Die aktuelle weltweite Finanzkrise und die Auswirkungen auf der Stadt Köln

Jörg Detjen

Antrag der LINKEN auf Aktuelle Stunde

Der US-Ökonom Josef Stiglitz erklärte am 23.10. in einem Interview im Kölner Stadt-Anzeiger auf die Frage zum Ende des Neoliberalismus: ?Abgesehen von einigen unbelehrbaren Hardlinern wird wirklich jeder sagen, dass dies das Ende des Markt-Fundamentalismus ist. Der Fall der Wallstreet ist für den Markt-Fundamentalismus das, was der Fall der Mauer für den Kommunismus gewesen ist.?  

Als 2001 die Privatisierung der GAG scheiterte, starteten die Marktfundamentalisten im Rat der Stadt Köln 2002 neue Angriffe: Crossborder-Leasing hieß das Zauberwort. Am 22. Mai 2003 führte der Rat eine denkwürdige Debatte, bei der vielen Ratsmitgliedern, allen voran Dr. Bietmann, das Dollarzeichen in den Augen leuchtete. Wir, bzw. die damalige PDS, hatten beantragt, kein Cross-Border-Leasing-Geschäft über die Trinkwasser-Leitungen der GEW Rhein-Energie abzuschließen. Die SPD unterstütze diesen Antrag, die Grünen stimmten mit CDU und FDP dagegen. Unser Antrag scheiterte, aber auch das Crossborder-Leasing-Geschäft, weil die USA die Gesetze änderte. Zu unserem Glück.

Heute stoßen wir bei Bauarbeiten zu unserem Unglück auf Abwasserleitungen, jüngst am Breslauer Platz, an der Sürther Aue oder im früheren Barmer Viertel, deren Besitzer in den USA leben. Stellen Sie sich vor, das gleiche würde auch mit den Trinkwasserleitungen passieren. Die Messe, die StEB und die KVB haben inzwischen ein Risikomanagement aufgebaut, um das Schlimmste zu verhüten. Es bestehe überhaupt keine Gefahr. Dagegen meldete die taz am 5.11.2008, dass die US-Regierung die Rückabwicklung aller Verträge verlange. Näheres völlig offen. Es muss auch nicht direkt zum Nachteil für die Stadt Köln sein.

Welche Lehre ziehen wir? Der Rat der Stadt Köln darf nicht mit öffentlichen Geldern spekulieren. Wie sagte Herr Bietmann in der Ratsdebatte: ?Es ist ein ganz einfacher Trick??  

Da Sie, Herr Oberbürgermeister, die vielen Fallstricke kennen, die in Köln aufgespannt sind ? zum Teil durch Sie selber: Erinnert sei an die Messe und die Sparkasse ? haben Sie vor einigen Wochen den Stadtkämmerer gebeten, einen aktuellen Finanzbericht vorzulegen. Wir sind über den Bericht enttäuscht. Entweder gibt es zwei Berichte, einen öffentlichen für den Rat und einen internen für Sie ganz persönlich oder Kämmerer und Oberbürgermeister wollen heute abwiegeln.  

5,8 Billionen Dollar haben sich weltweit inzwischen in Luft aufgelöst. Davon 6 Mio. aus der Zusatzversorgungskasse der Stadt Köln. Über den Vorgang gibt es zum Glück einen ausführlichen Bericht des Stadtdirektors. Ihr Bericht, Herr Stadtkämmerer, schließt mit einer Verbesserung von 56 Mio. Euro ab. Sie gehen davon aus, dass ?sich die Wirtschaft in 2009 durchaus wieder stabilisieren? würde und dass ?aus hiesiger Sicht zumindest kurzfristig keine größeren Ausfälle zu erwarten? sind. Das ist Schönwetterpolitik: Eine kritische Selbsteinschätzung wäre angebracht.

Der Kölner Stadt-Anzeiger meldet heute, dass ?Deutschland ? nach Ansicht des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung vor einer Rezession? steht. Die sog. 5 Wirtschaftsweisen halten Investitionen in die Infrastruktur oder den Bildungsbereich für sinnvoll. Aber Herr Soenius scheint das ja besser zu wissen.  

28 % des gesamten Aufkommens der Gewerbesteuer in Köln, kommt aus dem Bereich Banken und Versicherung. Wir müssen mit Wenigereinnahmen rechnen. Auch wenn der Anteil der Gewerbesteuer aus dem produzierenden Gewerbe nur bei 12,5 % liegt, haben Kurzarbeit bei Ford und Entlassungen bei KHD auf die gesamte Kölner Wirtschaft erhebliche Auswirkungen. Und das war nur der Anfang. Weiterer Personalabbau wird folgen.

Ich befürchte, dass gerade Menschen im unteren Lohngefüge ihre Jobs verlieren. Die Entlassungen der Leiharbeiter bei der KHD sind ein Anhaltspunkt dafür. Dies wird dazu führen, dass die Sozialausgaben weiter steigen werden.   Über den kommunalen Haushalt können wir nur geringfügig dagegen steuern.  

Wir halten kommunale Investitionen gerade in dieser Zeit für wichtig. Nicht in Leuchtturmprojekte, sondern in die Daseinvorsorge: Z.B. ist die Renovierung der Oper und der Neubau des Schauspielhauses ein wichtiges Projekt, dass wir vorantreiben müssen. Investition und Ausbildung in Personal muss fortgesetzt werden. Wenn die IHK jetzt fordert, städtisches Personal abzubauen, ist das genau der falsche Weg. Wir brauchen eine gute und leistungsfähige Stadtverwaltung.

Und jetzt zeigt sich, dass die Marktfundamentalisten Unrecht hatten: Wir in Köln haben die Stadtwerke nicht privatisiert. In dieser schwierigen Zeit ein Vorteil und eine wichtige Einnahmequelle. Und deshalb sollte wir eine Politik der Re-Kommunalisierung betreiben auch mit dem Ziel Einnahmen zu verbessern.  

Meine Damen und Herren, in dieser Krise sind die Kommunen das schwächste Glied in der Kette, weil die Gewerbesteuer unsere wichtigste Einnahmequelle ist. Deshalb fordern wir eine Gemeindefinanzreform, die die kommunale Finanzkraft stärkt. Alle unternehmerischen Tätigkeiten sollen in die Gewerbesteuerpflicht einbezogen werden und die Bemessungsgrundlage verbreitert werden. Die Gewerbesteuerumlage sollte entfallen.  

Ich möchte mit einem Zitat unseres Finanzministers Peer Steinbrück enden: ?Generell muss  man wohl sagen, dass gewisse Teile der marxistischen Theorie doch nicht so verkehrt sind.?