Videoüberwachung öffentlicher Plätze

Jörg Detjen
Reden

Der vorliegende Antrag der CDU zur Aktuellen Stunde lässt die Hoffnung aufkeimen, durch ein dichtes Netz von Videokameras könne man den internationalen Terrorismus erst gar nicht ins Land hineinlassen. Wie viele Videokameras brauchen wir denn konkret in Köln, meine Damen und Herren von der CDU?

5 000? 10 000? Was meinen Sie, Herr Simons? Sagen Sie doch einmal, wie viele Videokameras wir in Köln brauchen, damit man das Ganze ein bisschen konkreter diskutiert!

(Herbert Gey [CDU]: Das müssen Sie doch wissen!)

Meine Damen und Herren von der CDU, wissen Sie eigentlich, dass es in London 500 000 Videokameras gibt? Und Sie können sich doch sicherlich noch an den Anschlag erinnern, den es vor einem Jahr in London gab. Die Videokameras in den U-Bahnhöfen haben überhaupt nicht dazu geführt, dass dieser Anschlag verhindert beziehungsweise aufgeklärt worden ist. Das ist die Realität von Videokameras!

Auf die Behauptung von Innenminister Schäuble, die Videoüberwachung zum Beispiel im Kölner Hauptbahnhof habe den Erfolg gebracht, antwortete das ZDF-Magazin ?Frontal 21? ? ich zitiere ?: Doch nicht die ... Auswertung der Überwachungsvideos, sondern ein Tipp des libanesischen Militärgeheimdienstes soll die Ermittler auf die Spur von Youssef Mohammed E. gebracht haben. Auch dies ist eine Realität.

Meine Damen und Herren von der CDU ? damit spreche ich auch Herrn Granitzka an, der jetzt mit anderen Problemen beschäftigt ist ?, Sie bauen hier einen Popanz auf, um in der Öffentlichkeit Stimmung zu machen und im Deutschen Bundestag die Anti-Terror-Datei durchzudrücken. Und die SPD sinkt schon danieder. Der Vorsitzende des Innenausschusses, Herr Edathy, hat sich dafür ausgesprochen, die Freigabe von Daten in das ? Zitat ? ?Ermessen der Behörden zu stellen?. Das ist ungefähr so, als würde die Kölner SPD sagen: Herr Oberbürgermeister Schramma, Sie dürfen an allen Standorten, an denen Sie möchten, so viele Videokameras aufstellen, wie Sie nur wollen. ? Das wäre der gleiche Ermessensspielraum.

(Winrich Granitzka [CDU]: Haben Sie meine Rede nicht gehört?)

Zum Glück ist das nicht der Fall, und die Situation stellt sich zum Leidwesen der Kölner CDU etwas anders dar. Selbstverständlich habe ich Ihnen sehr gut zugehört, Herr Granitzka. Sie kennen ja bestimmt den Vorsitzenden und Generalsekretär von Ditib. Herrn Yildirim kennen Sie bestimmt gut.

(Winrich Granitzka [CDU] nickt.)

Ich weiß auch, dass Sie ihn kennen. ? Herr Yildirim hat in der letzten Woche eine Pressekonferenz zu diesem ganzen Problem durchgeführt und darauf hingewiesen, dass die Migrantinnen und Migranten als Mitschuldige hingestellt werden. Er hat dargestellt, dass die Gesellschaft die Muslime und die Migrantinnen und Migranten als Mitschuldige hinstellt. Im ?Kölner Stadt-Anzeiger? hat er einen wichtigen Satz gesagt. Ich halte diesen Satz für einen guten Satz. Er hat gesagt: Die Muslime sind nicht Teil des Problems, sondern Teil der Lösung. Nur fehlen uns die Signale, die das auch deutlich machen. Ich finde, das ist ein bezeichnendes Zitat. Es sollte uns eigentlich zum Nachdenken bringen.

Wenn Sie sich einmal die Attentäterprofile ansehen ? auch die der Personen vom 11. September 2001 ?, dann stellen Sie fest, dass diese Menschen nicht die Marginalisierten, die armen Flüchtlinge, die Opfer der Moderne sind. Vielmehr handelt es sich bei ihnen um Menschen, die sich auf die Moderne eingelassen haben, ihr Regelwerk übernommen haben und ihre Erwartungen entsprechend ausgerichtet haben ? und sich dann in dieser Gesellschaft, in der internationalen Gesellschaft, brutal zurückgewiesen sahen. Auf dieses Schlüsselproblem hat die Gesellschaft keine Antwort oder nur falsche Antworten. Das sollte man überdenken.

Ich komme noch einmal auf die Forderung nach positiven Signalen zurück. Frau Akgün hat das heute im ?Kölner Stadt-Anzeiger? ?Anerkennung für die Muslime? genannt. Das ist ein wichtiger Punkt. Wenn die Gesellschaft und auch die Stadt Köln mehr Migrantinnen und Migranten 

(Barbara Moritz [Bündnis 90/Die Grünen] diskutiert an ihrem Sitzplatz mit Andreas Köhler [CDU] und weiteren Ratsmitgliedern.)

Herr Schramma, ich finde das nicht okay. ? Frau Moritz, könnten Sie bitte aufhören?

(Ralph Sterck [FDP]: Könnten S i e bitte aufhören? ? Heiterkeit)

Ich bin gleich fertig. ? Wenn die Gesellschaft, aber auch die Stadt Köln mehr Migrantinnen und Migranten an wichtigen Schlüsselpositionen einstellen würde ? zum Beispiel beim Ordnungsamt, bei der KVB, als Beigeordnete der Stadt Köln oder im Schuldienst ?, dann würden diese Signale ausgesendet und einen Beitrag zur Demokratisierung dieser Gesellschaft darstellen. Aber was geschieht tatsächlich? Falsche Signale werden gesendet.

Die Bundesregierung will Truppen in den Nahen Osten entsenden. Das Land Nordrhein-Westfalen untersagt Lehrerinnen, das Kopftuch zu tragen. 

(Karl Klipper [CDU]: Zu Recht! ? Beifall bei der CDU)

Und die Kölner CDU will Videokameras aufstellen. Mit Videokameras kann man Bilder sammeln, aber keine Konflikte lösen. Und eben daran müssen wir arbeiten, Herr Granitzka. ? Danke