Haushaltsrede 2008/2009

Jörg Detjen

Ich möchte zwei Vorbemerkungen machen:

 

Die Vorredner der FDP haben hier groß rumgetönt. Aber sie sind noch nicht einmal dazu in der Lage, ihre haushaltspolitischen Aussagen in Zahlen bzw. in einem eigenen Veränderungsnachweis vorzulegen. Ein Armutszeugnis.

 

DIE LINKE. hat in der Sitzung des Finanzausschusses einen eigenen Veränderungsnachweise vorgelegt mit einem zusätzlichen Ausgabevolumen von 12 Mio. Euro und 31 Mio. Euro Einnahmen. Wer unseren Veränderungsnachweis mit dem von SPD, Grünen und CDU vergleicht, wird feststellen, dass unserem Vorschlag ?Ausbau des Naturfreundehauses Kalk? mit 190.000 Euro entsprochen wurde. Dafür vielen Dank an SPD und Grüne.  

Wechselnde Mehrheiten mit unserer Fraktion DIE LINKE. haben zum Erhalt wichtiger sozialer Infrastruktur beigetragen. Beispielhaft möchte ich hier den Erhalt der Schwimmbäder in Rodenkirchen, Weiden und Nippes nennen. Ohne unseren hartnäckigen Widerstand und ohne den Protest der Menschen vor Ort wären die drei Bäder geschlossen worden. Das hatte ja der Aufsichtsrat der KölnBäder mit den Stimmen von CDU, SPD, Grüne, FDP und der Stimme des OB bereits 2007 beschlossen.  

Lassen Sie mich aber zu den Haushaltskoalitionären von SPD, Grüne und CDU kommen. Peter Berger vom Kölner Stadt-Anzeiger schrieb in der letzten Samstagsglosse:?Nächstes Jahr wird gewählt. Jetzt kippt die Politik das Füllhorn über uns aus.? Da ist was Wahres dran: Ihr zusätzliches Haushaltspaket beträgt 43,7 Mio. Euro für beide Haushaltsjahre. Im vergangenen Jahr haben Sie noch mit der FDP ein mageres Zusatzpaket von 16,4 Mio. Euro geschnürt. Das heißt, Sie haben ca. 10 Mio. Euro mehr für beide Jahre draufgesattelt. Herzlichen Glückwunsch.  

Wir sind gespannt, wie nachhaltig diese Änderungen sind, zum Beispiel die Beitragsreduzierung im 3. Kindergartenjahr. Damit hat die CDU ihre  familienpolitische Duftmarke gesetzt. Wenn hier Geld mit der Gießkanne ausgeschüttet wird, fehlt das Geld, das in die Taschen gut verdienender Eltern fließt, bei der Bekämpfung der Kinderarmut. Die SPD hat 4,5 Mio. Euro in Beschäftigungsförderung gepackt und die Grünen dürfen in Zukunft auf neuen Radwegen mehr Fahrrad fahren.  

Doch der Wähler ist klug und durchschaut ihren Süßstoff und sieht die Zahlen: Für 2009 weist die Füllhornkoalition einen Fehlbetrag von 102,5 Mio. Euro aus. (VN4 noch -87,2 Mio). 2010 sind es dann 124 Mio. Euro. Es ist ein Armuts­zeugnis der Dreierkoalition und des Oberbürgermeisters, dass hier kein Deckungs­vorschlag gemacht wird. Und wenn man fragt, wo dann das Geld herkommen soll, ist der Stadtwerke-Konzern die einzige Quelle.  

In Ihrem Haushalt haben Sie für 2008 und 2009 jeweils 80 Mio. von den Stadtwerken eingeplant, also 160 Mio. Euro. Im vergangenen Haushalt wurde ihnen 70 Mio. entzogen, das wurde damals als ?Rekordsumme? bezeichnet.  

Und meine Damen und Herren, es stehen enorme Ausgaben an: 230 Mio. Euro für die Sanierung der Oper, jährliche Fehlbeträge der Messe von 27 Mio. Sie leihen der Sparkasse 210 Mio. Euro. Vom großen Gewinn durch den Kredit spricht man nicht mehr. Ein Plus/Minus-Geschäft ist jetzt angedacht. SPD und Grüne wollen die Rennbahn kaufen, das kostet bis zu 15 Mio. Euro. Die Stadtwerke kaufen große Teile der Bonner Energie­versorgung auf und beim Flughafen soll eine Privatisierung verhindert werden.  

Einige dieser Projekte mögen ja sinnvoll sein. Die RheinEnergie plant weitere Ankäufe von Geschäftsanteilen in großem Umfang. Es liegt aber kein Handlungs- und Finanzierungskonzept vor. Vor diesem Hintergrund ist der vorliegende Haushalt unverantwortlich. Das alte Kölner Sprichwort:?Et hätt noch immer joot jejange? mag eine Lebenseinstellung sein, aber nicht für Haushaltspolitiker.  

Mit dieser Politik treiben sie uns in die Haushaltssicherung und gefährden die städtischen Beteiligungsunternehmen. Wir sind z.B. dafür, den Gewinn bei der GAG zu belassen und in den Bau neuer und sozial verträglicher Wohnungen zu investieren. DIE LINKE. tritt außerdem für eine Politik der Re-Kommunalisierung ein. Auch das kostet zunächst Geld. Es wird uns aber nichts anderes übrig bleiben. Das sehen Sie doch bei der Diskussion über den Erhalt des Köln-Bonner-Flughafen.  

Die Sanierung der Oper, Investitionen und Re-Kommunalisierung lassen sich nur umsetzen, wenn wir die Finanzeinnahmen erhöhen. Eine Erhöhung des Gewerbesteuer-Hebesatzes um 30 Punkte brächte 30 Mio. Euro mehr in die Kasse. Nach den Kommunalwahlen sprechen wir uns wieder. Dann steht ein Kassensturz an und vielleicht auch ein Nachtragshaushalt.  

DIE LINKE. fordert eine Verbesserung der sozialen Grundstruktur: Den Ausbau des Köln-Passes für Geringverdiener, die bis 130% über den Regelsatz liegen. Mit zusätzlichen 250.000 Euro im Jahr ? so die Mitteilung der Verwaltung im Sozialausschuss ? wäre das möglich. Die Erstausstattung für Köln-Pass berechtigte Schulanfänger mit Schulranzen, Turnsachen und Schreibzeug wäre mit 442.000 Euro möglich. Die Einführung des Köln-Passes hat die soziale Grundstruktur enorm gefestigt und sie nutzt auch den städtischen Unternehmen: 1 Mio. Kunden mehr hat die KVB gewonnen, dazu fällt der Zuschuss an sie deutlich niedriger aus als geplant.

Die Einführung eines Sozialtarifs für Strom hat der Rat im Dezember 2007 eingefordert. Damit haben wir eine bundesweite Diskussion ausgelöst, die jetzt nicht richtig weiter kommt. Köln könnte hier eine Vorreiterrolle übernehmen. Unseres Erachtens wäre ein Mischmodell der richtige Weg: 500 Kilowattsunden im Jahr frei. Das macht ungefähr ein Betrag von 70 Euro aus, verbunden mit Förderung von ca. 30 Euro im Jahr, die man für 5 oder 10 Jahre im voraus auszahlt, um den Kauf von neuen, energiesparenden Elektrogeräten zu ermöglichen. Das wären dann ca. 100 Euro im Jahr und das entspricht Modellen von E.ON Bayern bzw. der REWAG in Regensburg. Der Ratsbeschluss wird inzwischen von der Liga der Wohlfahrtsverbände begrüßt und der Katholikenausschuss fordert seine Umsetzung.  

Stadtdirektor Guido Kahlen wird mehr Personal einstellen. Das begrüßen wir. Die Personalkürzungsvorschläge von Kienbaum waren eine Farce. Die Personalzusetzungen sind zum großen Teil durch die Übertragung von früheren Landesaufgaben notwendig geworden. Wir finden es aber sinnvoll, wenn z.B. weniger Gutachten aus dem Haus gegeben werden. Dafür sollen jetzt 20 Stellen zugesetzt werden. Die 170.000 Euro für das Kienbaum-Gutachten waren rausgeschmissenes Geld. Auch im Reinigungs- und Sicherheitsbereich könnte Personal zugesetzt werden und Fremdvergabe an Private zurückgeholt werden. Gerade in diesem Bereich findet Beschäftigung unter unerträglichen Bedingungen und mit Dumpinglöhnen statt. Die Stadt Köln muss aber für gute Arbeit auch guten Lohn bezahlen.  

Die Stadtverwaltung muss jetzt energisch die interkulturelle Kompetenz der Stadt verbessern. Auf diesem Wege können wir die städtischen Leistungen für Migrantinnen und Migranten verbessern, aber auch mehr Arbeit schaffen. Gerade im Gesundheitswesen könnte eine Patientenflucht in die Heimatländer verhindert werden. Wir brauchen auch deutlich mehr Personal mit Migrationshintergrund. Das kann jetzt bei den Neueinstellungen berücksichtigt werden.  

In Köln wird nur jeder zweite Jugendliche, der sich um einen Ausbildungsplatz bewirbt, versorgt. Gemeinsam mit dem DGB schlagen wir vor, inner- wie überbetrieblich, für eine vorübergehende Zeit auch außerbetrieblich, auszubilden. Jeder Jugendliche muss eine Ausbildung beginnen können.

Außerdem mahnen wir an dieser Stelle noch einmal die Verdopplung der Plätze für den Gemeinsamen Unterricht in den Regelschulen an. Besonders wichtig ist uns, dass jedes Kind, das in der Grundschule am Gemeinsamen Unterricht teilgenommen hat, in Zukunft auch in einer weiterführenden Schule am GU teilnehmen kann.  

Lassen Sie uns noch eine Bemerkung zum Rechtsextremismus machen: Entscheidend ist, was man dagegen tut. Dass die CDU der Breslauer Sammlung wieder 25.000 Euro zukommen lässt, ist ein Unding. Vor Jahren ist dieser revanchistischen Vereinigung der Geldhahn abgedreht worden. Der rechten Propaganda der Vertriebenenverbände muss man entgegentreten. Die Breslauer Sammlung ist eine Wallfahrtsstätte für rechte und rechtsextreme Personen.  

Wir werden den Beschluss zur Haushaltssatzung ablehnen, aber dem Bürgerhaushalt zustimmen. 10.000 Menschen haben sich beteiligt. Das ist ein Erfolg. Jetzt müssen wir das Konzept verbessern. Ziel muss es sein, dass Beratungen auf Stadtbezirksebene den Prozess inhaltlich weiterbringen. Denn DIE LINKE. macht Haushaltspolitik mit den Kölnerinnen und Kölner gemeinsam.

Hier geht's zum Veränderungsnachweis der LINKEN.