Schwarz-Grün reißt ein Haushaltsloch, um ein anderes zu stopfen

Jörg Detjen

Haushaltsrede zur Verabschiedung des Doppelhaushaltes 2020/21 am 7.11.2019

Sehr geehrter Frau Oberbürgermeisterin,
sehr geehrte Damen und Herren,

mit diesem Doppelhaushalt haben wir das erste Mal seit 2014 wieder zwei Haushalte mit Kürzungen.

Wir hatten in den Jahren 2012, 2013 und 2014 einen sehr intensiven Dialog mit der Verwaltung: Mit Frau Schneider, Herrn Ropertz und der damaligen Kämmerin Frau Klug. In diesen Jahren hatten wir mehrfach Kürzungshaushalte – und zwar unnötige Kürzungshaushalte. Wir haben immer wieder darauf hingewiesen, dass die Ämter viel weniger ausgaben, als sie vorher geplant hatten. Das änderte die Kämmerei nach und nach, Plan und Ist näherten sich an. Damit kamen auch die Kürzungshaushalte zu einem Ende.

In den diesjährigen Haushaltsberatungen hat DIE LINKE Kürzungen öffentlich gemacht, die der Haushaltsentwurf vorsah. Das Jamaikabündnis hat sich über unsere Kritik nicht gefreut, aber immerhin mit einem Haushaltsbegleitbeschluss die Verwaltung mit der Rücknahme dieser Kürzungen beauftragt.

Die Grünen haben das verschämt so formuliert:
„Die Fachdezernenten sind somit jetzt in der Pflicht, notwendige Konsolidierungen nicht zu Lasten beschlossener Maßnahmen und Programme zu betreiben.“

Dass die Kürzungen zurückgenommen werden, ist schön. Aber dass schwarz-grün hierfür nicht die notwendigen Finanzmittel zur Verfügung stellt, ist nicht schön.

Die Kürzungen sollen durch Umschichtungen innerhalb des Dezernates zurückgenommen werden. Das bedeutet natürlich: Für jedes Loch, das an einer Stelle gestopft wird, wird an anderer Stelle ein neues aufgerissen.

Frau Kämmerin, sie müssen ihr Schatzkästchen öffnen. Und wir haben Glück, denn es ist voller als gedacht:

Der LVR hat die genauen Beträge der Landschaftsumlage genannt: 374,4 Mio. Euro. Somit stehen im Haushaltbeschluss, den wir heute vorliegen haben, immer noch 20,8 Mio. zu viel. Diese Mittel können Sie den Dezernaten zur Verfügung stellen.

In der Haushaltssitzung des Finanzausschusses erklärte unsere Kämmerin ihr Angebot für einen Dialog mit allen Akteuren. Dafür bedanke ich mich ausdrücklich!

Ich bedanke mich an dieser Stelle ebenfalls bei den betroffenen Akteuren, den vielen Vereinen und Initiativen, für ihr Engagement: Beim Stadtsportbund, den Willkommens-Initiativen, dem Runden Tisch für Integration, den Bürgerhäusern, den Jugendzentren, den Beschäftigten der VHS, dem hdak und den vielen anderen.

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Haushaltsänderungen von Jamaika und G-U-T sind eine Art Wünsch-Dir-Was-Wundertüte nach dem Motto, gibt mir dieses, dann bekommst Du jenes.

Da sind natürlich auch positive Sachen dabei, wie sollte es auch anders sein. Insgesamt aber muss man feststellen: Der Beitrag, den Jamaika zum Haushalt geliefert hat, ist super-kleinteilig und ohne Konzept.

Gespannt waren wir darauf, welche Investitionen in den Klimaschutz das Jamaikabündnis vorsehen würde. Damit wir die Kölner Klimaziele erreichen, muss Köln mehr als einen Zahn zulegen. Aber ist hierzu in Ihrem Änderungsantrag weitgehend eine große, leere Wüste. Meine Damen und Herren, wir beraten heute über Kölner Haushalte für die nächsten zwei Jahre! Wie können Sie bei diesem drängenden Thema diese Zeit einfach so vorbeistreichen lassen!

In der Diskussion über eine bessere Lebensqualität und Umweltgerechtigkeit haben wir von den LINKEN gesagt: Wir brauchen schnelle Änderungen und da muss man auch Geld in die Hand nehmen. Dem sind sie ausgewichen und haben gesagt, das Geld muss mit dem nächsten Haushalt bereitgestellt werden. Das ist aber erst 2022!

Unseren Änderungsantrag im Sommer zum Klimanotstand haben vehement abgelehnt. Aber erst mit diesem Änderungsantrag hätten wir konkrete Maßnahmen in Angriff genommen.

Die LINKE Ratsfraktion hier im Rat hat in ihrem Haushaltsentwurf zusätzliche 15 Mio. Euro für Radschnellwege vorgeschlagen. Von Ihnen – nichts!

Nichts – Keine Investitionen ist ihr Programm: CDU und Grüne konnten sich auf ein Investitionsprogramm in Sachen Ost-West-Stadtbahn nicht verständigen. Leider gab es keine Mehrheit für die oberirdische Variante, dann hätten wir ein Investitionsprogramm von 250 Mio. Euro, weitgehend aus dem Bundeshaushalt. Jetzt haben wir nichts!
Stattdessen Doppelplanungen für die Verwaltung! – Stillstand!

 

Neben diesen Stillstand gibt es aber auch einen Rückzug aus Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge:

  • Sie wollen sich aus der kommunalen Verantwortung für die Städtischen Kliniken herauswinden.
  • Sie wollen den Großmarkt komplett in private Hand geben und sich der öffentlichen Verantwortung der Versorgung der Bevölkerung mit frischen Lebensmitteln entziehen.
     
    Unser Gegenmodell lautet:
    Die Daseinsvorsorge in Köln mit Investitionen stärken und ausbauen.
    Wir haben in unserem Haushaltsentwurf für zwei Jahre eingeplant:
  • 84 Millionen Euro für Wohnungsbau
  • 50 Millionen Euro für Investitionen bei den Städtischen Kliniken
  • 2,5 Millionen Euro für ein Wohnheim für Erzieherinnen
  • 10 Millionen Euro für Baumaßnahmen für sichere Schulwege
  • 25 Millionen Euro für ein weiteres Schwimmbad
     
    Sehr geehrte Anwesende von CDU und Grünen,
    wir haben uns in den Aufsichtsräten der städtischen Beteiligungsunternehmen in den letzten Jahren immer wieder mit ihnen gestritten, wieviel Gewinne in den Haushalt fließen bzw. für Investitionen in den Unternehmen für die Daseinsvorsorgen verbleiben. Der Haushalt 2019 sah in seiner mittelfristigen Planung eine gewaltige Erhöhung der Gewinnabführung aus den Stadtwerken vor – annähernd eine Verdopplung auf fast 90 Mio. Euro! Diese Schädigung eines städtischen Unternehmens hatten Sie bedenkenlos mitgetragen – meine Damen und Herren von CDU, Grünen, FDP und GUT!
    Umso mehr freut uns, dass die Kämmerin nunmehr ein Machtwort gesprochen hat und die geplanten Abführungen in den Haushalt um einen zweistelligen Millionenbetrag reduziert hat. Damit werden den Stadtwerken dringend benötigte Investitionen möglich.


    Wir reiten auf den fehlenden Investitionen auch deshalb so herum, weil wir Anstieg von konsumtiven Mitteln nur dann in den Griff bekommen, wenn die Kommunen mehr investieren. Ich will ihnen ein Beispiel nennen: Wir haben uns hier im Rat vor einigen Jahren einstimmig für ein besseres Wohngeld ausgesprochen. Der Bund hat das gemacht. Das entlastet, dringend notwendig, die Mieterinnen und Mieter.
    Aber: Die wirklichen Gewinner sind die Vermieter. Sie steigern ihre Mietforderungen immer weiter und am Schluss landet das Wohngeld in ihren Taschen.
     
    Nachhaltiger und sozialer wäre es deshalb, mehr dauerhaft preiswerten Wohnraum zu schaffen. Hier das Geld zu investieren, um auf diesem Wege langfristig und gesichert gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen.
     
    Ich möchte meine Kernthese von der letzten Haushaltsrede bekräftigen:
    Nur durch die Schaffung von mehr kommunalen Wohnraum mit bezahlbaren Mieten wird die Kluft zwischen Arm und Reich nicht noch weiter auseinander gehen.
    Und diese strategischen Diskussionen werden hier im Rat und in seinen Ausschüsse leider nicht geführt, sondern nur kleinteilige Entscheidungen getroffen, ob die Stadt mehr X oder Y anschaffen soll.
     
    Die etablierten Parteien im Kölner Rat drücken sich vor wichtigen strategischen Entscheidungen. Bestes Beispiel: Die Bewerbung für die Olympischen Spiele 2032 an Rhein und Ruhr. Die Landesregierung tut so, als ob Köln dabei ist. Wir haben anders als in anderen Kommunen dazu keine Entscheidung getroffen. Die Debatte sitzen Sie einfach aus. Die LINKE wird diese Diskussion in den nächsten Monaten einfordern!
    Investitionen in die Olympischen Spiele sind keine langfristigen Investitionen in Daseinsvorsorge, sondern faktisch konsumtive Mittel für Brot & Spiele.
     
    Wenn Jamaika in Köln überhaupt investiert, dann in Hochkultur. In der letzten Ratssitzung haben sie weitere 150 Mio. Euro für die Städtischen Bühnen genehmigt, eine Gesellschaft für die mindestens 116 Mio. teure Historische Mitte gegründet und die Raumaufteilung für den Anbau des Wallraf-Richards-Museum beschlossen, ein weiteres 60-70 Mio.-Projekt. Das Kölner Bürgertum findet das angemessen. Wir nicht!
     
    Meine Damen und Herren,
    Köln nähert sich einem ausgeglichenen Haushalt an. Möglicherweise wird dieses Ziel in 2020 erreicht. Aber, meine Damen und Herren, einen generationengerechten Haushalt haben wir dadurch nicht.
    Generationengerechtigkeit bedeutet nicht nur, den nachfolgenden Generationen keine Schulden zu hinterlassen. Es bedeutet: Ihnen eine gute Ausbildung zu gewährleisten, einen Job, von dem man leben kann, eine Wohnung, die sie bezahlen können, eine Stadtgesellschaft, in der man füreinander einsteht.
    Meine Damen und Herren, dafür brauchen wir Ausgaben für die soziale Infrastruktur in Köln und dafür brauchen wir Investitionen!
    Die Kämmerei hatte vor zwei Jahren hierzu eine Studie vorgestellt, zusammen mit dem difu-Institut und dem Kölner FiFo. Das erschreckende Ergebnis war:
    Köln hat eine Tragfähigkeitslücke bei Investitionen von jährlich 460 Mio. Euro!
    Damit müssen wir uns beschäftigen und dafür müssen wir Lösungen finden!
     
    Lassen sie mich zum Schluss noch eine Bemerkung machen:
    Zurzeit kümmert sich das Kölner Max-Planck-Institut um die Kölner Stadtfinanzen. Ich wurde mit der Frage konfrontiert, warum sich die LINKE so viel Arbeit mit dem Haushalt macht, wenn ihre Forderungen doch sowieso abgelehnt werden.
    Ich habe darauf gesagt: Nur wer in die Tiefen des Haushaltes eindringt und eigene Vorschläge macht, blickt durch und kann mitreden.
    Ich würde mir wünschen, dass jede Fraktion sich diese Arbeit macht und wir endlich mal eine Diskussionskultur über strategischen Fragen der Haushaltspolitik entwickeln würden.

 

Die Sitzung des Rates zur Verabschiedung des Doppelhaushaltes 2020/21 mit allen Unterlagen ist hier zu lesen.