Ladenschluss auch eine Frage der Grundrechte

Jörg Detjen

Wir haben in den letzten zehn Jahren im Rat trefflich über die Ladenschlusszeiten gestritten. Letztendlich hat sich die FDP mit ihrer Position Ladenöffnung rund um die Uhr von Montag bis Samstag durchgesetzt. In den letzten zwei Jahren war dann der Sonntag immer wieder das Thema, im Rat und in der Konsensrunde.

Dabei haben wir versucht, einen Konsens zu finden, zwischen Nutzung oder Nichtausnutzung von vier Sonntagen und der Frage, wie die Stadtbezirke gestärkt werden können.  

Durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 1. Dezember verschiebt sich aber die Wertedebatte hin zu der Frage nach persönlichen und familiären Grundrechten. Ich würde mir eine solche Diskussion in den nächsten Monaten wünschen.

Ich möchten ihnen den Spannungsbogen in dem wir uns bewegen mit zwei Zitaten aus dem Urteil des BVG verdeutlichen:   ?Mit der Gewährleistung rhythmisch wiederkehrender Tage der Arbeitsruhe konkretisiert Art. 139 WRV überdies das Sozialstaatsprinzip. Unter diesem Gesichtspunkt hat er weitergehende grundrechtliche Bezüge. Die Sonn- und Feiertagsgarantie fördert und schützt nicht nur die Ausübung der Religionsfreiheit. Die Arbeitsruhe dient darüber hinaus der physischen und psychischen Regeneration und damit der körperlichen Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG). Die Statuierung gemeinsamer Ruhetage dient dem Schutz von Ehe und Familie (Art. 6 Abs. 1 GG). Auch die Vereinigungsfreiheit lässt sich so effektiver wahrnehmen (Art. 9 Abs. 1 GG). Der Sonn- und Feiertagsgarantie kann schließlich ein besonderer Bezug zur Menschenwürde beigemessen werden, weil sie dem ökonomischen Nutzendenken eine Grenze zieht und dem Menschen um seiner selbst willen dient. ? Daneben ist im Auge zu behalten, dass die Arbeitsruhe an Sonn- und Feiertagen auch für die Rahmenbedingungen des Wirkens der politischen Parteien, der Gewerkschaften und sonstiger Vereinigungen bedeutsam ist und sich weiter, freilich im Verbund mit einem gesamten ?freien Wochenende?, auch auf die Möglichkeiten zur Abhaltung von Versammlungen auswirkt. Ihr kommt mithin auch erhebliche Bedeutung für die Gestaltung der Teilhabe im Alltag einer gelebten Demokratie zu. Sinnfällig kommt das dadurch zum Ausdruck, dass nach der einfachrechtlichen Ausgestaltung der Tag der Wahlen ein Sonntag oder gesetzlicher Feiertag sein muss (vgl. § 16 Satz 2 Bundeswahlgesetz).?  

An diesen Zitaten können Sie erkennen, dass originäre Liberale, die Frauen und  Männer der Wirtschaft oder gar grüne Yuppis sich der Grundrechte-Argumentation nicht verschließen können. Und wenn wir in der jetzigen Vorlage 17 Sonntage in der Weihnachtszeit für 2010 beschließen, glaube ich, werden wir das überdenken müssen. Stadtdirektor Kahlen und der Katholikenausschuss bereiten eine solche Diskussion vor. Ich bin gespannt.