Eine weitere Gesamtschule für Köln

Özlem Demirel

Rede zum Antrag der LINKEN auf der Ratssitzung am 30.6.2009

Am Bildungsstreik in Köln haben mehrere Tausend SchülerInnen, Studierende und Auszubildende teilgenommen. Ihre Forderungen waren deutlich. Sie positionierten sich gegen das mehrgliedrige Schulsystem - für seine Abschaffung, für kostenlose Bildung für Alle, Chancengerechtigkeit und bessere Lernmöglichkeiten. Die Symptome eines kranken Bildungssystems werden immer deutlicher und neben der Wirtschaftskrise gibt?s derzeit auch eine Bildungskrise. 265 Tausend Jugendliche haben verdeutlicht, dass es so nicht mehr weitergehen kann.

Auf dem Kölner Bildungsstreik wurde diese Forderung auch runter gebrochen. So wurde auf den Kundgebungen in verschiedenen Reden deutlich gemacht, dass in Köln die Ablehnungen an den Gesamtschulen nicht länger geduldet werden. Die Forderung nach einer weiteren Gesamtschule in Köln wird immer lauter. Auch die Fraktion DIE LINKE. Köln setzt sich seit Jahren für die Gründung mindestens einer weiteren Gesamtschule ein. Dazu haben wir zahlreiche Anfragen gestellt. Seit Jahren wird in Köln der erklärte Eltern- und Schülerwille missachtet. Das zeigen die Ablehnungen von mehreren Hundert Schülern im Jahr. Die Nachfrage nach einer weiteren Gesamtschule ist groß. Der Bedarf ist deutlich vorhanden. 

Meine Damen und Herren, insbesondere die Damen und Herren der CDU und FDP, wenn es um das mehrgliedrige Schulsystem geht, führen sie gerne den Elternwillen an. Mit Argumenten wie ?Die Eltern wollen das so? oder ?Nur so wird jeder nach seinen Fähigkeiten gefördert? wird das überalterte, selektive Schulsystem - welches ein Erbe aus dem Kaiserreich ist - verteidigt. Das Anmeldeverhalten zeigt allerdings in Köln (und dies nicht nur in Köln), dass die Eltern sehr wohl eine Alternative zum dreigliedrigen Schulsystem bevorzugen.  

Doch selbst ihre ureigene Argumentation ?Elternwille? machen sie alle in Köln zunichte. Denn bei der Anmeldung zum Schuljahresbeginn 2009/10 wurden erneut ca. 800 Kinder an Kölner Gesamtschulen abgelehnt. Aber trotzdem wurde und wird dieser Wunsch und Wille der Eltern und SchülerInnen nicht beachtet.  

In den vergangenen Jahren wurde die Diskussion zur Gründung einer weiteren Gesamtschule immer mit Vorschriften der Landesregierung, es müsse eine Drittelparität gewährleistet werden, abgeblockt. Nun hat das Verwaltungsgericht Köln kürzlich festgestellt, dass für die Einrichtung einer Gesamtschule diese nicht zwingend notwendig ist. Das heißt die formale Hürde ist gefallen. Nun ist der politische Wille entscheidend.  

Meine Damen und Herrn, merkwürdigerweise haben SPD und Grüne im vergangenen Schulausschuss auch mit einem Dringlichkeitsantrag beschlossen, eine Elternbefragung zum Wechsel auf eine weiterführende Schule sowie eine Fachtagung zum Thema ?Längeres Gemeinsames Lernen? durchzuführen. Dieser Antrag geht der LINKEN allerdings nicht weit genug.  

Denn nun muss endlich gehandelt werden. Ein klares Bekenntnis zu einer weiteren Gesamtschule fehlt. Um keine Zeit zu verlieren, sollte die Verwaltung nun schon prüfen, welche konkreten Maßnahmen dazu erforderlich sind. Eine allgemeine Diskussion zum Thema Gemeinschaftsschule ohne folgende konkrete Maßnahmen im Schulentwicklungsplan bringt uns nicht weiter. Deshalb sollte die Fachtagung sich auch explizit auf den Schulentwicklungsplan beziehen.

Das Anmeldeverhalten der Eltern in den vergangenen Jahren hat bereits verdeutlicht, welches Ergebnis die Elternbefragung haben wird. Auch das Ergebnis der Befragung in St. Augustin - welches uns ja inspiriert hat - hatte ein deutliches Ergebnis.  

Meine Damen und Herren, seit Jahren macht DIE LINKE deutlich, dass es eine grundsätzliche Debatte zur Bildungsstruktur und zum Bildungssystem geben muss. Wir als Linke wissen auch genau, was wir fordern. Eine Schule für alle ist unsere Grundposition, im Gegensatz zu der Forderung nach einer Gemeinschaftsschule, bei der selbst ihre Urväter nicht genau wissen, was dahinter steckt. Wir leiten unsere Forderung her, begründen sie und sagen in der Öffentlichkeit, was explizit dahinter steckt.

Doch das Verwunderliche im Moment ist, dass genau die Parteien, die uns bislang immer wieder vorgeworfen haben, dies liege nicht in der Entscheidungskompetenz der Kommune, nun genau diese Diskussion anregen und dabei der wirklichen kommunalen Verantwortung, eine weitere Gesamtschule einzurichten, aus dem Weg gehen. Im Gegensatz zu Ihnen machen wir keine Lippenbekenntnisse, sondern fordern umgehend die Errichtung einer weiteren Gesamtschule.    

Meine Damen und Herren, Jedes weitere Jahr mit zu wenigen Gesamtschulplätzen in Köln bedeutet mangelnde Chancen für unsere Kinder. Jedes weitere Jahr bedeutet auch, dass wir den Willen der Eltern und SchülerInnen missachten. Dies ist nicht mehr hinzunehmen. Deshalb möchten wir heute, dass Verwaltung die notwendigen Maßnahmen hin zu einer Gesamtschulgründung prüft und diese so schnell wie möglich vorlegt.