Uploadfilter verhindern - gegen den Aufbau einer Kontroll- und Zensurstruktur!

Rede von Güldane Tokyürek zur Ratssitzung am 4.4.2019

Die vom Europaparlament am 26. März 2019 beschlossene Urheberrichtlinie war sehr breiter und berechtigter Kritik ausgesetzt. Mehr als fünf Millionen Menschen haben eine Petition Urheberrechtsrichtlinie unterzeichnet, fast 200.000 Menschen haben am 23. März 2019 EU-weit dagegen demonstriert.

Es ist grundsätzlich wichtig und richtig, dass das Urheberrecht an das digitale Zeitalter und den digitalen Binnenmarkt angepasst wird. Denn es geht auch darum mit dem veränderten Nutzungsverhalten, neuen Geschäftsmodellen und letztlich mit dem technologischen Fortschritt Schritt zu halten. Es ist auch richtig, dass Kreative und Künstler*innen für ihre Arbeit angemessen bezahlt werden.

In der Kritik steht unter anderem die Regelung in Artikel 17 (vormals 13), durch den Onlineplattformen zum Einsatz technischer Mittel sog. „Uploadfilter“ verpflichtet werden, um eine Haftung für Urheberrechtsverletzungen zu vermeiden, sofern der Upload nicht lizenziert ist oder von den Ausnahmen des Art. 17 Abs. 7 der Urheberrechtsrichtlinie, z.B. Inhalte, die für die spezifischen Zwecke der Kritik, Karikatur, Parodie oder Memes erstellt wurden.

Zwar werden Uploadfilter nicht explizit gefordert, in der praktischen Anwendung wird es jedoch auf sie hinauslaufen müssen.

Allerdings ist davon auszugehen, dass automatische Filtersysteme nicht entscheiden können, wann eine Urheberrechtsverletzung tatsächlich vorliegt, und ob der Inhalt überhaupt ein menschliches Werk ist. Das Ergebnis wird sein, dass Parodien oder Memes eben nicht als Weiterverarbeitungen erkannt und ebenfalls blockiert werden. Das könnte dann zu einem Overblocking führen, den sicher keiner möchte. Das Argument sich bei fehlerhafter Blockierung mit einer Beschwerde an die Plattformbetreiber zu wenden, verkennt jedoch die Logik viraler Verbreitung.

Prof. Dr. Hannes Federrath, Präsident der GI (Die Gesellschaft für Informatik e.V.) und führender Wissenschaftler auf dem Gebiet der Informationssicherheit sagt: „Die hier vorgeschlagene automatisierte Prüfung auf Urheberrechtsverletzungen legt jedoch den technischen Grundstein für eine Zensur- und Kontrollinfrastruktur im Internet.“

Der Bundesdatenschutzbeauftragte hatte zuvor Kritik am Entwurf geäußert, weil gerade kleine Plattform- und Diensteanbieter nicht mit allen möglichen Rechteinhabern Lizenzverträge abschließen können, um das Hochladen von urheberrechtlich geschützten Materialien von vornherein zu verhindern. Eine Programmierung von eigenen Upload-Filter wir ihnen nicht möglich sein. Sie müssten auf Angebote großer IT-Konzerne zurückgreifen, die solche Algorithmen bereits im Angebot haben: "Letztendlich entstünde so ein Oligopol weniger Anbieter von Filtertechniken, über die dann mehr oder weniger der gesamte Internetverkehr relevanter Plattformen und Dienste läuft", so der Bundesdatenschutzbeauftragter. Auch aus wettbewerbspolitischen Gründen sollte uns das zu denken geben, wenn die Marktposition der bereits monopolähnlichen Plattformen weiter gestärkt wird.

Die CDU will nun, die maßgeblich von ihr vorangetriebene Urheberrechtsreform in Deutschland ohne Uploadfilter umsetzen. Der Einsatz von Uploadfiltern soll dadurch vermieden werden, dass Pauschallizenzen eingeführt werden sollen und unterhalb einer zeitlichen Grenze alle Uploads von Lizenzgebühren ausgenommen sind. Die Überprüfungspflicht auf Urheberrechtsverletzungen soll durch die Pauschallizenz entfallen und damit auch die Gefahr des Overblockings. Damit wären private Nutzer von einer Haftung durch Urheberrechtsverletzungen befreit. Das hört sich auf dem Papier gut an. Fraglich ist, ob das Konzept der CDU mit der neuen Richtlinie und den EU-Vorgaben vereinbar ist. Nach Einschätzung des Max-Planck-Instituts für Innovation und Wettbewerb darf Deutschland eine derartige Regelung gar nicht mehr einführen, weil sie vom Europäischen Recht nicht vorgesehen ist. Die EU hat Deutschland bereits vor diesem Sonderweg gewarnt. Hintergrund des fragwürdigen Vorschlags dürfte eher die parteiinterne Kritik an den Plänen sein und die starke Anti-CDU-Kampagne im Netz unter dem Hashtag #NieMehrCDU.

Der Koalitionsvertrag lehnt Filtersysteme als unverhältnismäßig ab. Daher hat die Bundesregierung noch die Möglichkeit im Rat der Europäischen Union gegen die Reform der EU-Urheberrechts-Richtlinie zu stimmen. Heute werden im Bundestag Anträge der LINKEN und der FDP behandelt, die beide die Ablehnung der Urheberrechtslinie im EU-Rat beantragen

Meine Damen und Herren, einen gerechten Interessensausgleich für eine angemessene Entlohnung der Kreativen und Künstler*innen und die Verbreitung im Netz kann sicher nicht über Uploadfilter erreicht werden.

Daher bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag.