Haus und Museum der jüdischen Kultur

Michael Kellner

Die Stadt Köln kann nicht sehr stolz sein auf ihren Umgang mit den jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern im Laufe der Geschichte. Viermal wurden die Juden in Köln vertrieben oder ermordet, viermal wurden ihre Häuser, Synagogen, und ihre gesamte Habe vernichtet.

 

1096 wurden im Verlauf des 1. Kreuzzuges das Jüdische Wohnviertel und die Synagoge zum ersten Mal zerstört, alle jüdischen BewohnerInnen ermordet oder vertrieben 1349 wurden sie für die Pest verantwortlich gemacht, wiederum verjagt oder getötet, das jüdische Viertel wurde niedergebrannt und die wieder aufgebaute Synagoge zum 2. Mal zerstört. 1424 wurden die Juden zum 3. Mal aus Köln vertrieben und durften fortan die Stadt nur noch mit einem deutlich sichtbaren gelben Ring an der Kleidung betreten Zwischen 1941 und 1943 wurden 11 000 Juden aus Köln in die Vernichtungslager transportiert. 

Diese Geschichte entlässt die Stadt nicht mehr, und Köln hat sich ? wenn auch widerstrebend ? dieser Geschichte im Laufe der Zeit gestellt. NS-Dokumentationszentrum, ELDE-Haus und Stolpersteine sind sichtbare Zeichen dafür. Auch der Wunsch, ein ?Haus und Museum der jüdischen Kultur? in Köln zu errichten, ist in dieser Auseinandersetzung der Kölner Bürger und Bürgerinnen mit ihrer eigenen Vergangenheit entstanden.

Vor etwa 10 Jahren hat sich in Köln eine ?Gesellschaft zur Förderung eines Hauses und Museums der Jüdischen Kultur e.V.? gegründet, die sich die Errichtung eines Hauses und Museums der jüdischen Kultur zum Ziel gesetzt hat. Sie konnte bald ihr Vorhaben mit einem anderen, einem städtischen Plan verbinden, der den Bau einer archäologischen Zone vorsah. Bald bahnte sich ein gemeinsamer Weg beider Bauvorhaben, die sich zu ergänzen schienen, an. Die damalige Koalition im Rat aus CDU und FDP beschloss bereits 1999, den Rathausplatz für das Gebäude des jüdischen Museums vorzusehen.

Aber Koalitionen ändern sich und damit oft genug auch Beschlüsse. Der Rathausplatz wurde zum Zankapfel zwischen der Stadt, den Parteien, der Gesellschaft und den Bürgern und Bürgerinnen.

In der Ratssitzung am 18.05.06 forderten zwei Anträge den Bau eines solchen ?Hauses und Museums der Jüdischen Kultur?. Der Antrag der CDU spricht sich versteckt, aber umso massiver gegen jede Bebauung des Rathausplatzes aus. Der Antrag von SPD, den Grünen und der FDP, der auch von der Fraktion DIE LINKE. Köln unterstützt wurde, spricht sich für den Rathausplatz als ?einzig mögliche(n) Standort? und für einen ?Zusammenhang? mit dem Projekt der archäologischen Zone aus. Er macht die Realisierung auf dem Rathausplatz allerdings von einigen Maßgaben wie einer breiten öffentlichen Debatte, einem geeigneten  Qualifizierungsverfahren etc. abhängig. Die Vorlage von SPD, Grünen und FDP findet ? auch mit den Stimmen der Fraktion DIE LINKE. Köln - in der Ratssitzung eine Mehrheit.   

Mit diesem Beschluss scheinen allerdings die Probleme erst richtig zu beginnen. Die Regionale 2010 steht vor der Tür, und die Landesregierung winkt bereits mit erheblichen Geldern (bis zu 80 % der förderfähigen Kosten) für den Bau der archäologischen Zone. Die Gelder sollen schon im September 2008 beantragt werden. Es eilt also. Gleichzeitig kann die ?Gesellschaft zur Förderung eines Hauses und Museums der jüdischen Kultur e.V.? noch keine verbindlichen Aussagen über die Finanzierung des Hauses machen ? sie alleine ist mit dem zugehörigen Stifterrat für die Finanzierung zuständig.

Mit der Verleihung des 1. Preises nach einem europaweiten Wettbewerb zur Errichtung der archäologischen Zone und des ?Hauses der Jüdischen Kunst und Kultur? (neuer Name) tischt die Kölner Presse die Frage der Bebauung des Rathausplatzes erneut und groß auf. Gleichzeitig werden die Ergebnisse des Wettbewerbes ausgestellt und zahlreiche Bürger und Bürgerinnen beteiligen sich an einer schriftlichen Diskussion. 52 % lehnen eine Bebauung des Rathausplatzes ab.

Schließlich kommt es im Hauptausschuss am 04.08.2008 erneut zu einer heftigen Diskussion zur Frage der Bebauung des Rathausplatzes und zu einer möglichen Entkoppelung von Archäologischer Zone und Haus der Jüdischen Kunst und Kultur. Mehrere Dringlichkeitsanträge liegen zu diesem Thema vor.

Der Antrag von SPD, Grüne und FDP setzt sich durch: Es bleibt bei der Bebauung des Rathausplatzes, allerdings in abgespeckter Form. Nebengebäude sollen auf dem Grundstück des früheren Kaufhauses Kutz errichtet werden. Eine Entkoppelung soll möglichst vermieden werden. Die endgültige Entscheidung wird der Rat in seiner Sitzung am 28. August fällen.