Krisenhafte Entwicklungen dürfen uns nicht zu Kürzungen am falschen Ende verleiten.

Rede von Güldane Tokyürek im Finanzausschuss.

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

Der Stadt Köln stehen immense Herausforderungen bevor. Wir als Fraktion haben Verständnis dafür, dass angesichts der aktuellen Situation – horrende Gas- und Strompreise, hohe Kerninflation, Kriegsfolgen – der städtische Haushalt zwangsläufig auf Kante genäht ist. Trotzdem muss gerade in solchen Zeiten immer ein bestimmter Handlungsgrundsatz gelten: Soziale Strukturen erhalten – Schwache besonders schützen. Ansonsten droht eine deutliche Verschärfung der sozialen Spaltung.

Durch die Arbeitskreisrechnung haben sich neue finanzielle Spielräume aufgetan. DIE LINKE im Kölner Rat hat eine klare Vorstellung davon, wie diese bestmöglich genutzt werden sollten:

Für das Jahr 2023 sehen wir eine Rücklage in Höhe von 10 Millionen Euro vor. Diese sollen von der Kölner Trägerlandschaft als Heizkostenbeihilfe abgerufen werden können. Denn diese Strukturen sind kein schmückendes Beiwerk einer Stadtgesellschaft. Sie sind unverzichtbar.

Die Energiespartipps haben zu massiven Vertrauensverlusten geführt: Mit einem Härtefallfonds möchten wir ein Stück weit Vertrauen zurückgewinnen.

Meine Damen und Herren, eines darf an dieser Stelle nicht verschwiegen werden: Es bestehen weitere Spielräume durch die vom Land angekündigte Verlängerung der Bilanzierungshilfen. Es wird die Möglichkeit geben, die Folgekosten des russischen Angriffskrieges isoliert zu verbuchen. Hierunter fallen auch die Energiekosten. Die Verwaltung ist angehalten, diese Möglichkeit unbedingt zu nutzen.

Die freiwerdenden Mittel würden die Rücknahme der vielen Kürzungen im Haushaltsentwurf möglich machen. Haushaltsneutral. Außerdem muss erwähnt werden, dass im LVR eine Senkung der Umlage um mindestens 1 Prozent ins Auge gefasst wird. Dies wäre eine weitere Entlastung. Eine Entlastung von über 25 Millionen Euro. Auch für uns haben die klare Gegenfinanzierung der Aufwendungen, und die Deckung des Haushalts, einen besonderen Stellenwert. Wir können es uns als Stadt nicht leisten, in eine Haushaltssicherung zu kommen. Eine Erhöhung des Gewerbesteuerhebesatzes schließen wir ebenfalls aus. Viele Branchen sind bereits jetzt stark in Mitleidenschaft gezogen. Trotzdem wägen wir zwischen Risikopuffer und Projektmitteln etwas anders ab, als es die Verwaltung tut. Unter anderem sehen wir Spielräume bei den Einnahmen der Gewerbesteuer. Selbst in Pandemie gebeutelten Zeiten wurden Planwerte deutlich übertroffen. Mit aller gebotenen Vorsicht kalkulieren wir hier mit Mehreinnahmen.

Im Veränderungsnachweis der Fraktion DIE LINKE sind wichtige Schwerpunkte abgebildet, die die Verwaltung scheinbar nicht im Blick hat.

Die Klimawende kann nur von einer Gesellschaft gemeinsam gemeistert werden. Niemand darf auf der Strecke bleiben. Klimaschutz muss sozial und solidarisch sein. Doch in Köln fehlen die notwendigen Impulse!

Die urbane Transformation, von der die Kämmerin und die Oberbürgermeisterin sprachen, muss struktureller sein: Es reicht nicht, im Verkehrssektor auf all-electric umzustellen. Stattdessen müssen bereichsübergreifend hohe Investitionsvolumina freigesetzt und das notwendige Fachpersonal eingestellt werden.

Verkehrssektor und Bausektor sind Schlüsselbereiche des Klimaschutzes. Je nachdem, wie deren Transformation angegangen wird, steuern wir entweder auf eine gerechte, oder aber auf eine exklusive und unsoziale Zukunft zu.

Wir möchten, dass sich jeder Mensch Mobilität und Wohnen gut leisten kann – und das vollständig klimaneutral.

In unserem Veränderungsnachweis setzen wir deshalb 50 Millionen Euro jährlich an investiven Mitteln für energetische Sanierungen bei Wohnungsbaugenossenschaften zu. Diese Sanierungen: warmmietenneutral.

Im Verkehrsbereich sieht unser VN – neben über 20 Millionen Euro zusätzlichen Investitionen jährlich für ÖPNV und Radwege – den Zusatz von fast 30 Stellen vor.

Schülerinnen und Schüler sollen in den Ferienzeiten den ÖPNV kostenlos nutzen können:

Dass großer Bedarf nach bezahlbarer Mobilität besteht, zeigt die Beliebtheit des bundesweiten 9-Euro-Tickets. Und die Forderung der Landeselternkonferenz NRW, die für SchülerInnen ein ganzjähriges kostenloses Ticket fordert.

Es gibt viele weitere offene Baustellen in Köln, welche endlich angegangen werden müssen.

DIE LINKE möchte Wohnungslosigkeit bekämpfen und Wohnen für alle bezahlbar machen.

Die Wohnungsproblematik verschärft sich zusehends: Es wird viel zu wenig neuer Wohnraum geschaffen; viele Menschen ziehen notgedrungen weg. Zur Unterstützung junger Wohnungsbaugenossenschaften setzen wir daher 30 Millionen Euro jährlich an investiven Mitteln zu.

Auch derzeit wohnungslose Menschen möchten wir unterstützen. Es muss endlich ein Masterplan umgesetzt werden, der einen klaren Weg zur Bekämpfung von Wohnungslosigkeit aufzeigt. Genauso muss im Bereich der Bildung der voranschreitenden sozialen Spaltung Einhalt geboten werden: DIE LINKE setzt sich deswegen für die Förderung sozial inklusiver Schulen, Kitas und Jugendzentren ein. Außerdem soll ein Kitaplatz keine Frage des Einkommens sein: Menschen mit weniger als 37.000 Jahreseinkommen sind von Kitagebühren zu befreien!

An wichtigen Projekten wie den Stadtteilmüttern, die für Integration und Zusammenhalt stehen, darf keinesfalls gekürzt werden. All diese Kürzungen werden im Veränderungsnachweis unserer Fraktion rückgängig gemacht. Insgesamt fordert unsere Fraktion deutliche Personalzuwächse: Unser VN sieht bereichsübergreifend eine Zusetzung von 86 Stellen vor. Diese sollen zusätzlich – und nicht aus dem Kontingent für Mehrstellen – finanziert werden.

Lassen Sie mich zuletzt noch einen weiteren wichtigen Punkt erwähnen:

Dieser ist die Stärkung der Bezirksvertretungen, welche unserer Fraktion sehr am Herzen liegt. Die bezirksbezogenen Haushaltsmittel sollten an den wachsenden Gesamthaushalt und die Inflation angepasst werden.

Einige Worte möchte ich noch zum VN des Gestaltungsbündnisses verlieren: Mit Verlaub, es handelt sich um den Bescheidensten seit vielen Jahren. Kein roter Faden ist darin erkennbar! Der Anspruch auf Gestalten und Transformation: Scheint aufgegeben. Notwendige Stellenzusätze: Fehlanzeige. Doch ohne Stellenzusätze ist keine Transformation zu schaffen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

Krisenhafte Entwicklungen dürfen uns nicht zu Kürzungen am falschen Ende verleiten. Strukturen der sozialen Teilhabe sind die Stützpfeiler unserer Gesellschaft. Diese zu zerstören, wäre fatal und außerdem in der langen Frist viel teurer, als sie in diesen schwierigen Zeiten zu unterstützen.

Vielen Dank.