten können. Wir aber sind überzeugt: Drogenkonsument*innen haben ein Recht auf den Neumarkt, so wie Gläubige auf den Dom.

Nutzungskonflikte auf dem Neumarkt müssen moderiert und mit vielen verschiedenen Maßnahmen entschärft werden. Das geht nicht von heute auf morgen. Geben wir der Verwaltung, den Beschäftigen im Drogenkonsumraum und den Streetworkern die Zeit, die es braucht, um Erfolge zu sehen. Vertreibung gehört zum Polizeistaat des 19. Jahrhunderts, aber nicht zu unserem modernen und weltoffenen Köln des 21. Jahrhunderts.

Wir danken für Ihre Aufmerksamkeit.