Kein Asyl mehr für Menschen vom Balkan?

Am Freitag entscheidet der Bundesrat über das Gesetz zur Einstufung weiterer Staaten als sichere Herkunftsstaaten. Kommt es durch, erhalten Flüchtlinge aus Serbien, Montenegro und Bosnien pauschal kein Asyl mehr. Das betrifft insbesondere Roma und Sinti, aber auch Lesben, Schwule und Transsexuelle.

Um eine Mehrheit im Bundestag zu bekommen, sind die Stimmen des rot-grün regierten NRW nötig. Deswegen hat sich die Fraktion in einem Brief an die Ministerpräsidentin Kraft und die stellvertretende Ministerpräsidentin Löhrmann gewandt, dessen Wortlaut wir dokumentieren.

Sehr geehrte Frau Kraft,

wir möchten Sie bitten, dafür Sorge zu tragen, dass dem o. g. Gesetzentwurf im Bundesrat nicht zugestimmt wird. Nach Köln kommen seit vielen Jahren Roma, weil sie vor institutioneller Diskriminierung, Ausgrenzung und auch Gewalt geflohen sind.

Die vielen konkreten Menschenrechtsverletzungen, denen Roma in den Ländern des Balkans ausgesetzt sind, dokumentiert der Kölner Rom e.V. auf seiner Internetseite. http://www.romev.de/balkan/

In der Kölner Stadtgesellschaft gibt es immer wieder Diskussionen um den Umgang mit Roma. Neben Ablehnung aufgrund tatsächlicher oder vermeintlicher Konflikte, Überfremdungsängsten, Alltagsrassismus etc. gibt es auch viele Initiativen aus der Zivilgesellschaft, die sich leidenschaftlich dafür einsetzen, eine Willkommenskultur in unserer Stadt zu etablieren. Es gibt viele hoffnungsvolle Projekte, wie ein Mentorenprogramm für Flüchtlinge oder Nachbarschaftsinitiativen, die Sprachkurse und Kinderfreizeitaktivitäten organisieren.

Diese Bestrebungen und Stimmen wollen wir stärken. Doch das kann nur geschehen, wenn es als legitim angesehen wird, dass Flüchtlinge nach Deutschland kommen. Offenkundige Menschenrechtsverletzungen in Serbien, Bosnien und Montenegro werden von der EU, dem US-Außenministerium und den Vereinten Nationen eingeräumt. Dem entgegengesetzt delegitimiert die Einstufung dieser Balkanländer als sicher Fluchtgründe und damit die Flüchtenden.

?Die Landesregierung wird künftig jährlich in einer Woche des Respekts für gegenseitige Achtung werben. Der Respekt muss aus der Mitte der Gesellschaft kommen?, heißt es in Ihrer aktuellen Regierungserklärung. Dem können wir uns nur anschließen. Menschen, insbesondere Roma, die aus Serbien, Mazedonien und Bosnien zu uns kommen, zu achten, heißt sicherlich ihre existentielle Not anzuerkennen, ernst zu nehmen und ihnen Wege aus dieser zu öffnen.

In der Hoffnung, dass Sie das auch so sehen und die nordrhein-westfälische Landesregierung im Bundesrat dem Gesetz über die sog. sicheren Herkunftsstaaten nicht zustimmt, verbleibe ich mit freundlichen Grüßen  

Jörg Detjen, Fraktionsvorsitzender DIE LINKE, Fraktion im Rat der Stadt Köln