Bürgerbefragung Godorfer Hafen: Die Spaltung der Stadtgesellschaft überwinden

Jörg Detjen, Torsten Löser

14,8 % der stimmberechtigten Kölnerinnen und Kölner, 130.400 Menschen haben sich an der ersten Kölner Bürgerbefragung beteiligt. Das ist mehr, als die Bürgerinitiative für möglich hielt. Auch dass alle Kölnerinnen und Kölner abstimmen konnten, wurde in der Öffentlichkeit für gut gefunden. Schade ist nur, dass Oberbürgermeister Roters, aber auch andere Spitzenfunktionäre die Beteiligung runterreden. War es nicht die SPD, die den Vorschlag machte, eine Bürgerbefragung durchzuführen? Von der CDU ganz zu schweigen, die die ganze Zeit gegen die Bürgerbefragung stänkerte. Über die Wahlbeteiligung der 120.000 Kölner, die keine deutsche Staatsbürgerschaft haben, lässt sich zurzeit keine statistisch gesicherte Aussage treffen. Die Gegner des Ausbaus ? die Bürgerinitiative, die Umweltverbände, Grüne, FDP und LINKE ? haben mit 72.787 Stimmen gegenüber 57.307 Stimmen der Befürworter eine Mehrheit von 56 %. Das nötige Quorum von 87.901 Stimmen wurde aber verfehlt. 8,3 % der Wahlberechtigten hatten gegen den Ausbau gestimmt, 10 % wären nötig gewesen, um ihn zu stoppen.

Spaltung der Stadtgesellschaft
Auffällig ist, dass die Spaltung des Kölner Stadtrates in der Frage sich auch in dem Abstimmungsergebnis der Kölner widerspiegelt. Die Wahlbeteiligung und die Kontra- Stimmen waren im Kölner Süden gegen den Ausbau besonders hoch:

Rodenkirchen mit 25,8 % Wahlbeteiligung bei 16.106 (72,45 %) Neinstimmen und die Innenstadt mit 15,6 % bei 11.104 Neinstimmen (62,19 %).
Eine ebenfalls recht hohe Beteiligung bei einer deutlichen Mehrheit für den Ausbau findet sich dagegen im Kölner Norden. In Nippes stimmten 16,2 % ab bei 8.378 Ja- Stimmen (53,67 %).
Die Spaltung der Stadtgesellschaft wird in den jeweiligen Mehrheiten deutlich.
Stadtbezirke, die mehrheitlich für den Ausbau gestimmt haben: Chorweiler 64,23 %, Nippes 53,67 %, Mülheim 51,3 %, Kalk 50,64 %. Stadtbezirke, die mehrheitlich gegen den Hafen gestimmt haben: Rodenkirchen 72,45 %, Innenstadt 62,19 %, Ehrenfeld 59,01 %, Lindenthal 54,51 %, Porz 53,94 %.

Eine Konfliktlösung suchen
Der Rat der Stadt Köln sollte nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Der Hafenausbau liegt sowieso auf Eis und ist weder in einer hohen Planungsstufe noch in der konkreten Umsetzung.
Gleichzeitig hat der Rat der Stadt Köln die Erstellung des Logistikkonzeptes beschlossen. Dieser Diskussion sollten sich die Hafenausbau-Befürworter stellen und den Ratsbeschluss tatsächlich einhalten. Deshalb fordert DIE LINKE SPD und CDU auf, von einem Aufstellungsbeschluss zum gegenwärtigen Zeitpunkt abzusehen und eine breite Debatte über ein Logistikkonzept zu führen.

Politik muss handeln
Die Einwohnerinnen und Einwohner haben durch die Abstimmung folgenden Ratsbeschluss bewirkt: ?Wird in der Befragung kein Quorum erreicht, gilt in der Gesamtthematik der Zustand vor dem Ratsbeschluss zu Befragung.? Das ist kein Ja und kein Nein, aber legitimiert die Hafen-Ausbauer, ihren Kurs fortzusetzen. Das geht aber nur, wenn sie ein neues Planfeststellungsverfahren einleiten und einen Aufstellungsbeschluss im Rat durchsetzen. Dass CDU und SPD dafür eine Mehrheit haben, ist gewiss, aber ob dann die rot-grüne Koalition weiter besteht, ist nicht gewiss.

Nicht beirren lassen
Die Ratsfraktion der LINKEN wird sich dafür einsetzen, dass jetzt eine ausführliche Debatte über das Logistikkonzept geführt wird. Lehnen SPD und CDU das ab, wird die LINKE einen Aufstellungsbeschluss zum Ausbau des Godorfer Hafens ablehnen, weil es die Stadtgesellschaft weiter spaltet und Lösungswege verbaut. Gleichzeitig werden wir an unserem Konzept des Erhalts aller vier Häfen in Köln festhalten und einen Ausbau bekämpfen, der auf Kosten anderer Kölner Häfen geht.