Den Menschen in Dnipro eine Botschaft schicken: Ihr seid nicht allein

Rede von Michael Weisenstein auf der Ratssitzung am 16. Mai 2024. Alle demokratischen Kräfte außer der Fraktion Die Fraktion haben beantragt, die bestehende Zusammenarbeit mit der ukrainischen Stadt Dnipro zu einer Städtepartnerschaft aufzuwerten.

Das hat Michael Weisenstein gesagt:

Es ist gut und wichtig, den Menschen im Dnipro mit diesem Antrag jetzt eine Botschaft zu schicken: Ihr seid nicht vergessen und ihr seid nicht alleine. Angesichts des russischen Raketenterrors auf zivile Ziele ist es wichtiger denn je, dass die Menschen die Hoffnung auf Normalität nicht verlieren. Und für diese Normalität des zivilen Lebens stehen Städtepartnerschaften.

Bei Städtepartnerschaften geht es nicht um die Beziehungen zwischen Staaten. Es geht um die Beziehungen zwischen Menschen. Es werden Güter und Wissen ausgetauscht, die die öffentliche Daseinsvorsorge aufrecht erhalten oder verbessern sollen. Es geht nicht um militärische Unterstützung.

Dnipro ist um internationalen Austausch bemüht. Davon zeugen die zahlreichen Städtepartnerschaften, die schon vor dem russischen Angriffskrieg bestanden. Sie umfassen Städte in Polen, Ungarn, der Slowakei, Litauen, Georgien, Usbekistan, Aserbaidschan, Griechenland, der Schweiz, Rumänien, aber auch Israel, Kanada, den USA und China.

Auch ohne den russischen Angriffskrieg macht eine Städtepartnerschaft mit einer Stadt in der Ukraine Sinn. Sie ist auch ein Zeichen der Aussöhnung nach dem 2. Weltkrieg. Denn die Ukraine, damals noch Teil der Sowjetunion, hat genauso wie die Menschen im heutigen Russland einen hohen Blutzoll im verbrecherischen Angriffskrieg der Deutschen von 1939 bis 1945 gezahlt. Es gab rund 2,4 Mio. Zwangsarbeiter*innen allein aus der Ukraine. Von den 27 Mio. sowjetischen Toten des 2. Weltkrieges stammten 8 Mio. aus der Ukraine.

Deswegen ist uns auch die Städtepartnerschaft mit der russischen Stadt Wolgograd, früher Stalingrad, so wichtig. Wenn Städtepartnerschaften zivile Projekte sind, und das sollten sie sein, darf auch dieser Gesprächskanal zur Zivilbevölkerung in Russland nicht abbrechen.

Deswegen haben wir auch unsere Bedenken hintangestellt, die wir aufgrund Äußerungen des Bürgermeisters von Dnipro haben. So gibt er sich auf seinem Facebook-Profil als Fan des Nazi-Kollaborateurs Stepan Bandera zu erkennen. Andere Posts sprechen Russen und Russinnen generell ihre Menschlichkeit ab. Das können und wollen wir nicht unterstützen.

Wir sind uns aber auch sicher, dass viele Menschen in Dnipro diese Haltung nicht teilen. Wir müssen ihnen zeigen, dass wir mit ihnen solidarisch sind. Wir müssen ihnen beim Aufrechterhalten der grundlegenden Daseinsfürsorge helfen. Wir müssen später, hoffentlich bald, den Aufbau unterstützen. Dafür können wir diese Städtepartnerschaft nutzen. Und da sind wir gerne mit dabei.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Der Antrag wurde mit großer Mehrheit beschlossen.