Die Kölner Stadtbibliothek im Vergleich der Großstadtbibliotheken

Anfrage zur AVR-Sitzung am 28.03.2011

Sehr geehrter Herr Granitzka,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Roters,

wir bitten Sie, folgende Anfrage auf die Tagesordnung der kommenden Sitzung des Ausschusses Kunst und Kultur zu nehmen:

Laut geplanter ?Neufassung der Benutzungs- und Entgeltordnung der Stadtbibliothek Köln? soll auf Einzelgebühren bei der Ausleihe elektronischer Medien wie Hörbücher und Filme verzichtet werden. Das ist zu begrüßen. Um die Einnahmeverluste auszugleichen, soll allerdings der Beitrag für eine Jahreskarte von jetzt 23,50 Euro auf 38,- Euro angehoben werden.

In vielen anderen bundesdeutschen Großstädten liegen die Jahresgebühren unter 20,- Euro, ohne dass Extragebühren für die Ausleihe elektronischer Medien erhoben würden. In Düsseldorf werden 16,- Euro berechnet, in Frankfurt 12,-, in München 20,-. Selbst finanziell schwache Ruhrgebietsstädte liegen in diesem Bereich: Bochum mit 18,- Euro, Essen mit 20,- und Duisburg mit sogar nur 12,- Euro.

Vor diesem Hintergrund stellt die Fraktion DIE LINKE folgende Fragen:

  1. Wieso kann die Kölner Stadtbibliothek die Ausleihe auch elektronischer Medien nicht zu einer Jahresgebühr im Bereich der oben aufgeführten Stadtbibliotheken anbieten? Wie hoch wäre der zusätzliche finanzielle Bedarf der Stadtbibliothek, um dies ohne Steigerung der Jahresgebühren zu ermöglichen?
    Wir bitten bei der Beantwortung um die Berücksichtigung eines möglichen Anstiegs der Benutzerzahlen durch die höhere Attraktivität des Angebots und um die Berücksichtigung möglicher höherer Einnahmen aus Mahngebühren durch einen Anstieg der Ausleihe elektronischer Medien.
  2. Berücksichtigt die Verwaltung bei der Berechnung der Einnahmen nach dem neuen Gebührenmodell ein mögliches Absinken der Zahl an Jahresmitgliedschaften aufgrund der gestiegenen Gebühr? In welcher Höhe wird ein Absinken erwartet?

 

In der Deutschen Bibliotheksstatistik (DBS) werden jährlich auf Basis der Daten bundesdeutscher Stadtbibliotheken sogenannte Indikatorenraster erstellt. Sie ermöglichen den Vergleich von Bibliotheken anhand von etwa 20 Qualitätskriterien aus den Bereichen Service, Nutzung, Personal und Finanzen. Bereits ein erster Vergleich anhand der Planzahlen des Haushalts 2010 macht deutlich, dass die Kölner Stadtbibliothek sich hinsichtlich vieler dieser Kriterien in den Extrembereichen dieser Statistik bewegt:

Während die Kölner Stadtbibliothek sehr niedrige Werte bei den Medien pro Einwohner, der Erneuerungsquote und bei den Besuchen pro Einwohner aufweist, liegt sie bei der Zahl der Entleihungen pro Mitarbeiter und beim Anteil der (durch Gebühren) selbst erwirtschafteten Mittel an den Gesamtausgaben an der Spitze der Statistik.

Diese Extremwerte scheinen darauf hinzudeuten, dass die Kölner Stadtbibliothek finanziell unzureichend ausgestattet ist. Die Mitarbeiter der Bibliothek erbringen unter hoher Arbeitsbelastung sehr gute Leistungen. Sie können aber mit ihrem Engagement die mangelhafte Ausstattung nicht komplett ausgleichen.

Einen ähnlichen Eindruck gewinnt man, wenn man die ?Kriterien für gute Bibliotheken? heranzieht, die von der BID (Bibliothek und Information Deutschland), dem Dachverband der Verbände des Bibliotheks- und Informationswesens heranzieht. Sie werden in der Broschüre ?Grundlagen für gute Bibliotheken ? Leitlinien für Entscheider? dargestellt. Kommunen sollten sich diese Qualitätskriterien als Ziele setzen um sicherzustellen, ?dass öffentliche Bibliotheken ihre gesellschaftlichen Aufgaben nachhaltig erfüllen können? (S.5).

Bei den wenigen Kriterien, zu denen Zahlen frei verfügbar sind, erreicht die Kölner Stadtbibliothek gerade einmal 50% des empfohlenen Zielwertes, z.B. bei den Medien pro Einwohner oder bei den Bibliotheksbesuchen pro Einwohner.

Damit die Kölner Stadtbibliothek diese Qualitätskriterien erreichen kann, muss sie angemessen finanziell ausgestattet werden. In den letzten Jahren verbesserte sich die finanzielle Ausstattung der Stadtbibliothek jedoch nicht, sondern verschlechterte sich sogar. In den Kürzungshaushalten der vergangenen Jahre wurde der Etat der Stadtbibliothek immer wieder zusammengestrichen, so der Medienetat von etwa 1,2 Mio. Euro in 2008 auf 845.000 Euro in 2010.

Für 2011 ist zwar eine Erhöhung des Medienetats um 280.000 Euro vorgesehen. Aber auch mit dieser Erhöhung erreicht der Medienetat nicht die Höhe, die er vor den letzten Kürzungsrunden hatte, und läge noch immer deutlich unter dem Bundesdurchschnitt. Aber selbst diese Erhöhung wird offenbar von der Kämmerei blockiert bis Einnahmen aus der Kulturförderabgabe fließen.

Vor diesem Hintergrund stellt die Fraktion DIE LINKE die folgenden Fragen:

  1. In welchen Bereichen der Stadtbibliothek sind in den letzten Jahren Serviceleistungen ausgebaut worden ohne eine entsprechende Aufstockung an festem Personal? Wie hoch ist der Anteil befristet Beschäftigter und ist eine Entfristung geplant?
  2. Wie liegt die Kölner Stadtbibliothek im Vergleich mit den Stadtbibliotheken anderer Großstädte (nach dem Indikatorenraster der DBS) und wie im Vergleich zu den Indikatoren der BID für gute Bibliotheken?
    Da das Indikatorenraster der DBS für 2010 noch nicht verfügbar ist, bitten wir um eine Darstellung für 2009.
    Um die Entwicklungstendenz der Kölner Stadtbibliothek deutlich zu machen, bitten wir zudem um die Darstellung der Kölner Daten von 2010 bezüglich der obigen Indikatoren.
  3. Wie hoch wäre der finanzielle Aufwand, damit die Kölner Stadtbibliothek z.B. hinsichtlich Medienausstattung, Erneuerungsquote, Personalausstattung pro Einwohnerzahl wenigstens die 50%-Marke des DBS-Indikatorenrasters bzw. die Kriterien für gute Bibliotheken der BID erreichen würde?

Mit freundlichen Grüßen

gez.

gez.

 

 

Jörg Detjen

Gisela Stahlhofen

Fraktionssprecher

Fraktionssprecherin