Gesamtschulen und Gymnasien in Köln

Özlem Demirel

Rede zur Ratssitzung am 02.02.2010

Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren,

?Elternwille statt Ideologie? betitelt die Kölner CDU ihren vorliegenden Antrag. Leider nimmt die CDU diese Überschrift selber nicht ernst. Denn schließlich haben sich 62 % der Eltern tatsächlich gegen das selektive Schulsystem und für das längere gemeinsame Lernen von Schülerinnen und Schülern ausgesprochen. Das eine Mehrzahl der Eltern in dem jetzt bestehenden Schulsystem das Gymnasium als Wunschschule für ihr Kind angeben, ist keine Bestätigung des selektiven Schulsystems, sondern ein natürlicher Reflex der Eltern, die beste Perspektive für ihr Kind zu wünschen.

Meine Damen und Herren, 82 % aller Eltern haben sich für eine Schulform ausgesprochen, bei der ihr Kind das Abitur erlangen kann. Dass dabei auch 59 % der Eltern das Gymnasium als Wunschschule angegeben haben, dürfte uns doch nicht wirklich verwundern, denn tatsächlich ist das Gymnasium in der derzeitigen Lage die bestgeförderte und angesehenste Schulform. Hier wird aber nur eine kleine Minderheit elitär ausgebildet. Diese Begünstigung ist aber sozial ungerecht, zumal die PISA-Studie deutlich belegt hat, dass es nichts anderes als sozioökonomische Selektion ist. Nicht die tatsächlichen Bedürfnisse und Begabungen der Kinder stehen im Vordergrund, sondern der Geldbeutel und der Bildungsgrad der Eltern. Mit  9 Jahren wird die Zukunft eines Kindes vorbestimmt. Eine tatsächliche individuelle Bildung nach Bedürfnissen und Begabungen findet nicht in einem selektiven Schulsystem statt. Dies hat auch eine Mehrzahl der Eltern erkannt und spricht sich eben deshalb für das längere gemeinsame Lernen aus. Untermauert wird dieser Zuspruch für Eine Schule für Alle als Regelschule auch von diversen wissenschaftlichen Studien.

Meine Herren von der CDU, ihr Antrag ist vor allem deshalb nicht ernst zu nehmen, weil er nur ein verzweifelter Versuch ist, gegen die neue Gesamtschule in Nippes vorzugehen. Mit ihrem Antrag betreiben sie nichts weiter als Populismus, denn schließlich sind sie und die Landesregierung die vehementesten Befürworter von verbindlichen Schulempfehlungen. So ist doch im Schulgesetz verankert, dass Kinder, die eine Empfehlung für ein Gymnasium oder eine Realschule haben, darauf einen Rechtsanspruch genießen. Dabei kann es vorkommen, dass sie nicht auf ihre Wunschschule kommen, aber es ist garantiert, dass sie auf eine Schule der gewünschten Schulform kommen. Anders ist dies bei den Gesamtschulen, deshalb musste in den vergangenen Jahren so hart für die Errichtung einer weiteren Gesamtschule gekämpft werden. Wie absurd Schulempfehlungen sind, wird daran deutlich, dass 70% der Abiturienten an Gesamtschulen ursprünglich eine Haupt- oder Realschulempfehlung hatten. Wer tatsächlich für Chancengerechtigkeit steht und den Elternwillen, die besten Zukunftsperspektiven für ihr Kind zu ermöglichen, ernst nimmt, der müsste sich gegen das selektive Schulsystem und für Eine Schule für Alle aussprechen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU ihr Antrag ist eine Farce und populistisch. Sie versuchen die Eltern vorzuführen indem sie die tatsächliche Gesetzeslage auf Landesebene verschweigen. Wir werden ihren Antrag ablehnen, aber ich schlage ihnen vor, dass wenn sie den Elternwillen tatsächlich ernst nehmen, wir eine gemeinsame Kampagne gegen verbindliche Schulempfehlungen starten.