Jugendarbeit verkehrt

Oswald Pannes

Nach 34 Jahren engagierter und aufbauender Arbeit im Jugendtreff Escherclub wird das Jugendzentrum nicht mehr als regelmäßig geöffnete Institution gefördert, sondern durch verschiedene Projekte finanziert. Das heißt nicht nur veränderte Öffnungszeiten und Angebote, auch das langjährige Personal muss den Club verlassen.

Und das, nachdem es im Laufe der Jahre mit der Einrichtung immer stärker aufwärts gegangen war. Der Club ist ein sozialpädagogisches Erfolgsmodell geworden, in dem die Jugendlichen in hohem Maße mitbestimmen, zupacken und sich verantwortlich fühlen. In drei bis vier Jahren, so der Leiter der Einrichtung, wäre der Club so weit, dass er ohne Träger in der Verantwortung der Bewohner des Viertels laufen könnte.

So weit aber wird es wohl nicht kommen. Denn der Träger des Clubs, die stadtnahe Jugendzentren Köln gGmbH (JugZ), steht vor einem Defizit von 300.000 Euro. Er ist also zu drastischen Einsparungen gezwungen. Dazu hatte die Geschäftsleitung zunächst die komplette Schließung des Escherclubs vorgesehen. Das aber hätte die Kölner Verwaltung als zu drastisches Signal empfunden. Und so wirkte sie darauf hin, dass dem Defizit mit punktuellen Einsparungen und konzeptionellen Änderungen, also mit vielfachen Reduzierungen der Angebote und wohl auch der Qualität begegnet werden soll.

Vordergründig ist das Defizit entstanden durch die Tatsache, dass die Stadt Köln sich nicht in der Lage sieht, den Jugendhilfeetat um die diesjährigen Tariferhöhungen der JugZ-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter zu erhöhen. Im Grunde aber geht es zum einen darum, dass nach den heftigen Zuwendungskürzungen der früheren Landesregierungen und durch fortgesetzt nicht kostendeckende Förderung die Reserven der Jugendeinrichtungen und ihrer Träger aufgezehrt sind. So ist also der diesjährige Ausfall der Übernahme der Tariferhöhungen nicht mehr zu verkraften - zumal der Aufgabenkatalog der Einrichtungen in letzter Zeit auch noch erweitert wurde um Verpflichtungen aus der Kooperation mit den Schulen,  vor allem der inklusiven Orientierung.

Die Geschäftsleitung der JugZ sollte ihre Prioritätensetzung überprüfen. Mit ihren insgesamt 27 Einrichtungen und noch zusätzlichen Vernetzungen muss eine Verteilung des Einspardrucks möglich sein, die auch den Escher Club in geringerem Umfang trifft.

Zu befürchten ist auch, dass die städtische Verweigerung der diesjährigen Tariferhöhungen auch bei den anderen Kölner Trägern und ihren Kinder- und Jugendeinrichtungen zu ähnlich katastrophalen Reaktionen führt. Hier ist zum einen die Stadt Köln in der Pflicht, vor allem zukunftsorientierte Haushaltspositionen wie Jugend und Bildung mit höchster Haushaltspriorität zu versehen, statt auf Biegen und Brechen überdimensionierte Bau- und Gestaltungsprojekte durchzuziehen.

Darüber hinaus geht es aber auch darum, die Verteilung der Bundes- und Landesmittel zu Gunsten der kommunalen Ebene, auf der die für die Bürger spürbarsten Kostenbelastungen entstehen umzuorientieren. Einer solchen Zielsetzung aber steht wohl die neoliberale Doktrin des systematischen Eindampfens öffentlicher Ausgaben entscheidend im Wege.

Oswald Pannes