Keine Verträge mit Steueroasen-Akteuren

Jörg Detjen

Seit vielen Jahren ist das Thema fairer und nachhaltiger Einkauf Thema von Politik und Verwaltung der Stadt Köln. Seit einigen Jahren betreibt die Stadt Köln nachhaltige Kapitalanlagen und ganz neu „Green Bonds“. (Siehe auch Artikel auf Seite ??) Auf Bundesebene tritt das Lieferketten-Gesetz am 1. Januar in Kraft, um die Herkunft von Produkten nachzuweisen und mit demokratischen und sozialen Verpflichtungen zu belegen. Das ist wichtig z. B. für den Boykott von Kinderarbeit.

Und wie verhält sich die Stadt Köln zu Akteuren, die ihren Sitz in Steueroasen habe, mit Miet- und Leasingverträgen weltweit die Steuergesetze umgehen und sich schamlos bereichern? Darauf gibt folgender Konflikt eine ernüchternde Antwort.

In der Sendereihe „die story“ berichtete der WDR im September über die Sanierung von Oper und Schauspielhaus (1). Darüber gibt es auch im Platzjabbeck Nr. 5/2022 einen Artikel.

In dem WDR-Beitrag wurde kritisiert, dass die Stadt Köln bei der Anmietung der Ersatzspielstätten von Oper und Schauspielhaus Erbbau- und Mietverträge mit weltweit agierenden Unternehmen abgeschlossen habe, die über Firmenverflechtungen ihren Sitz in den Steueroasen Cayman Inseln bzw. Delaware haben. Da ich als Interview-Teilnehmer in dem Fernsehbeitrag u. a. auf diesen Missstand angesprochen wurde, haben wir als Fraktion dazu zwei Anfragen (2+3) im Rechnungsprüfungsausschuss gestellt. Nicht nach drei Tagen, sondern erst nach einem Vierteljahr antwortete die Verwaltung.

Die zuständigen Dezernenten Charles (Kultur) und Wolfgramm (Umwelt und Liegenschaften) haben lange daran getüftelt, wie sie sich rausreden können. Das wäre nicht nötig gewesen, weil sie zum Zeitpunkt der Vertragsabschlüsse nicht verantwortlich waren.

Durchgehend behaupten sie, die Verwaltung hätte davon nichts gewusst. Sie hätte die Verträge mit Firmen in Deutschland abgeschlossen und das Geld auf Konten deutscher Banken überwiesen. Das ist das aalglatte Muster der Antworten: Keine Zweifel, keine Kritik und auch keine Nachdenklichkeit! – Auffällig ist auch, dass die Verwaltung nichts Generelles erwidert zu den Vorwürfen, mit Unternehmen in Steueroasen Geschäfte gemacht zu haben. Eine Unterlassungsklage gegen den WDR-Beitrag hat sie nicht geführt. Warum auch, den Prozess hätte sie verloren.

  1. Anmietung des Depots für das Schauspielhaus

Dass zuständige Mitarbeiter etwas merken hätten können, kann man der Information aus der Antwort entnehmen:

Zum Zeitpunkt des ersten Mietvertragsschlusses stand das Carlswerkgelände zumindestens teilweise in Eigentum einer Joint-Venture Gesellschaft zwischen der BEOS AG und der Baupost Group mit Sitz in Delaware, USA.“ (4)

Also sehr früh tauchte beim Abschluss des ersten Mietvertrages die Steueroase Delaware auf und später immer wieder. Das hat die Verwaltung nicht stutzig gemacht.

Zudem ist die obige Aussage der Verwaltung falsch. Die BEOS AG hat nur das Unternehmen aus Delaware „vertreten“. Gerade solche Konstruktionen sind üblich bei derartigen rechtswidrigen Finanzgeschäften. (siehe auch Foto)

Da gerade bei der An- und Vermietung von großen Kultureinrichtungen internationale Immobilien- und Eventagenturen agieren – das weiß das Kulturdezernat – ist die Sorglosigkeit schon erschreckend.

Die Geschäftsführung der Städtischen Bühnen war bereits im vergangenen Jahr unangenehm aufgefallen, als sie ohne Rücksprache mit der Kämmerin viele Millionen Euro bei der Greensill-Bank angelegt hatte. Die Bank ging Pleite; das Geld war futsch. Schon damals erklärten die Bühnen, sie seien ein „Eigenbetrieb“ und können solche Geschäfte allein tätigen. – Jetzt das gleiche Muster: Auf die Frage, ob mit den Verträgen kein Verstoß gegen den städtischen PCGK-Kodex (ein Regelwerk für transparente Unternehmensführung) vorliege, antwortet der Kulturdezernent Charles:

Darüber hinaus muss festgestellt werden, dass der PCGK keine formale Anwendung für die Bühnen findet.“ (4)

  1. Oper, Staatenhaus und Erbpacht

Bei der zweiten Antwort der Liegenschaftsverwaltung das gleiche Muster: nichts sehen, nichts hören, nichts sagen. Auch die Ersatzspielstätte für die Oper, das Staatenhaus, wird mit einer Firma über eine Steueroase, diesmal die Cayman-Inseln, abgewickelt.
Die Verwaltung antwortet auf die Frage, warum „die Firmenkonstruktion hinter der (die) BB-Group“ steht, nicht überprüft wurde: „Im Sommer 2015 wurden den Bühnen Köln die BB-Group als Sieger aus dem Vergabeverfahren vorgestellt. Auf dieser Basis wurden seitens der Bühnen keine weiteren Prüfungen vorgenommen.“ (5)
Aus der Vergabevorlage kann man entnehmen, dass sogar ein externer Gutachter eingeschaltet war (6). Hat auch der nichts gemerkt? Immerhin ging es um einen Erbbaurechtsvertrag von ca. 5 Mio. Euro. Zu dieser Zeit gehörte die BB-Group der „International Entertainment Holding“ an.

Bei dem Geschäft geht es um einen Mietvertrag, der erst Jahre später in Kraft treten kann. Die Stadt wollte der BB-Group das Staatenhaus vermieten, damit diese dort ein Musicaltheater einrichten kann. Dafür sollte das ungeliebte „blaue Zelt“ am Hauptbahnhof, in dem seit 1996 Musicals gezeigt werden, abgerissen werden.

Dafür schloss die Stadt Köln mit der BB Group sozusagen einen Vormietvertrag ab. Der eigentliche Mietvertrag sollte kurz darauf folgen, wenn die letzten Details geklärt waren. Dumm nur: Kurz danach wurde bekannt, dass die Sanierung der Oper desaströs schief läuft und die Eröffnung sich um Jahre verzögert. Die Stadt brauchte das Staatenhaus nun wieder selbst, als Ausweichspielstätte der Oper Köln.

So wurde der Deal für die BB-Group doppelt lukrativ: Man wickelt das Geschäft über die Steueroase ab und man bekam eine Entschädigung von der Stadt Köln, weil sie das schon zugesagte Staatenhaus nun doch nicht zur Verfügung stellte. Dieser Erbbaurechtsvertrag, der der BB-Group das Staatenhaus überlässt, muss Ende 2024 geschlossen werden.

Als Entschädigung für die Verzögerung steht ein jährlicher Betrag von 2 bis 2,3 Mio. Euro im Raume. Wenn die Verwaltung nunmehr davon spricht, man habe 5 Mio. Euro in die Rücklage gepackt, wird dies bei weitem nicht reichen. Im Jahresabschluss 2020 der Bühnen kann man unter „Sonstige Rückstellungen“ 13.387.430 Euro finden (7). Dieser Betrag scheint realistischer.

Will die Stadt Köln 2024 einen Erbbaurechtsvertrag mit einem Unternehmen schließen, das mit einer Internationalen Holding auf dem Cayman Inseln dann jedes Jahr Steuern hinterzieht?

Fazit

Es kann nicht angehen, dass die Stadtverwaltung große Immobilienverträge abschließt ohne internationale Verflechtungen zu überprüfen. Hier müssen Maßstäbe und Kontrollen eingebaut werden. Denn es geht um die Ausgabe von Steuergeldern. Die Verwaltung muss in der Lage sein, solche Geschäfte auch selbst prüfen und ausführen zu können.

Dass die städtischen Bühnen – als Eigenbetrieb – nicht dem PCGK-Kodex unterliegen ist ein Unding!

In beiden Fällen muss der Kölner Stadtrat dringend handeln.

 

 

Quellenhinweise:

1. https://www.ardmediathek.de/video/die-story/das-trauerspiel-der-koelner-oper-ein-sanierungs-desaster/wdr/Y3JpZDovL3dkci5kZS9CZWl0cmFnLWU3NDc5OTU5LTMyNTAtNDQ1Ni1iYzM1LTU5MzViMWFmNzVlMA

2. Anfrage Schauspielhaus und Depot

https://ratsinformation.stadt-koeln.de/getfile.asp?id=895807&type=do

3. Anfrage Oper und Staatenhaus

https://ratsinformation.stadt-koeln.de/getfile.asp?id=895786&type=do

4. Antwort Schaupielhaus Depot