Keine Kürzung der Mittel für Vertretungsunterricht

Gisela Stahlhofen

Rede auf der Ratssitzung am 18.6.2013

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen,

um es vorab zu sagen: Der Antrag der CDU ist inhaltlich richtig, denn die Kürzung der Mittel für Vertretungsunterricht ist der herrschenden Konsolidierungslogik geschuldet. Gekürzt wurde und wird dort, wo es wenig Widerstand gibt, oder es an gesicherten Zahlen und Erkenntnissen fehlt.

In der Unterrichtsausfallstatistik zum Schuljahr 2009/2010, die unter Frau Löhrmann erarbeitet wurde, ist der Prozentsatz der ausgefallenen Stunden, verglichen mit den Vorjahren, gleich geblieben. Aber, der altbewerte Spruch kommt hier auch wieder zum Tragen: Glaube keiner Statistik, die du nicht selber gefälscht hast.

Der Landesrechnungshof, der eine andere Erhebungsmethode verwandt hat, kommt mit 5,8 % auf ein fast doppelt so hohes Niveau. Nun, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen, ist das ein realistischer Ansatz aus dem von Ihnen geführten Schulministerium? Die Zahlen sind also vorhanden!

Ich zitiere hier die Erkenntnis aus der Studie des Schulministeriums von 2011: ?Durch den Vergleich mit der Studie des Landesrechnungshofs ist offenkundig geworden, dass die rückblickende Erhebung fehleranfällig ist?. Hier wird auch Bezug genommen auf die Jubelmeldungen aus schwarz-gelber Zeit, Zitat: ?Ob diese Werte jedoch die tatsächliche Unterrichtsituation an den Schulen in NRW realistisch widerspiegeln, darf bezweifelt werden. Die bislang gegenüber der Schulöffentlichkeit als Erfolg dargestellten Untersuchungsergebnisse des MSW erfüllen diese Anforderungen offensichtlich nicht.?

Wenn die Zahl des Landesrechnungshofs von 5,8 % der Wirklichkeit nahe kommt, dann ist der Unterrichtsausfall erschreckend hoch. Leider spricht hier einiges dafür, denn auch der Landesvorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung Udo Beckmann hält die offiziellen Zahlen für zu niedrig.

Wer sich jemals mit Lehrern über dieses Thema unterhalten hat, weiß dass man mangelnde Vertretungen auch als ?Selbstlernstunde? umetikettieren kann. Oder man verschleiert den Lehrermangel strukturell, in dem man den Korridor für Unterrichtsstunden in bestimmten Fächern an der untersten Grenze ausnutzt. Ob die Fachstundenzahl über die Jahre hinweg in der Gesamtheit erreicht wird, ist kaum nachprüfbar und bei einem Schulwechsel  gar nicht mehr nach zu vollziehen.  Es sind ja genug Lehrer hier im Saal, die das aus eigener Praxis kennen.

Darum hält auch in trauter Einigkeit der Verband Bildung und Erziehung und die GEW eine Lehrerreserve von mindestens 7 % für nötig, um den Unterrichtsausfall zu beenden. Hier wird deutlich, dass  das Land sich nicht besser verhält als der Bund! Immer mehr Belastungen ohne ausreichende Finanzierung. Den Lehrerkollegien werden immer neue Belastungen aufbürdet.

Schulische Inklusion soll ohne zusätzliche Mittel verwirklicht werden. Individuelle Förderung statt möglichst homogener Lerngruppen bedeutet den kompletten Umbau unseres Schulsystems, WENN es erfolgreich sein soll. Dieser Umbau ist richtig und wichtig, stellt aber auch eine gewaltige Herausforderung für unsere Lehrer und Lehrerinnen dar. Expertinnen und Experten fordern ausnahmslos  Klassenstärken von maximal 24 Schülerinnen und Schülern mit durchgängig zwei Lehrerkräften.

In dieser Situation die Vertretungsmittel zu kürzen ist in keiner Weise hinnehmbar. Das Ergebnis wäre, dass  die Förderung unserer Kinder von der Kassenlage abhängig würde. Den ?Reparaturbetrieb? bilden dann die Kommunen, wenn sie es denn leisten können. Sie bzw. wir müssen mit kommunaler Schulsozialarbeit, Schulbegleitung, Bildungsangeboten in der Offenen Ganztagsschule und offenen Jugendarbeit für diese Fehler mitbezahlen. Wo bleibt dann die von allen, wenn ich Ihren Wahlprogrammen Glauben schenken darf, angestrebte Chancengleichheit? Unsere Kinder sollen nicht für eine solche Fehlentscheidung bezahlen müssen. Darum, meine lieben Kolleginnen und Kollegen werden wir dem Antrag der CDU zustimmen.

Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit.