Internationaler Müll nach Köln?

Claus Ludwig

Rede in der Ratssitzung am 28.06.2012

Herr OB, meine Damen und Herren,

?Wir wollen für Köln überhaupt keinen ausländischen Müll. Es ist uns auch egal, ob sich dafür eventuell gute Verbrennungspreise erzielen lassen.? Soweit Dr. Fladerer, damals SPD-Fraktion, am 24. April 2008.

Heute beteiligt sich die SPD hingegen an einer politischen Erpressung der Bevölkerung: Wenn wir keinen Mülltourismus zulassen, steigen die Gebühren, heißt es. Dies wird uns dreist als automatisch und alternativlos verkauft.

Die überdimensionierte Müllverbrennungsanlage ist ein Kind von Klüngel und Korruption. Sie ist gegen den Widerstand vieler Bürgerinnen und Bürger durchgesetzt worden.

Heute bestätigen sich alle Warnungen der Kritikerinnen und Kritiker dieser Anlage: Sie ist zu groß.

Das war keineswegs überraschend. Durch das neue Kreislaufwirtschaftsgesetz werden Wertstofftonnen und Biotonnen fläckendeckend eingesetzt, nur Abfälle, die nicht auf andere Weise umverträglich verwertet werden können, dürfen in die Restmüllverbrennung.
Konsequenz: Die Abfallmenge wird geringer. Gleichzeitig schrumpfen Bevölkerung und produzierendes Gewerbe, auch hier geht die Abfallmenge zurück.

Während diese Entwicklungen absehbar waren, wurden nicht nur in Köln, sondern auch im Umland unsinnige Überkapazitäten geschaffen, die Verbrennungsanlagen und die hinter ihnen stehenden öffentlichen Beteiligungsbetriebe und Kommunen konkurrieren heftig miteinander.

Eine Studie von prognos im Auftrag des BUND kommt 2009 zu dem Schluss: ?Heute werden 2 Millionen Tonnen Müll mehr nach Deutschland importiert als exportiert. Diese Menge entspricht der Kapazität von 4 großen MVA oder einem mit Müll beladenen Güterzug von 1.000 km Länge?. Und die etablierten Parteien in Köln wollen noch einige Kilometer Waggons an diesen Müll-Intercity anhängen.

Statt einen Beitrag zu leisten, Abfallmengen zu reduzieren, wollen sie hier die Logik des Mülls als Ware im Sinne der FDP befördern.

Es kann nur einen Weg geben, mit der Frage der Überkapazitäten umzugehen: Es muss Reduzierung von Kapazitäten geben, Abfallwirtschaft darf kein Konkurrenzgeschäft sein, sondern muss von Städten und Gemeinden geregelt werden.

Die Stadt Köln hat mit dem Bau des Niehler Müllofens den Müll-Konkurrenzkampf seinerzeit massiv angeheizt. Jetzt könnte sie eine Rolle dabei spielen, in Kooperation mit anderen die Überkapazitäten zu reduzieren.

Falls es bei trotz der Einleitung dieses Abbaus noch Lücken bei den Gebühren ergeben sollten, schlagen wir vor, die Stadt möge sich an diejenigen halten, die damals mit korrupten Methoden das Projekt vorangetrieben und davon profitiert haben. Bei Herrn Trienekens und den mit ihm verbündeten Politikern dürfte es noch Restbestände von Vermögen geben.

Zu den Verkehrs-Folgen eines vermehrten Mülltransports: In der Verwaltungsvorlage heißt es, es würde zu keiner Erhöhung der LKW-Frequenz kommen. Mag ja sein. Aber andersrum wird ein Schuh draus: Es bietet sich hier die Chance, den stark mit LKW-Verkehr belasteten Kölner Norden zu entlasten ? die SPD hat dies bei der Debatte um den Godorfer Hafen selbst betont.
Und nun wollen sie dafür sorgen, dass das auf keinen Fall passiert.

Eigentlich geht es hier lediglich um eine Maßnahme, um die überdimensionierte MVA auszulasten. Aber sie geben sich ökologisch und behaupte, die Müllverbrennung in Deutschland wäre so viel besser als die Deponierung in anderen Ländern. Merken sie selbst nicht, wie bizarr dieses Argument ist? Die Logik daraus wäre, offensiv dafür zu plädieren, möglichst viel hier zu verbrennen oder zu produzieren, weil der vermehrte Transport weniger ökologisch belastend wäre als die Verarbeitung vor Ort.

Die GRÜNEN, die sonst dafür plädieren, lokal zu produzieren und zu konsumieren, was ja durchaus sinnvoll ist; treten für die Ausdehnung des europaweiten Verkehrs ein, weil die Müllverbrennung in Deutschland angeblich so modern und sicher ist.
Was machen Sie, wenn Sie entdecken, dass die Viehhaltung in Deutschland ökologisch unschädlicher funktioniert als in Spanien? Treten Sie dann für eine Joghurt-Offensive Richtung iberischer Halbinsel ein?

Richtig wäre hingegen: Keinen Mülltourismus, keinen weiteren Verkehr, den jetzigen reduzieren, und VOR ORT Recycling, Deponierung und Verbrennung verbessern.

Aber die ökologischen Argumente sind nur vorgeschoben. Die Müllofen-Fans wollen nicht zugeben, dass ihr Projekt irrsinnig war und die GRÜNEN scheinen mal wieder ihrem fehlgeleiteten Pragmatismus zu frönen, schon erprobt bei der Nord-Süd-Ubahn, ?wir wollten es nicht, aber jetzt, wo es das gibt, simmer dabei?.
Mit dieser Logik wäre kein einziges AKW abgeschaltet worden.

Die LINKE wendet sich gegen die Gebühren-Erpressung und steht zu ihren ökologischen Zielen: Kein Mülltourismus, sondern Vermeidung und Reduzierung der Abfallmengen. Daher unterstützt die Fraktion Die LINKE. den Änderungsantrag von Herrn Hoffmann.