Am Kölnberg

Renate Alves

Ausverkaufter Filmabend in der Reihe Linkes Kino

Die Hochhaussiedlung „Am Kölnberg“ ist eine Welt für sich. Arbeitslosigkeit, Drogenmissbrauch und Prostitution gehört zum Alltag. In ihrem Inneren zeigt sich die Siedlung als ein multikulturelles Sammelbecken für Menschen am Rande der Gesellschaft. Der Film „Am Kölnberg“ von Laurentia Genske und Robin Humboldt begleitet vier Menschen – Martha, Nana, Biene und Karl Heinz - über einen Zeitraum von zwei Jahren und dokumentiert ihr Leben am Kölnberg mit Höhen und Tiefen.

Biene verlässt den Kölnberg fast nie, sie hat dort alles, was sie braucht. Sie lebt ohne Zeitgefühl und geregelten Tagesablauf, ist drei Tage lang durchgehend wach, geht anschaffen, konsumiert Heroin und Crack. Dann schläft sie zwei Tage lang, denn, wie sie sagt: „Das Aufwachen ist teuer“. In guten Momenten schreibt sie Gedichte, wünscht sich „von dem ganzen Scheiß wegzukommen“, träumt davon, später in „Rente“ zu gehen und ihre Ruhe zu haben.

Martha und Nana, langjährige Freundinnen, freuen sich zu Beginn des Films, dass sie jetzt Nachbarinnen sind. Nana ist mit 75 Jahren aus ihrem Schrebergarten in eine Wohnung in den oberen Etagen des Kölnbergs gezogen - „das ist hier wie auf einem anderen Planeten, Du siehst nur den Himmel“ sagt sie hoffnungsvoll.

Marthas Rente reicht nicht aus, um für sich und ihre drei Hunde zu sorgen. Mit Lebensmitteln von den Tafeln hält sie sich über Wasser, in den Sommermonaten bedient sie sich auf den umliegenden Spargel- und Gemüsefeldern. Ihr größter Wunsch ist es, nach Jamaika auszuwandern, dafür versucht sie zu sparen.

Karl Heinz ist Ende 40 und seit über 30 Jahren Alkoholiker. Er fühlt sich wohl am Kölnberg, engagiert sich in der Organisation der Tafel, fühlt sich sicher in seiner Wohnung mit seinen Katzen. Während der Dreharbeiten versucht er von seiner Sucht loszukommen; als das scheitert, bemüht er sich erfolgreich um einen Wohnplatz in einer betreuten Einrichtung außerhalb des Kölnbergs. Zum Ende des Films hin ist er ausgezogen.

Mit großer Nähe zu den Protagonist*innen erzählt der dokumentarisch beobachtende Film, wie Menschen ihr Leben am Rand der Gesellschaft zu meistern versuchen. Dafür wurde der Film 2015 mit dem Filmkunstpreis ausgezeichnet.

In der anschließenden lebhaften Diskussion konnte uns die Editorin des Films, Carina Mergens, tiefere Einblicke in die Produktionsgeschichte und in ihre Arbeitsweise geben. Linkes Kino Köln möchte in den filmbegleitenden Diskussionen auch immer wieder Aspekte rund um die Filmtechnik und -produktion anbieten. Als Editorin ist sie nicht in die Vorbereitung des Films eingebunden, behält dadurch einen frischen Blick auf das Filmmaterial und die Portraitierten. Ihr ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass auch Dokumentarfilme eine Kunstform sind, sie bilden nicht die Realität ab, sondern zeigen subjektive Blicke sowohl der Filmemacher, wie auch der handelnden Personen. Die emotionale Wahrheit steht der gelebten Wahrheit gegenüber und vermittelt gerade dadurch dem Zuschauer einen berührenden Blick in die eher unbekannte Realität.

Kenntnisreich geleitet wurde die Diskussion vom Kurator des Festivals für Filmschnitt und Montagekunst - Edimotion Sven Ilgner, Fragen zur aktuellen Situation am Kölnberg konnte Nadine Henke, Sozialraumkoordinatorin der Caritas, beantworten.