Aktuelle Stunde zum Stadthaus Deutz

Rede von Jörg Detjen zur Ratssitzung am 16. Mai 2023

Die Stadt Köln mietet seit 25 Jahren das Stadthaus Deutz für viele Millionen Euro an. Das Stadthaus ist ein Bürogebäude für die Verwaltung. Wesentlich günstiger wäre es, wenn die Stadt das Gebäude selbst besitzen würde. Zu den Vorgängen um die Anmietung und das nicht gerichtlich eingetragenen Vorkaufsrecht wurde - auch von der LINKEN - eine Aktuelle Stunde beantragt. 

Diese Rede hat Jörg Detjen dazu gehalten:

Erst einmal eine frohe Botschaft: Die festverzinsliche Rücklage zur Nutzung für das Vorkaufsrecht aus den Jahren 1998/99 von 69 Mio. DM sind von der Kämmerei gut angelegt worden und haben heute einen Wert von 87,5 Mio. Euro. Die damalige Ausführung der Verwaltung, ich zitiere:

Bei einem aus heutiger Sicht (1995) durchaus realistischen Zinssatz von 7 % p.a. reicht eine einmalige Rücklagenzuführung von 53 Mio. DM aus, um den Rückkaufpreis vollständig finanziell abzusichern.“

Das war ein leeres Versprechen: 2019 wurde das Technische Rathaus für ca. 500 Mio. Euro an die Gothaer Gruppe verkauft. 2028 wird der Wert deutlich höher sein, d.h. wir haben nur ca. 10 bis 20 % Rücklage für den Kaufpreis auf der hohen Kante.

Bereits am 20. März 2014 hat der damalige Ratskollege Martin Börschel die Einlösung des Vorkaufsrechtes für das Technische Rathaus vorgeschlagen. Rathaus und Kämmerei dementierten ein Vorkaufsrecht. Das nicht existierende Vorkaufsrecht war aus meiner Sicht von Anfang an ein gezieltes Blendmanöver des damaligen Oberstadtdirektors Lothar Ruschmeier, um die Profitmöglichkeiten seines späteren Arbeitgebers, des Esch-Oppenheim-Fonds, auf lange Sicht auszuweiten.

Noch spannender ist allerdings die Frage, welche Konsequenzen wir daraus ziehen? Werden die klassischen Fehler von damals heute noch genauso gemacht?

  1. Die Stadt verkaufte dem Immobilienfond Esch-Oppenheim für die Errichtung des Stadthauses das Grundstück für 37 Mio. DM. Das Grundstück hatte laut Liegenschaftsverwaltung einen Wert von 83 Mio. DM. Es wurde unter Wert verkauft und das noch nicht einmal mit einem Erbpachtvertrag. Haben wir etwas daraus gelernt? Nein, denn noch vor wenigen Jahren haben wir ein städtisches Grundstück an einen Kita-Investor verkauft.

2. Wie schon bei der Köln-Messe waren die Baukosten des Stadthauses viel niedriger als angeben. D.h. die Mietpreise waren völlig überzogen. Haben wir etwas daraus gelernt? Nein. Dieses Thema hat noch keine Verwaltung angepackt. Wir werden regelrecht von Investoren über den Tisch gezogen.

3. Auch heute wollen wir wieder ein neues Stadthaus anmieten und nicht selber planen und bauen. Wir werden wieder eine Diskrepanz zwischen dem Wert des Objektes und den Kosten für eine notwendige Sanierung bzw. Bereitstellung haben. 2018 hatte der damalige Stadtdirektor Keller einen Neubau in die Diskussion gebracht. Danach passierte gar nichts. Warum nutzen wir für einen Neubau nicht ein Grundstück, das so gelegen ist, dass wir die Gebäude für städtische Dienststellen bei Bedarf erweitern können? Die Uni Köln, aber auch die Universitätskliniken zeigen doch, wie man das machen muss!

4. Schreibt die Stadt Köln bei der Anmietung von Verwaltungsgebäuden über ein Investorenmodell generell ein Vorkaufsrecht in die Verträge?

5. Zeigt nicht der Fall des Stadthauses, dass auch bei der Überlassung von gewerblichen Grundstücken Erbbaurecht anzustreben ist, weil es formal eine städtische Einflussmöglichkeit schafft?

In der Haushaltsrede am 23.11.1995 erklärte der damalige Stadtdirektor Ruschmeier:

Der Gesamtkomplex ist in seiner Komplexität, seiner Aufgabenstellung, seiner Dimension sowohl in baulicher als auch in finanzieller Hinsicht und schließlich in seiner privatwirtschaftlichen Finanzierung und Realisierung absolut einmalig in Europa.“

Bitter, aber wahr: Lassen sie uns gemeinsam Konsequenzen ziehen!