Überprüfung von Auftragsvergaben im Zusammenhang mit der Pandemie

Anfrage zum Gesundheitsausschuss am 8.6.2021

Am 21. April 2020 warnte die Staatengruppe gegen Korruption (Greco), ein Gremium des Europarats, vor der Gefahr einer deutlichen Zunahme von Korruption angesichts der Coronakrise, so ein Bericht des Ärzteblatts vom 22. April 2020. „Die Experten verwiesen darauf, dass der Gesundheitssektor aufgrund des ‘dringlichen Bedarfs an medizinischer Versorgung und der Vereinfachung der Beschaffungsregeln, der Überlastung der Gesundheitssysteme und der Überforderung des medizinischen Personals’ für Korruption anfällig sei“, heißt es im Ärzteblatt.

Im Juni 2020 warnte Transparency Deutschland in dem Positionspapier „Die Corona-Krise – ein Katalysator für Korruption?“ insbesondere eine transparente Vergabe in Kommunen an. In dem Papier heißt es:

„Insbesondere auf kommunaler Ebene ist der Vergabebereich korruptionsanfällig, wie die Kriminalstatistiken immer wieder belegen. Regelungen zur Beschaffung von Schutzausrüstung wurden erheblich gelockert, Schwellenwerte bei der freihändigen Vergabe nach oben verschoben oder ganz aufgehoben. Die „Corona-Vergaben" funktionieren insgesamt schneller und ohne umfangreiche Prüfung, was Betrug erleichtert. Vor diesem Hintergrund befürchten kommunale Antikorruptionsbeauftragte auch, dass Abhängigkeiten zu einzelnen Unternehmen entstehen könnten, die in der Notsituation eine erhöhte Spendenbereitschaft zeigen.

Transparency Deutschland fordert transparente Verfahren, klare Regelungen und eine umfassende Dokumentation bei der Annahme von Spenden und Sponsoring. In der kommunalen Entscheidungsfindung finden aufgrund der aktuellen Situation vermehrt „Dringlichkeitsentscheide“ statt ordentlicher Gremiensitzungen statt. Auch ist die Arbeit der Antikorruptionsbeauftragten durch mangelnde technische Ausrüstung im Homeoffice stark eingeschränkt. Die kommunalen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dürfen mit diesen Herausforderungen – insbesondere im Homeoffice – nicht alleine gelassen werden. Antikorruption ist eine Führungsaufgabe und muss von oben priorisiert werden. Gerade in Krisensituation müssen Gelder dort ankommen, wo sie wirklich benötigt werden.“

In Düsseldorf wurde der stellvertretende Amtsleiter des Schulverwaltungsamtes, Florian Dirszus (CDU), freigestellt, nachdem bekannt wurde, dass er Aufträge in Millionenhöhe für Luftfilter in Klassenräumen an ein Unternehmen vergeben hatte, dessen Geräte von der Firma seiner Ehefrau vertrieben werden.

In Landkreis Altenburg wurde durch einen Antrag des LINKEN-Politikers und Polizeibeamten Frank Tempel verhindert, dass eine vom dortigen CDU-Landrat Uwe Melzer eingebrachte Verwaltungsvorlage, die den Landrat zur Vergabe von Aufträgen zur Anschaffung von Luftfiltern ermächtigt hätte, vom Kreistag verabschiedet wurde. Die Ehefrau des CDU-Landrats ist bei einer Firma, die solche Luftfilter entwickelt und produziert, in verantwortlicher Position tätig.

In Suhl hat der dortige CDU-Kreisverband eine Spende in Höhe von 7.000 Euro von einem Unternehmen erhalten, nachdem der dortige CDU-Kreisvorsitzende genau diesem Unternehmen zwei Masken-Aufträge an Landkreise vermittelt hatte.

In Mannheim hat der für die CDU in den Bundestag gewählte Nikolas Löbel für die Vermittlung von Masken-Aufträgen nach eigenen Angaben rund 250.000 Euro Provision erhalten.

In München ermittelt die Generalstaatsanwaltschaft gegen den für die CSU in den Bundestag gewählten Georg Nüßlein wegen des Anfangsverdachts der Abgeordnetenbestechlichkeit und Steuerhinterziehung. Nüßlein soll im Zusammenhang mit der Vermittlung von Maskengeschäften für sein Unternehmen 660.000 Euro Provision erhalten haben.

Die Thüringer Generalstaatsanwaltschaft prüft derzeit, ob gegen den für die CDU in den Bundestag gewählten Mark Hauptmann Ermittlungen wegen Bestechlichkeit aufgenommen werden müssen.

Unabhängig von der Coronakrise wird gegen den CDU-Bundestagsabgeordneten Axel Fischer und gegen den ehemaligen CSU-Bundestagsabgeordneten Eduard Lindner wegen des Verdachts der Bestechlichkeit, der Bestechung von Mandatsträgern und wegen Geldwäsche ermittelt.

In Regensburg ist der CSU-Landtagsabgeordnete Franz Rieger wegen Erpressung und Beihilfe zur Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit der Einwerbung und Verschleierung von Wahlkampfspenden aus der Immobilienbranche anlässlich seiner Kandidatur für den Bayerischen Landtag angeklagt.

Erst neulich wurde bekannt, dass die Generalanwaltschaft München gegen den CSU-Landtagsabgeordneten und früheren bayerischen Justizminister Alfred Sauter wegen des Anfangsverdachtes der Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern ermittelt.

Vor diesem Hintergrund fragt die Fraktion DIE LINKE:

  1. Welche Sonderregelungen wurden für die Stadt Köln bzgl. Ausschreibungen und Vergaben im Zusammenhang mit Corona-Krise insgesamt beschlossen?
  2. Werden im Zusammenhang mit der Corona-Krise vorgenommene Vergaben noch einmal nachträglich überprüft, unter anderem in Hinblick auf Einhaltung des Vier-Augen-Prinzips, auf Wucher (§138, Abs.2, BGB, §291 StGB) und auf Korruptionsanfälligkeit?
  3. Wurden der Verwaltung durch Mitglieder der Bezirksvertretungen, des Stadtrates bzw. Abgeordnete des Landtags NRW oder des Bundestages Hinweise auf Unternehmen gegeben, die Produkte wie Masken, Schutzausrüstung usw., die die Kommune coronabedingt benötigte, anbieten und erfolgten Verträge mit diesen Unternehmen?
  4. Wenn ja, wurden Provisionszahlungen auf Hinweisgeber in diesen Verträgen ausdrücklich untersagt? Wenn nein, sind entsprechende Regelungen zukünftig vorgesehen?
  5. Sind beauftragte Unternehmen mittlerweile daraufhin angeschrieben worden, ob sie im Zusammenhang von mit der Kommune geschlossenen Verträgen Provisionszahlungen, Spenden oder Sponsoring geleistet haben?