Erweiterung Köln Pass / kostenlose Erstausstattung

Jörg Detjen

Ratsrede zum gemeinsamen Antrag mit SPD und Grüne

Der Köln-Pass wird von vielen Kölnern genutzt. Bereits 190.000 Menschen haben ihn beantragt. Das sind fast ein Fünftel aller Einwohnerinnen und Einwohner Kölns. Das zeigt eine tiefe Spaltung der Stadtgesellschaft in solche, die teilhaben und solche, die ohne finanzielle Unterstützung noch weiter ausgeschlossen wären. Sie brauchen unsere Unterstützung und Solidarität. Im Zuge der krisenhaften Entwicklung im Moment wird ihre Zahl eher steigen als fallen.  

Und, meine Damen und Herren von CDU und FDP, die sie den Köln-Pass ablehnen und bekämpfen: Es ist nicht so, dass die ?Leistungsträger?, die sie so gerne unterstützen wollen, nicht vom Köln-Pass profitieren. Denn jeder kann von Entlassungen und Armut betroffen sein. Die Vorgänge um Arcandor sollten Ihnen eine Warnung sein. Ihre Ideologie, dass jeder Arme an seiner Armut selbst schuld ist, ist menschenverachtend.  

Jeder verantwortungsvolle Ratspolitiker sollte dabei mithelfen, ein Netz von kommunaler Mindestsicherung für diejenigen aufzuspannen, die ihren Arbeitsplatz verloren haben oder so wenig verdienen, dass sie trotz Arbeit arm bleiben. Genau das tut dieser Ratsantrag mit der Erweiterung der Bemessungsgrenze auf 130%.  

Gefordert haben wir das ja schon bei Einführung des Köln-Passes. Schön, dass wir uns mit SPD und Grünen jetzt verständigen konnten. Auch unsere zweite Forderung nach kostenloser Erstausstattung wird jetzt umgesetzt. Im Februar, als wir unseren Antrag auf die Erstattung der Erstausstattung schon einmal gestellt haben, zierte sich Rot-Grün ja noch.  

Denn dieser Antrag zum Köln-Pass hat noch eine weitere Gruppe im Blick, die ebenfalls nicht zu den ?Leistungsträgern? in dieser Gesellschaft gezählt werden können: Arme Kinder.  

Meine Damen und Herren von der CDU, mit Ihrem dreisten Antrag versuchen Sie, Arbeitslose und Geringverdiener gegeneinander auszuspielen. Wenn Sie die Gleichstellung von Geringverdienern wollen, dann bitten Sie doch Ihre Bundesregierung mehr für Geringverdiener zu tun und pfeiffen Sie Ihre CDU-Ministerpräsidenten zurück, die von Mehrwertsteuererhöhung schwärmen. Wir wollen die Gleichstellung, allerdings im Erweitern der Leistungen, nicht im Kürzen. Ihr Antrag ist eine Schande.  

Wenn Mäppchen, Ranzen und Turnzeug gekauft werden müssen, ist das für viele Erwerbslose und Geringverdiener ein schier unlösbares Problem. Schließlich erkennt die Stadt Köln bereits einen besonderen Bedarf für die Erstausstattung an, wenn es um Kölner Pflegekinder geht. Arbeitslose und Geringverdiener können diese Anschaffungen erst recht nicht aus der ?Portokasse? zahlen.  

Gerade die einmaligen Anschaffungen aber begleiten das Kind mehrere Jahre. Sie müssen nicht nur sicher und gesundheitsförderlich sein. Sie sollen auch der Stigmatisierung und Benachteiligung von armen Kindern entgegenwirken. Ein Billig-Schulranzen stigmatisiert eben nicht nur, er fügt dem Rücken eines Sechsjährigen auch leichter Schäden zu als ein gesundheitsförderlich entwickelter, aber eben darum auch teurerer Schulranzen. Und ergibt nicht der eben erstellte Gesundheitsbericht ?Kinder im Vorschulalter? nicht ohnehin eine gesundheitliche Benachteiligung von armen Kindern?  

In diesem Zusammenhang offenbart es Realitätsverlust, wenn über die CDU-Bundestagsabgeordnete Ursula Heinen in der Kölnischen Rundschau steht, ?sie findet es fraglich, ob Eltern jenseits der Bemessungsgrenze des Köln-Pass ihrem Kind einen so teuren Schulstart ermöglichen können.? Denn diese Kosten sind ja nicht willkürlich angesetzt, sondern berücksichtigen nur die Anschaffungen, die Grundschulen im Durchschnitt von den Eltern verlangen. Der Deutsche Kinderschutzbund geht ohne den Eigenanteil an Lernmaterial sogar von Kosten von 250 Euro aus.  

Dass man Kindern ihre Armut schon an den Schulsachen ansieht, gehört in Köln hoffentlich bald der Vergangenheit an. Damit sind wir einen wichtigen Schritt in Richtung Bildungsgerechtigkeit und Bekämpfung von Kinderarmut weiter gekommen.  

Nun stoßen wir in Köln wieder einmal eine Entwicklung an, die hoffentlich auch diesmal bundesweite Nachahmer findet. Denn der Köln-Pass ist inzwischen ein Modell, an dem sich andere Kommunen orientieren.