Wohnungsverkauf in Wesseling - Armselige Kirchturmspolitik von GAG und Stadt Köln

Jörg Detjen

Jörg Detjen, Rede in der Ratssitzung am 22.09.2016

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,
sehr geehrte Mieterinnen und Mieter der GAG aus Wesseling,
meine Damen und Herren,

die GAG hat letzte Woche 444 Wohnungen in Wesseling an einen Fonds der "Industria Wohnen" verkauft und damit privatisiert. Ich war am Dienstag in Wesseling und habe die dortige Stadtratssitzung verfolgt. 50 Mieterinnen und Mieter der GAG stellten Fragen in der Einwohnerstunde und danach gab es auch aus der Politik heftige Vorwürfe gegen die GAG. Das soziale Bündnis Wesseling kritisierte die GAG und das späte Eingreifen des Wesselinger Bürgermeisters. Der CDU Fraktionsvorsitzende "rügte" die GAG. Sogar Bürgermeister Esser bezeichnete Teile des Wohnbestandes der GAG als "erbärmlich" und fand das Vorgehen der GAG "nicht in Ordnung".
Die GAG und Köln haben sich mit ihrer Kirchturmpolitik armselig verhalten.

Die GAG hat die Mieterinnen und Mieter von 600 Wohnungen, also weit mehr als 1.000 Menschen, im Dunkeln gelassen. Das hat nichts mit sozialer Wohnungspolitik zu tun, das ist einfach schäbig.
Ich will ihnen das einmal an einem Beispiel deutlich machen: In dem Bestand, der jetzt veräußert wird, sind auch 37 Einfamilienhäuser. Da ist nichts mit Mieter werden Eigentümer. Diese Wohnungen wurden an den Industria-Fonds verkauft. Der will sie den Mietern zum Kauf anbieten. Aber natürlich ist dann zweimal die Grunderwerbsteuer fällig geworden und die Industria wird ja auch noch ihren Schnitt machen wollen.

Die GAG hat in Wesseling unsozial gehandelt. Die Industria wird von der GAG als "verantwortungsvoller Partner" bezeichnet - ob diese Beschreibung zutrifft, ist mehr als fraglich:
Die Industria hat sich darauf spezialisiert, Sozialwohnungen am Rande von Ballungsgebieten zu kaufen, teilweise zu renovieren, zu verwalten aber auch zu verkaufen. Das können sie dem Internet entnehmen: Dort bieten sie - zum Beispiel in Neuss und in Dortmund - Wohnungen in ähnlichen Blocks wie in Wesseling als Kapitalanlage an und versprechen eine Rendite von 5 bis 6%. Es besteht die Gefahr, dass dies auch in Wesseling passieren wird.
Deshalb brauchen die Mieter und Mieterinnen in Wesseling eine Sozialcharta, die sie vor so etwas schützt! Der Wesselinger Stadtrat hat in seiner Sitzung am Dienstag eine Sozialcharta gefordert, wir in Köln sollten uns da anschließen. Denn, meine Damen und Herren: Wir in Köln sind für dieses Problem verantwortlich, mit dem die Wesselinger jetzt fertig werden müssen! Wir haben wir im Rat dann und wann heftig über Investitionen der GAG diskutiert. Warum haben wir nicht über Wesseling gesprochen?

Der Wesselinger Rat hatte das Thema am Dienstag auf der Tagesordnung, Köln heute am Donnerstag. Die GAG zieht den Verkauf wenige Tage vorher durch! Dass eine städtische Gesellschaft die demokratischen Gremien auf solch eine dreiste Weise missachtet, ist abenteuerlich! Meine Damen und Herren, müssen wir dafür sorgen, dass sich so etwas nicht wiederholt! Wenn städtische Unternehmen Wohnungen verkaufen, dann brauchen wir darüber eine Debatte. In Zukunft muss so etwas in den Rat! Auch das fordern wir in unserem Antrag.

Der Kölner Haus- und Grundbesitzerverein schreibt in der neuen Zeitung: "Köln muss noch stärker mit der Region zusammenarbeiten. Vor allen bei der Infrastruktur ist das Denken innerhalb der Stadtgrenzen schädlich." Ja, Wohnungspolitik müssen wir regional denken! Gerade auch deshalb ist diese Privatisierung so giftig.

Den eiskalten Verkauf der 444 Wohnungen kann man nicht mehr rückgängig machen. Aber es sollen noch weitere 152 Wohnungen privatisiert werden. Gemeinsam sollten der Kölner und der Wesselinger Stadtrat einen Weg finden, wie diese Wohnungen nicht auch in private Hände fallen. Wir müssen die Chancen für regionalen, sozialen Wohnungsbau nutzen. Köln und die GAG müssen zur Region stehen! - Eine "Regionalkonferenz Wohnen" wäre dafür ein Start.