Das Eigenleben des Kulturdezernates- Zur Chinareise der Oper

Bericht zur Ratssitzung am 20.05.2010

In der Ratssitzung am 20.05.2010 wurde auf Antrag der LINKEN beschlossen, die Gastspiele der Oper in Shanghai und Peking zu überprüfen. Dabei wird es um die Deckungslücken von insgesamt 945.705 Euro gehen; um die Zweckentfremdung der Betriebsmittelrücklage, mit der diese Lücken geschlossen werden sollen; um die rechtlichen Grundlagen des Gastspiels in Peking, für das es keinen Ratsbeschluss gibt; und schließlich um die Folgen dieser Ausgaben für die Oper bei der derzeitigen Haushaltslage und den Kosten für die Sanierung des Opernquartiers.

Aufgrund eines Änderungsantrages von SPD und Grünen wird leider nicht das Rechnungsprüfungsamt diese Fragen untersuchen. Statt dessen wird zunächst das Kulturdezernat Antworten verfassen und die zuständigen Fachausschüsse (Rechnungsprüfungsausschuss, Finanzausschuss, Betriebsausschuss Bühnen) unterrichten.

Anfang 2009 hatte die Verwaltung im Ausschuss Kunst und Kultur und im Finanzausschuss die Möglichkeit eines Gastspiels der Oper bei der Expo in Schanghai vorgestellt. Die Kosten sollten aus der Betriebsmittelrücklage der Bühnen beglichen werden, sofern nicht ausreichend Sponsoren gefunden werden könnten. Und da man ja schon in China sei, könne man gleich auch ein Gastspiel in Peking anhängen.

Diese Idee der Finanzierung stieß auf große Skepsis vor allem im Finanzausschuss. Die Betriebsmittelrücklage wurde aus den Überschüssen der Bühnen in den letzten Jahren gebildet. Dessen Quelle ist jedoch der städtische Betriebsmittelzuschuss, der etwa 80% der Einnahmen der Bühnen ausmacht und so das Defizit von jährlich etwa 45 Millionen Euro ausgleicht. Dies sind somit kommunale Gelder, und sie werden für den Umzug der Oper und des Schauspiels während der Sanierung dringend gebraucht.

DIE LINKE. lehnte aus diesen Gründen im Rat ab, eine Chinareise der Oper mit den gewünschten 1,379 Millionen Euro aus der Betriebsmittelrücklage zu finanzieren. SPD und CDU brachten wenigsten einen Änderungsantrag durch, der die Entnahme auf 825.000 Euro begrenzte, die Summe, die für Schanghai veranschlagt war. Ein Gastspiel in Peking solle erst dann beschlossen werden, wenn ?die Verwaltung und Operngeschäftsleitung [?] die Deckungslücke auf Null gebracht hat, sodass eine Inanspruchnahme der Betriebsmittelrücklage nicht erforderlich wird? (Martin Börschel, SPD, am 05.05.2009 in der Antragsbegründung).

Die Deckungslücke für das Gastspiel in Schanghai wird zurzeit mit 762.625 Euro beziffert. Das ist weit von der geforderten Null entfernt, hat Kulturdezernat und Operngeschäftsführung aber nicht davon abgehalten, den Vertrag über ein Gastspiel in Peking zu unterzeichnen. Darüber hinaus plant die Verwaltung offenbar, auch die Deckungslücke des Gastspiels in Peking aus der Betriebsmittelrücklage zu begleichen: ?In jedem Fall können beide Gastspiele [?] unter Verwendung von max. 825.000,- EUR realisiert werden? (Antwort auf eine Anfrage der LINKEN im Kulturausschuss vom 20.04.2010). Das wären dann noch einmal 183.080 Euro, die ohne jeden Ratsbeschluss verplant werden. - Wie die Verwaltung mit den beiden Deckungslücken von insgesamt 945.705 Euro unter 825.000 Euro landet, bleibt dabei ihr Geheimnis.

Doch nicht in jedem Fall führt die eigenwillige Interpretation von Ratsbeschlüssen durch das Kulturdezernat zu Mehrausgaben. Im Dezember 2009 hatte der Rat auf Antrag der LINKEN beschlossen, die Fördermittel für freie Träger im Kulturbereich ? sie sind durch Sparmaßnahmen in ihrer Existenz bedroht ? nach dem Ansatz von 2009 auszuzahlen und nicht nach dem deutlich gekürzten Entwurf von 2010. Das Kulturdezernat sah darin jedoch nur eine freundliche Erlaubnis und zahlte für die Projektförderung den gekürzten Satz aus.