Gute Mobilität braucht attraktiveren ÖPNV
Rede von Güldane Tokyürek zur Aktuellen Stunde zur Mobilität in Köln auf der Ratssitzung am 6. Februar 2023
Die Fraktion DIE LINKE hatte den Antrag auf eine Aktuelle Stunde "Arbeitsbedingungen und Ausbau der KVB" gestellt. Eine Mehrheit bekam aber der Antrag der FDP über "Mobil in der Stadt - Unzufriedenheit mit der Mobilität in Köln" zu sprechen.
Sehr geehrte Oberbürgermeisterin Reker, liebe Kolleginnen und Kollegen,
Verkehr ist ein Dauerthema in Köln und der ADAC Monitor 2024 „Mobil in der Stadt“ zeigt, in welchen Bereichen die Unzufriedenheit der Bürger*innen besonders groß ist. Neu dürfte das für uns nicht sein. Schließlich bewegen wir uns alle als Verkehrsteilnehmer durch die Stadt. Dass jetzt die Unzufriedenheit der PKW-Fahrer*innen besonders hervorgehoben wird, ist nicht nachvollziehbar.
Schaut man sich die Auswertung im Bericht genauer an, so sind die größten Ärgernisse die Höhe der Parkgebühren, das Parkraumangebot in der Innenstadt, das Verhalten der E-Scooter Fahrer*innen und Baustellen. Bei allem Verständnis für die Unzufriedenheit von PKW-Fahrer*innen ist für uns klar, dass der PKW nicht den Verkehr der Zukunft abwickeln kann. Wer sich über hohe Parkgebühren und fehlende Parkraummöglichkeiten in der Innenstadt ärgert, hat die Verkehrswende nicht verstanden.
Zur Wahrheit gehört dazu, dass die Verwaltung an alternativen Mobilitätslösungen arbeitet. Allerdings geht das nicht von heute auf morgen. Die Umsetzung ist langwierig und sehr oft von kontroversen Debatten begleitet, Stichwort Verkehrsversuche. Dass die Unzufriedenheit dann groß ist, ist nicht verwunderlich. Wer möchte denn schon gerne Privilegien abgeben?
Der ADAC-Bericht sollte nicht unsere eigene Vorstellung bestärken, sondern die Analyse dahinter ist wichtig. Ein Mobilitätsexperte des ADAC in NRW hat das so zusammengefasst: „Die zunehmende Flächenkonkurrenz sowie höhere Erwartungen an Verkehrssicherheit, Umwelt- und Gesundheitsschutz stellt die Städte vor große Herausforderungen. Der Verkehr ist stark gewachsen, der Platz auf der Straße aber derselbe geblieben. Die kommunalen Verkehrssysteme laufen am Limit. Das spiegelt sich in Staus, längeren Pendelzeiten oder vollen Bussen und Bahnen wider. Und der ÖPNV leidet unter dem derzeitigen Fachkräftemangel. Dabei bräuchte es dringend mehr Zuverlässigkeit und Kapazitäten“.
Ausschlaggebend ist daher für uns, wie gut wir den ÖPNV ausbauen und stärken. Der ÖPNV muss zur Hauptbasis des Verkehrs und alle notwendigen Mittel dafür eingesetzt werden. Dies fördert die Nachhaltigkeit und auch den Klimaschutz. Nur ein gut ausgebauter, kostengünstiger ÖPNV, der dazu noch zuverlässig ist, kann insbesondere PKW-Fahre*innen zum Umstieg bewegen. Aktuell sind wir noch weit weg davon. Das sollte uns unzufrieden machen.
Unter dem Motto „Wir fahren zusammen“ fordern ver.di und Fridays for Future in einer gemeinsamen Petition, dass Bund und Länder ihr Versprechen einer Verdopplung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) bis 2030 verwirklichen. Hierfür müssten 16 Milliarden Euro mehr pro Jahr für den ÖPNV bereitgestellt werden. Voraussetzung dafür ist, dass die Forderungen der ÖPNV-Beschäftigten in den jetzt anstehenden Tarifverhandlungen im Nahverkehr umgesetzt werden. Bei der Tarifrunde Nahverkehr geht es vor allem um eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Zu den Kernforderungen gehören Entlastungselemente: Verkürzung der Wochenarbeitszeit, Erhöhung des Urlaubsanspruches, zusätzliche Entlastungstage für Schicht- und Nachtarbeit sowie Begrenzung geteilter Dienste und unbezahlter Zeiten im Fahrdienst.
Ohne bessere Arbeitsbedingungen ist der Ausbau des Nahverkehrs angesichts des Personalmangels nicht machbar. Das Deutschlandticket hat zwar mehr Nachfrage, aber nicht mehr ÖPNV gebracht. Es genügt auch nicht, mehr Busse und Straßenbahnen anzuschaffen. Es ist kein Geheimnis: Es braucht Menschen, die den ÖPNV ermöglichen und das auch gerne tun: im Fahrdienst, in den Werkstätten, in der Verwaltung. Und Menschen machen ihre Arbeit gerne, wenn die Arbeitsbedingungen zumutbar und attraktiv sind.
Das wird zusätzlich Geld kosten – Bund und Länder müssen die Kommunen dafür dauerhaft unterstützen.
Die Arbeitgeber erteilten den ver.di Forderungen eine deutliche Absage. Ihre einfache Rechnung in Anbetracht angespannter kommunaler Haushalte: höhere Defizite der Unternehmen bedeuten weniger ÖPNV. Die Lösung: Steigerung der Produktivität.
Liebe Kolleg*innen das ist keine Lösung, sondern absurd. Die Erhöhung der Produktivität ohne echte Verbesserung der Arbeitsbedingungen geht an der Realität vorbei. Festzustellen ist: Es fehlt eine nachteilige Finanzierung des ÖPNV. Wir können und dürfen uns nicht auf den Status Quo ausruhen. Sonst wird uns die Verkehrswende nicht gelingen, die wir aber dringend brauchen. Wir können absehen, dass nur mit viel Druck und Solidarität Verbesserungen zu erreichen sind.
Die Forderungen sind klar: Ohne Fahrer*innen gibt es keinen Busbetrieb, und ohne gute Arbeitsbedingungen wird es keine Verkehrswende geben. Deshalb unterstützend wir ver.di und Fridays for Future.
Die Inhalte der Aktuellen Stunde wurden zur Weiterbearbeitung in die Verwaltung überwiesen.